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zu unterstütze», Wen» aber einmal der Krieg der Parteigänger im Süden or- ganistrt sei und auch sich über den Osten ausgedehnt habe, so hofft man auf zahlreiche Verstärkungen von den gambettistische» Elementen der Armee. Ja, man denkt sogar daran, daß es nicht an republikanischen Generalen und höhe ren Officieren fehlen werde, welche sich an die Spitze der Freischaren zu Kelle» bereit wären. ES wurde des Weiteren beschlossen, ein geheimes Comite zu bilden, um die Beziehungen mit den republican'schen Unterofficieren der Armee zu unterhalten. Diese abenteuerlichen Pläne lassen im Grunde nur die Schwäche der republicanifchen Partei durchblicken. Aber man steht, wie die Tendenz, sich spanischen Zuständen zu nähern, schon in den Köpfen mächtig geworden ist. Einige Bemerkungen, welche der Pariser Korrespondent der „Fr. Z." sei nen« Blatte über die kirchliche Gesinnung deS Marschalls Mac Mahon zukom- men läßt, verdienen um so mehr Beachtung, als ihr Autor sich als zuverlässig und meist vorurthe ilS frei erwiesen hat. Derselbe schreibt: AIS-die monar chistischen Verschworene» ihr Auge auf Mac Mahon richteten, gehorcht», sie mehr einer politischen Nothwendigkeit als ihren politischen Neigungen. Wenn das persönliche Renommee des Marschalls als Flagge für die monarchistische Contrebande diente, so ist doch nichtsdestoweniger wahr, daß die Sieger in dem Marschall nicht das willige Werkzeug für ihre Pläne fanden, welches sie zu finden hofften und welches sie in dem greisenhaften Changarnier sicher gefunden haben würden. Alle, welche Mac Mahon persönlich kennen und ihn« in de» verschiedenen Perioden seiner Karriere nahe standen, verehren in ihm kein glän zendes Talent, aber eine gewisse Gesundheit der Anschauung, keinen ideale» Ge dankenschwung, aber eine außerordentliche Rechtschaffenheit. Ec ist nicht gerade verstockt, geht aber seine eigenen Wege und seine Minister werden kein leichte» Spiel haben, ihn von einmal vorgefaßten Meinungen abzubringe». Als er sich verhuralhete, war er Generallieutenant. Die Trauung sollte in St. Thoma» d'Aquin stättstndcn. Mac Mahon erschien in Uniform, mit dem Degen an der Seite. Der Priester lud ihn ein, den Degen abzulegen, bis die Ceremonie vorübcr sei, da cS die Sitte so wolle. Der General weigerte sich, dies zu Ihm, und erklärte, eher werde er die religiöse Ceremonie bei Seite laßen, als daß er der Forderung willfahre. Weder dic Bitten der Anwesenden, noch die Thrän« der Braut rührten ihn. Endlich, als er weggehen wollte, gab der Priester nach und segnete ihn ein, mit dem Degen an der Seite. Das möchte den Schluß erlauben, daß er doch nicht so sehr Pfaffenknecht ist, wie Biele meinen. Stint Frau freilich ist eine außerordentlich eifrige Katholikin und durch sie übte der Klerus Einfluß auf den Marschall. DaS Ministerium hat schon in seinen erste» Unterhandlungen mit Mac Mahon erfahren müssen, daß dessen Hartnäckigkeit keine kleine ist. JedeSmal, wenn eS einen seiner Entschlüsse umzustürzen suchte, litt cS Schiffbruch; eS rannte, wie ein Deputirter der Rechten sagte, gegen eine Mauer. Nach Allem, was man über den neuen Präsidenten erzählt, läßt fich nicht annchmen, daß er einen ungesetzlichen Act gegen die Republik unter- ihrewstelden Kindermund einer Schwester in der Nähe der bezeichnete» Stelle spazieren. Das «ine Hind von etwa drei Jahren trug sie auf dem Ar«, das - andere von etwa fünf Jahren führte die Schwester an der Hand. AIS der TaunuSbahnzug heranbrauste, warf sich die schon seit einigen Wochen