Die Entwürfe zu Bruckners letzten Werken gehen bis in das Jahr 1887 zurück. Vier Jahre später schreibt der Meister in einem Brief: „Nur eins möcht ich mir noch wünschen: wäre mir doch vergönnt, meine neunte Sinfonie zu vollenden. Drei Sätze sind nahezu fertig, das Adagio ist fast zu Ende komponiert, bleibt nur mehr der vierte Satz übrig. Der Tod wird mir hoffent lich die Feder nicht früher aus der Hand nehmen.“ Noch an seinem Sterbe tag (11. Oktober 1896) saß Bruckner über den Skizzen zum Finale. Die Neunte blieb dreisätzig. Bruckners Geburtshaus Die Widmung „Dem lieben Gott“ müssen wir bei dem gläubigen, naiv frommen Katholiken Bruckner ganz ernst nehmen. Doch wäre es falsch, in dieser „Sinfonie der Verklärung“, wie sie einmal treffend genannt worden ist, nur „musikgewordene Religion“ zu hören. Der musikalische Wunderbau der „Neunten“ — am ehesten noch einem Dom oder der Architektonik eines Michelangelo zu vergleichen — ist zugleich ein erhabenes Abbild der Natur („die Natur in ihrer Existenz gesteigert“, wie es August Halm einmal formu lierte) und darüber hinaus eine Widerspieglung menschlichen Fühlens, Denkens und Kämpfens.