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18N nach Turin auch in Triest Die Truppe gab Lustspiele deü echtesten „Pariser Parfum»"; in dem Armoniatheater in Triest wurde u a „Ilo ouprics" gegeben Beschäftigt waren darin Hr Brindaux, seine Frau und eine Madame Garni, beinahe eine Riesin an Gestalt. Es war die« wenige Monate nach der Vermählung de» Erzherzog» Max, und zu der Vorstellung hatten sich auch der Erzherzog mit seiner jungen Gemahlin, und seinem Obersthosmeister, Grafen Bombelle», eingefunden Da» Stück hatte brillanten Erfolg, da» Publikum kam au» der Spannung nicht heraus Ich hatte meinen Platz im Parkett Kaum hatte sich der Vorhang unter rauschendem Beifall gefenkt, al» mich Graf Bombelle» in» Foyer hinau»bitten ließ, wo er mir mit der Frage entgegenkam, ob ich Hrn. Brin- daux kenne, und auf die bejahende Antwort stellte er die Frage, ob ich wohl dem Franzosen einen Wunsch de« Erz herzog» übermitteln wollte? Selbstverständlich erwiderte ich, daß ich mit dem größten Vergnügen hierzu bereit sei, worauf der Graf fortfuhr, daß der Erzherzog und auch seine Ge mahlin von dem unbeschreiblichen Liebreiz der kleinen Dichtung geradezu entzückt seien und sehr froh wären, wenn Hr. Brindaux da» Stück noch einmal, und zwar gleich jetzt, wiederholen wollte! Ich war überrascht und gab zu bedenken, daß ein Schauspieler nicht leicht zu einem solchen Experiment bewogen werden kann; doch der Graf bat, es doch zu versuchen und Hrn Brindaux den Wunsch de« erzherzoglichen Paares bekanntzugeben; so begab ich mich denn m die Garderobe und teilte dem Franzosen mit, um was es sich handelte. Natürlich meinte er nun zuerst, daß ich scherze, dann erklärte er die Sache schon darum für undurchführbar, weil die Damen bereits die Toilette gewechselt und sich für das nächstfolgende Stück umgekleidet haben müßten Und wirklich, als er an die Garderobenthüren der Damen klopfte und fragte, was sie wohl von der Idee dächten, antworteten zwei silberne Stimmen von innen heraus, das sei ja unmöglich — schon wegen der Toiletten ... So trat ich denn mit höf licher Entschuldigung den Rückzug an, aber da eilte mir Brindaux nach, nachdem er noch einmal mit den Damen Rücksprache gehalten hatte und fragte: „Ist es ein Wunsch oder ein Befehl des Erzherzogs?" Ich konnte die Ant wort nicht aus Eigenem erteilen und eilte zum Grasen Bombelle» zurück; dieser sagte: „Nun, da giebts ja selbst verständlich nur einen Wunsch und keinen Befehl, und wenn es Schwierigkeiten macht, dann besteht der Erzherzog durchaus nicht auf seinem ersten Wort" Dies richtete ich Hrn. Brindaux aus und inzwischen begann das ungeduldig gewordene Publikum in Erwartung des zweiten Stückes bereits zu rufen und mit den Füßen zu klopfen, und Brindaux stand noch immer unschlüssig da .. Da endlich sagte er: „Ob Befehl, ob Wunsch — ich muß mich für die Güte des Erzherzogs doch dankbar erweisen." Und wenige Minuten später trat er vor den Vorhang hinaus und teilte dem überraschten Publikum mit, daß auf Wunsch des erzherzoglichen Paares die reizende Dichtung sofort noch einmal wiederholt werden würde. Durch den ganz singulären Vorgang aufs höchste überrascht und er freut, spendete das Auditorium auch zum zweiten Male stürmischen Beifall." — Über die vorgestrige Theaterausführ ung wird gemeldet: Die Galavorstellung in der Oper verlief wie alle offiziellen