geistig gestörte Frau mit ihren Kindern vor die Locomotive und wurde mit ihnen z'r- malmt. Die Frau lebte in ganz günstigen Verhältnissen. Der Schah von Persien machte am Sonnabend Abends mit den Würden trägern seines Reiches den, Kaiser in« Könial. PalaiS einen Gegenbesuch, kehrte darauf in'S Schloß zurück und nahm dasewst den Thee allein ein. Am 1. d. Vormittags empfing der Schah in den Königskammern des hiesigen Schlosses den Besuch einiger Mitglieder der königlichen Familie, begab sich 12 Ahr zum Be such der Königin-Wittwe und des Kronprinzen per Ertrazug nach Potsdam und kehrt« um 3 Uhr von dort wieder nach Berlin zurück. Um 5 Uhr fand im König!. Schlosse beim Schah von Persien ein Diner von ca. 50 Gedecken statt, an welchem der Kaiser, die Prinzen, Fürst Bismarck, Graf Roon rc. theilnah- nun. Abends wohnte der Schah d-r Vorst.llung im Opernhause bei. — Am 2 d. ließ sich der Schah Mittags 12 Uhr im hiesigen Schlosse das gesammte äiplomsticz.io vorstellen, empfing später einige Hofchargen und begab sich um 3 Uhr mit den Würdenträgern seines Reiches nach dem Zoologischen Garten woselbst auch der Kaiser anwesend war. Nach der Rückkehr in'S Schloß empfing der Schah den Fürsten Bismarck, den Grafen Roon und Grafen Moltke und dinirte in seinen Gemächern all.in. Abends besuchte der Schah im streng sten Inkognito einige Seh nswürdigkeiten der Stadt. Am 3. d. Vormittags besichtigte derselbe im Beisein deS Kronprinzen, welcher den persischen Orden ^angelegt hatte, auf dem inneren Hofe des König!. Palais daS hiesigen Cadet- tencorps, begrüßte eine Stunde später die Kaiserin im König!. PalaiS und stat tete darauf auch dem Kronprinzenpaare einen Besuch ab. Nachmittags nahm der Schah das Aquarium und Museum in Augenschein, besuchte einige Kaser nen und nahm um 5 Uhr mit seinem Gefolge an dem Gala -Diner im Weißen Saale des hi sigen Schlosses theil. Abends wohnte der Schah der Vorstellung im Victoria Theater bei und besichtigte nach dem Schluß desselben im Lustga - ten die hiesige Feuerwehr. Die bisher ganz kleine Zahl der Berliner Einwohner, welche ein Einkom men von mehr als 240,000 Thalern besitzen, ist im schnellen Steigen begriffen. Für daS Jahr 1873 sind zur Gemeinde-Einkommensteuer bereits sechs Personen mit einem Einkommen ron 240.000—300.000 Thlr. (Steuersatz bei 66; Pro cent 4800 Thlr.) und zwei Personen mit einein Einkommen von 300,000— 400,000 Thlr. (Steuersatz 6000 Thlr.) eingeschätzt. Diese acht Personen zal- len mithin für das Jahr 1873 zusammen 40,800 Thlr. Gemeinde-Einkommen steuer, d. h. soviel, alö 10,200 Steuerpflichtige der untersten Klasse zu entrich ten haben. Oesterreich. Wien, 4. Juni. Gestern fand im Schloßtheater in Schönbrunn eine Festvorstellung statt, welcher der Kaisr Alexander, der Großfürst-Thronfolger und dessen Gemahlin, der Großfürst Wladimir, die sämmtlichen hier anwesenden Fürstlichen Gäste uns die Mitglieder der Kaiserlichen Familie beiwohnte». Nach der Vorstellung wurde der Schlvßgarten durch elektrisches Licht beleuchtet und ein Feuerwerk ungebrannt. DaS Fest endete nach 11 Uhr — Gestern find die Mitglieder des Ministeriums vom Großfürst-Thronfolger und dessen Gemahlin empfangen worden. Graf Andrassy hatte gestern eine längere Audienz bei dem Kaiser von Rußland. Unter der Ueberschrift der „Der Schutz der persönliche» Freiheit — in Karlsbad" veröffentlicht die in Wien erscheinende Badezeitung „Der Sprudel" daS nachstehende ihr aus Karlsbad unterm 31. v. M zugegangene Telegramm: „Gestern starb der Kaufmann Isak aus Berlin. Die Leiche, in d«e BeobachtungS- kammer