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Zum ßeleit. t. Cherubim, in Florenz geboren, id Italiener, er lebte und komponierte in Paris, wo er über achtzigjährig uerdorben ift; beeinflußt vourde er jedoch fehr voefentlich uon deutfcher Mufih, insbefondere uon Gluck. 6s ift bezeichnend, daß die Franzofen feinen „Anahreon“ als „deutfche Mufih“ ausgepfiffen haben, daß Beethouen ihn uon allen Zeitgenoffen am höchden fchäßtr, daß Brahms (ich mit Cherubim uerglichen hat und große deutfche Dirigenten uiie Bülovu und flikifch befonders für ihn eic.getreten find. Cherubini fchrieb u. a. uiele Opern, darunter den leider nur feiten zu hörenden „Wafferträger“, der uiel üerwandfchaft mit Beethouens Fidelio zeigt, wertuolle Kammermufikiuerhe, uor allem ein bedeutendes Requiem. Don feinem noch öfter gefpielten Ouuertüren find befonders zu nennen „Die Rbenceragen", „Medea“, „Codoisha“, „Der Wasserträger“ und „Rnahreon“. Im Mittelpunkt der Oper Jltiafrectt fteht der altgriechifche Lyriker, der Sänger des Weins und der Liebe. Über Cherubinis Mufih „fduuebt jene unuerkt anbare, echt männliche ßeidigheit, die alles Gefühlsmäßige unter ihren ftrcngen, formbiUnerifchen Willen ziuingt“. 2. »cctbowcii finrieb — uon einem Jugendwerk abgefehen — neun Symphonien, uon denen die dritte, fünfte, fiebente und neunte die J aradeftüche der Konzertfäle geworden find und ins Monumentale gehen. Ift ihre Wirkung auch eine breitere, fo find die übrigen Werke nicht weniger luertuoll, ja befondere Lieblinge der Mufihfreunde. Schon mit der cvftcn $rmpti«ui( hat Beethouen ein Meifteriuerh gefchaffen, zwar fpürt man hier noch den Stil feines Lehrers Haydn, doch entdeckt man fchon an uielen Stelten die ganz perfönliche Rote Beethouens. Man achte besonders auf das „Menuett“, das im ßrunde genommen ja nicht mehr ein Menuett im Stile der bis dahin gefchriebenen Symphonien ift, fondern ein „Scherzo“, wie es Beethouen an Stelle des Menuetts in feinen Symphonien einführte, üor allem fei auf die geniale Einleitung zu dem übermütig dahinfprudelnden Schlußfaß hingewiefen. 3. Caefar <fraitcf ift in Lüttich geboren, lebte als Organiff in Paris und iff — obwohl er zu feinen Lebzeiten wenig uon den Franzofen anerkannt wurde — zum Haupte einer franzöfifchen Sdiule erklärt worden. Die neue Forfchung, insbefondere die Rhnenforfchung hat aber 'y 7r> ^, daß Franck im Grunde gcmmimen „ein deutfcher Mufiker“ ift. Er, der in feinem Leben uiel an unferen Rnton Bruckner erinnert, ftitl und befcheiden, uiel bekämpft und oft darbend als Organift mit wenigen treuen Schülern dahinlebte, hat in diefem Jahr hundert immer mehr an Boden gewonnen. Seine behannteften Werke find das Oratorium „Die Seligpreifungen“, feine „Symphonie", feine Uiolinfonate und die £?mpl?enifd?cit i’arirttioncit für Klauier und Orchefter. Bei den üblichen üariationenwerhen der Mufih- literatur wird in der Regel zu Beginn et« Thema gegeben, daß dann in der uerfchiedenften Weife abgewandelt (uariiert) wird. Das Reue in dem Meifterwerk Franchs befteht darin, daß — wie in der Regel in einer Symphonie, daher der Rame „Symphonifche“ üariationen — 3«»ci Themen gegenübergeftellt, uon Klauier und Orchefter uariiert und höher entwickelt werden. Es ift ein — wie der Biograph Franchs fagt — männliches und weibliches Thema, die übrigens nicht gleich zu Beginn fertig uor uns flehen, fondern in einer Einleitung erd allmählich fidi heraus kriftallifieren. Wer darüber und über Caefar Franck mehr wiffen will, lefe die foeben erfchienene Biographie Wilhelm Mohrs „Caefar Franck, ein deutfcher Mufiker“. 4. »rflßms — dem in Hamburg geborenen Horddeutfchen wurde Wien die Wahlheimat — fchuf uier Symphonien, uon denen die Mtte Symphonie am fettenden gefpielt wird. Und doch deht diefe F-dur Symphonie den Herzen der meiden Brahmsfreude am nächden, einmal, weil die eigentümliche Kompofitionsweife (die fogenannte „durchbrochene Arbeit“) des Meiders hier befonders charakteridifch id, zum anderen weil das Werk als ein Be kenntniswerk uon Brahms erfcheint, feine Perföntichkeit befonders durdifcheinen läßt. Man hat diefe Symphonie die „Eroica“ uon Brahms genannt und damit den Kampfgeid der beiden Eckfäße bezeichnen wollen. Doch id der Unterfchied zu Beethouens Symphonie deutlich: Bei Beethouen nach dem Kampf ein jubelndes Finale, bei Brahms am Schluffe ein Zurüchfinden zu fich felbd: Das Rnfangsthema der Symphonie erklingt hier am Schluffe noch einmal und fchließt die Symphonie in einem ungewohnten Pianiffimo ab, männlich dolz, in fich gefedigt, doch ernd fteht hier der Mann nach dem Kampfe. Ruch die beiden Mittetfäße atmen die wehmutuoll umflorte Stimmung, wie wir fie etwa aus den Rouellen uon Brahms Landsmann und Freund Theodor Storm kennen. Ein eigent liches „Scherzo“ fehlt alfo in diefer Symphonie, die troß allem hraftuoll und lebensbejahend bleibt, althergebrachte fymphonifche Form mit neuem ßeide erfüllt. K. P.