Theatervorstellungen dieser Art. Den künstlerischen Leistungen wurde keine Aufmerksamkeit geschenkt Das Interesse, der Beifall, der Jubel konzen trierten sich auf die Gäste. Der schöne Opcrnsaal war lange, ehe der Zar erschien, gefüllt, in den Logen sah man die Minister und die Botschafter Der österreichische Botschafter Graf Wolkenstein teilte mit dem deutschen Botschafter Grafen Münster eine Loge. Von der französi schen Aristokratie waren nur anwesend: Duc Rohan, Duc Dondeauville, die Duchesse d'Uzes, dann Baron und Baronin Alphonse Rothschild, Baron Gustav Rothschild, Madame Mau rice Ephrussi, zwei frühere Präsidentinnen der Republik, nämlich die Marschallin Mac Mahon und Madame Earnot, dann Hr und Frau Easimir Perier Im Parkett war die Kunst- und Schriftstellerwelt stark vertreten: Zola, Covpöe, Lemaitre, Meilhac, Maler Bonnat rc. Von früheren Ministerpräsidenten waren erschienen: Bourgeois, Ribot und Freycinet. Um '^11 Uhr traten der Kaiser und die Kaiserin mit Hrn. Felix Faure und Madame Faure in die Festloge. Stürmische Rufe: „Vivo Io O.ar! Vivo la Kusmo!", aber auch „Vivo I'ompoiour!" durchbrauchsten den Saal Hinter Madame Faure, welche neben dem Zaren saß, hatte Frl. Faure Platz genommen Nach dem ersten Teil des Programms begab sich der Kaiser auf den Balkon und wurde von der auf dem Opernplatze befindlichen Menschenmenge stürmisch begrüßt Der Zar blieb nur kurze Zeit auf dem Balkon Das Bild, welches die beleuchteten, von einer nach Hunderttausenden zählenden Menschenmenge durchfluteten Straßen boten, war in diesem Augenblicke bezaubernd. Während des Ballets „Corrigane", unmittelbar nachdem Rosita Mauri getanzt hatte, gab der Zar das Zeichen zum Verlassen des Theaters. Er war von den Mühen des Tages angegriffen Der Zar trug in der Oper die rote Lberstenuniform der Kosaken und eine weiße Pelzmütze. Die Kaiserin hatte eine himmelblaue Robe mit Silberstickerei an; ein Diamanten - Diadem schmückte ihr Haupt, fünf oder sechs Reihen Diamanten bedeckten den Hals. Madame Felix Faure hatte eine hellblaue Toilette; Frln. Faure trug eine schwarze Moirötoilette. Madame Carnot, welche mit ihrer Familie anwesend war, trug ein hohe« schwarzes Kleid mit weißen Spitzen geputzt und in den Haaren jenes Diamanten - Diadem, welches während der franco- russischen Feste im Jahre 1893 viel bemerkt worden war. Unter den Klängen der russischen Hymne und unter stür mischen Hochrufen des Publikums verließen der Kaiser und die Kaiserin das Opernhaus Der Kaiser sagte zu dem Direktor Gailhard: „Noch niemals habe ich unsere Nationalhymne mit solchen Accenten singen gehört!" Al« der Zar mit der Zarin auf der Straße angelangt war, hatte der Zusammenfluß von Menschen einen geradezu lebensgefährlichen Charakter angenommen. Ein hundert tausendstimmiger Ruf: „Vivo la Kusms! „Vivo I« Orar!" begrüßte das Kaiserpaar. Noch die ganze Nacht hindurch wogten Menschenmafsen in den herrlich erleuchteten Straßen von Paris; es war ein Nachtbild von prächtiger Schönheit. * Der General Trochu ist gestern in Tours ge storben Gerade in den Jubel der Ruffenseste hinein kommt die Nachricht vom Tode eines derjenigen Fran zosen, die während der welthistorischen Ereignisse von 1870 und 1871 am meisten von sich reden machten General Trochu war am 12. März 1815 in PalaiS, Departement Morbihan, in der Bretagne geboren Er besuchte die Militärschule von