deS Leichenhauses gebracht, wurde von dem Leichendiener zurückgewiesen, weil Isak ein Jude war; der Begleiter Isaks, Herr H-mpel, wurde von der städtischen Polizei um 11 Uhr NachtS verhaftet, mußte bis 9 Uhr Morgens im Arrest bleiben, worauf seine Verhaftung als Jrrthum bezeichnet wurde. Der Verhaftete ist vor Schrecken erkrankt, die Entrüstung im Publikum ist eine außer ordentliche; Hoss nti ich wird Statthalter Koller den Fall streng untersuchen lassen." Frankreich. Paris, 30. Mai. Wenn Gambetta und die Linke der National-Ver- sammlung die feste Zuversicht zur Schau tragen, daß die neue Regierung nicht im Stande sein werde, auch wenn sie wolle, die Republik umzustürzen und die Monarchie wieder aufzurichten, so ist die gesammte republikanische Partei doch weit davon, eine solche Hoffnungöseligkeit zu theil«. Viele Republikaner sind in bewegter Stimmung, indem sie des Staatsstreiches vom 2. Dccember 1851 gedenken. Vielleicht berücksichtigen diese Leute zu wrnig die veränderten poli tische» Verhältnisse des Landes; aber Thatsache ist, baß eine anders als Gam betta denkende republikanische Fraktion in Paris eristirt. Zu derselben zählen Männer der That, welche an der Bewegung vom 31. Octobcr 1870 Theil genom men haben, ohne aber fich in die Ereignisse vom 18. März 1871 zu mengen. Sie meinen wie Mazzini: „Vorsicht ist die Mutter der Sicherheit." Sie be fürcht« einen militärischen Staatsstreich der Bonapartisten, die bei der neuen Regierung viel stärker an Zahl und Einfluß sind als in der National-Vcr- saarmlung. Die Führer dieser Partei hielten g-stern eine Versammlung ab, um rin« Frldzugöplan zu besprechen, mit dem einem gegen die Republik loSzelasse- nen Staatsstreiche zu begegnen wäre. Von den Mitgliedern der radikalen Lin ken oder den Redactcuren der Nepublique Francaise war Niemans dabei. Zu erst wurde die Lage von Paris in Betracht gezogen. An einen ernstlichen Wi- deistand der hiesigen Arbei'er glaubte man nicht denken zu können, da die kräf tige Unterdrückung der Commune einen zu großen Schrecken zurückgelaffen hat. Mac Mahon'S Name allein genügt, dieses Element in heilsamer Furcht zu hal ten. Ferner fehlt eö an Waffen in Paris. Co hat man also einen anderen Feldzugsplan ziemlich seltsamer Natur entworfen. In den großen Städten Pa ris, Lyon, Marseille, Bordeaux soll kein bewaffneter Widerstand versucht wcr- .den. Dagegen soll in allen Departements dcö Südens tue ländliche Bevölke- ru»g zum Aufstande gebracht und zum kleinen Kriege entflammt werden. Man will dlesseit der Pyrenäen es gerade so machen, wie drüben die Carlisten. Da mit würde mai« die größeren Städte aufwtegeln und dic Arbetterclaffen ermu- thiae». Die Waffen hofft man über die schweizer und spanische Gränze in die aufständischen Departements zu bringen oder auf dein Seewege von England und Amerika' an Ort und Stelle zu schaffen. Auf diese Art glaubt man dem cntgeg«tttten zu können, daß, wie eS 1851 geschah, mit der Besiegung von Paris das ganze übrige Land dem Sieger anheimfällt. In einigen Departe ment» des Südens dauerte damals der Widerstand am längsten, da die Bauern nehmen werde. Paris, 3. Juni. Der Erzbischof von Paris hat dem Vernehmen nach bei der Regierung die Erlaubniß dazu nachgesuchl, daß religiöse Processionen ix den Straßen wieder staltfinden dürfen. — Pom „Evenement" wird bestätigt, daß über die Frage deS allgemeinen Stimmrechts, welches das Ministerium be schränkt wissen will, zwischen dem Präsidenten Mac Mahon, und dem Ministerium eine McinungSdifferenz bestehe. Nancy, 1. Juni. Die