Eaint-Cyr, wurde 1840 Lieutenant, kämpfte unter Marschall Bugeaud in Algier, ging 1854 al» Adjutant des Marschalls Saini-Arnaud nach der Krim, wo er den Krieg, zuletzt al« Brigadegeneral, mit Aus zeichnung bis zu Ende mitmachte. Beim Ausbruch de« italienischen Kriege« wurde er zum Division«gcneral er nannt und machte den Feldzug mit; nach dem Kriege kam er in« Kriegsministerium und erhielt vom Kaiser den besonderen Auftrag, Studien über die Reorganisation der Armee zu machen. Das Ergebnis seiner Studien war eine 1867 veröffentlichte Schrift mit dem Titel „l ^rmvv Lransaisv en 1867", in der er radikale Reformen, vor allem aber die Einführung de» preußischen System» der allgemeinen Wehrpflicht befürwortete; di« Ereignisse von 1866 hatten ihm diese Empfehlung besonder» nahegelegt. Der Freimut indessen, mit dem er in dieser Schrift alle Schäden de» französischen Heerwesen» aufdeckte, und vor allem die orleanistische Gesinnung, die man darin witterte, zogen dem Verfasser die Ungnade des Hose» zu; er mußte da» KriegSministerium, wo er bereit» für den Nachfolger Niel« gegolten hatte, verlaffen und wurde sogar zur Di«positwn gestellt. Bei der wachsen den Mißstimmung gegen da» Kaiserreich war die« ein Grund mehr, den General Trochu populär zu machen Al« der Krieg von 1870 auSbrach, wurde Trochu nicht wieder angestellt; erst al» die ersten Niederlagen kamen und alle Kräfte zusammengerafft werden mußten, erinnerte man sich seiner Er wurde zuerst al« Befehls haber einer französischen Armee, die an der deutschen Küste landen sollte, ausersehen; al» aber dieser Plan aufgegeben werden mußte, wurde Trochu dem Lager von Chülon» zu- geteilt, und von dort ernannte ihn der Kaiser zum Gouverneur von Paris und zum Oberbefehlshaber aller zur Verteidigung der Hauptstadt bestimmten Streitkräfte. Das sinkende Kaiserreich gedachte die Popularität TrochuS für sich auszunützen, aber es war zu spät. Das Ministerium Ollivier war gestürzt, da» Ministerium Palikao war rat los, in Paris war die Regentschaft, im Lager der Kaiser, und man stritt, ob letzterer nach Paris zurückkehren solle oder nicht Trochu kündigte seine Ernennung zum Gouverneur von Paris in einer pomphaften Proklamation an, in der er aber die Kaiserliche Regierung mit keinem Worte er wähnte, da die Kaiserin die Ankündigung, daß Napoleon nach Paris zurückkehren werde, gestrichen hatte Die Schlacht von Sedan machte dem kopflosen Regimente und dem Kaisertum ein Ende, und am 4. September wurde die Republik proklamiert, die vorläufig die Form einer Regierung der Nationalverteidigung an nahm. Die bisherigen Deputierten der Opposition, Gambetta, Favre, Rochefort rc., bildeten die Regierung, und sie ernannten Trochu zum Präsidenten Schon als Gouverneur hatte Trochu eine rührige Thätigkeit entfaltet, zu der allerdings auch die Austreibung der 80 000 Deutschen aus Pari» gehörte. Der Kaiserin hatte er als „Bretone, Katholik und Soldat" den Eid der Treue geleistet, was ihn aber nicht hinderte, einige Tage darauf die Präsidentschaft der Republik anzunehmen. Er knüpfte nur die Bedingung daran, daß er Gouverneur von Pari« bleibe, was ihm gewährt wurde. Er löste sofort den ge setzgebenden Körper auf, schaffte den Senat ab und organisierte die Landesverteidigung, sowie die Verteidigung von Paris. Er sammelte 120 000 Mann reguläre Trup pen, 80 000 Mobile und 330 000 Nationalgarden, mit