Gemeindebehörde von Nancy kündigt an, daß i» Folge der Frühjahrmanöver deutsche Truppen-Abtheilungen nach Nancy komm« werden, welche nothwcndiger Weise bei den Einwohnern einquartiert werde» müssen, und sie hofft, daß die Bevölkerung daS neue Opfer, welches fich ihre« Patriotismus auferlegt, mit Ruhe ertragen werde. Diese fortwährenden Auffor derungen der französischen Behörden an die Bevölkerung«, ja nichts gegen die deutschen Truppen zu thun, sind mindestens sehr tactloS. Nancy, 3. Juni. Der Präsident Mac Mahon hat gutem Vernehm« nach, den Wunsch ausgesprochen daß die endgiltige Entschließung über die kon stitutionellen Fragen bis zur erfolgt« vollständigen Räumung deS Gebiete» auSgesetzt werde. Spanien. Madrid, 1. Juni. Die constituirende» CorteS wurden vom Präsident« deö MinisterratheS mit einer von Castelar verfaßten Rede eröffnet. Der Präsident beglückwünscht sich zum Zusammentritte der CorteS und zu der Möglichkeit, denselben die Staatsgewalten übergeben zu können. Er cox- statirt, daß in so schwierigen Augenbllcken auch nicht ein Tropf« BluteS ver gossen wurde. Die September-Revolution war eure monarchistische, die Republik war ihre unvermeidliche Folge. Er erklärt, daß man eine Regierung der Ver söhnung wollte; letztere wurde aber durch den Ehrgeiz der Einen und durch de» Widerstand der Anderen vereitelt, Er erinnert an die ungesetzliche Opposition der Permanenz-Commission, welche die Wahl« vertag« und die CorteS geg« alles Recht einberufen wollte. Sie wurde aufgelöst, um eine Milstär-Dictatur zu beschwören und die Republik zu retten. Er erinnert an die getroffenen Maß nahmen zur Sicherung der vollen Freiheit der Wahl«. Er constatirt, daß Europa die Proclamirung der Republik mit Mißtrau« gesehen habe; dieses aber rührte von dem. Zweifel an der Eignung der Spanier für die Republik her. Die Heilige Allianz ist gegenwärtig unwahrscheinlich, desgleichen eine fremde Intervention. Die Spanier werd« sich eine Regierung geben, die ihnen zusagen wird. Die Anerkennung der Republik hängt einzig von einer Politik der Ordnung im Innern ab. Europa ist überzeugt, daß die spanische Republik nichts mit der europäischen Revolution gemein habe. Sie strebt keine Territorial-Vergrößerungen an. Er führt Wetter aus, daß die Unbotmäßigkeit in der Armee unterdrückt wurde und der Beruf des Soldaten in Hinkunft eine Laufbahn eröffne. Die Offictere werden belohnt werden. Er räth Thättakeit an, um den Bürgerkrieg zu beendigen, verspricht eine Reorgantfirung der Justiz und verkündet die Tren nung der Kirche vom Staate. Er bezeichnet dm Stand der Finanzen als eine» traurigen; nichtsdestoweniger habe die Republik Anleihen zu 12 Percent abge schlossen, während dies die Monarchie zu 25 Percent that. Die neuen Refor men werden die Erfüllung der von der Nation einaegangenen Verpflichtungen erleichtern. Er verspricht in feierlicher Weise die Abschaffung der Sklaverei auf Cuba nach dem auf Porto-Rico gegebenen Beispiele. Die Marine hat neue Anregung erhalten. Eine der wichtigsten Bestrebungen wird e- sein, Schulen zu begründen und zu vermehren. Er schließt seine Rede mit einer Darstellung deS Werkes, da» die Corte» u vollenden hab«. ES handelt sich dämm, die Periode der Revolutionen zu . schließe», die Gemüther zu beruhigen, die Bürger zu versöhnen und eine S-sitz- ment- de» Südens dauerte damals der Widerstand am längsten, da die Bauern ichkeit herzustellm, die Alle liebe», weil Alle voo ihr den praktisch« Bewet» zu dm Waffen gegriffen hatten, um den Aufstand gegen die neue Regierung hrer Vortheile haben werden.