denen er am 19. September den Kampf gegen die Deut schen eröffnete, aber ohne Erfolg. In der aufgeregten, mißgestimmten Bevölkerung der belagerten Hauptstadt kam eS darüber am 31. Oktober zu einer Insurrektion; die Mitglieder der Regierung samt Trochu wurden eingesperrt, aber durch die Nationalgarde wieder befreit Sie ließen sich dann durch ein Plebiszit, da« am 3. November statt fand, ihre Vollmachten bestätigen .. . Bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 8. Februar wurde Trochu m sieben Departements gewählt; er nahm das Mandat für feine Heimat Morbihan an und setzte sich zu den Orleanisten ins rechte Zentrum Mit Thiers, dem neuen Präsidenten der Republik, vertrug er sich nicht; er war mit ihm im Streit besonders über die Militärreformen. Am 1. Juli 1872 legte Trochu sein Mandat nieder und das Jahr darauf schied er auch aus der Armee. Seither lebte Trochu streng zurückgezogen; er war ein tüch tiger Soldat unter kleinen Verhältnissen; in schwierigen Umständen versagte ihm seine Intelligenz oder sein Wille. * Der soeben erschienene Kalender des Deutschen Tier- schutzvereins zu Berlin für das Jahr 1897 enthält u a. folgende Geschichte eines Pferdeveteranen: Bei der Remonteverteilung im Jahre 1866 wurde der 2. Eskadron des 2. Brandenburgischen Ulanenregiments Nr. 1 l eine Fuchsstute mit 3 weißen Füßen, 4 Jahre alt, aus Wirsitz stammend, zugeteilt. Die Stute erhielt den Namen „Krone" und blieb bis zum 5. Oktober 1889 in dem Etat der Eskadron; sie wurde also erst in einem Alter von 27 Jahren ausrangiert, hatte mithin dem Staate ununterbrochen 23 Jahre treu gedient und dabei die Strapazen eines Winterfeldzuges ohne Nachteil erduldet. Sie wurde niemals verwundet, obgleich sie häufig im Feuer war, auch die Attacke der Eskadron am 2. Dezember 1870 bei Loigny mitmachte. Bei dieser Attacke, bei welcher eine französische Batterie im Feuer genommen wurde, hatte sie ihren Reiter furchtlos an die feuernden Geschütze herangetragen und hierdurch thätigen Anteil an dieser glorreichen That genommen. Trotzdem wäre auch sie, als sie am 5. Oktober 1889 wegen hohen Alters auSrangiert wurde, dem allgemeinen Schicksal der alten Militärpferde nicht entgangen, wenn der damalige Eskadron- chef, Frhr. v. Manteuffel, sie nicht auf der Auktion für sich gekauft und der Eskadron geschenkt hätte. Dem Militär also nicht mehr offiziell angehörig, hat sie ihrer alten Schwadron bis zum 18. Januar 1895, ihrem 33. Lebensjahre, treue Dienste geleistet. Sie bildete im Winter noch regelmäßig ihren Rekruten aus und wurde im Sommer zu leichteren Diensten verwendet. Der Fall, daß ein Pferd in einer und derselben Schwadron fast 29 Jahre lang fast täglich geritten worden ist, dürfte in den Annalen der Armee einzig dastehen. Äußerlich hatte die Stute keinen Makel. Die Beine standen gerade wie die Säulen und die Sehnen waren klar und hart wie Glas. Dagegen war sie für Belehrungen oder gar neue Dressurmethoden des Reiters nicht mehr zugänglich That ihr der Reiter nichts, so ging sie wie eine Puppe, wollte sie aber jemand anfassen oder quälen, so bockte sie ihn mit wenigen Sprüngen in den Sand. Am 17. Januar 1895 fiel sie in ihrer Boxe um und am 18. Januar verendete sie infolge eines Ge wächses in der Brusthöhle, welches durch seinen Druck auf die Lunge den Tod herbeiführte; ihr Bild hängt im Kasino zu Saarburg. * Verlustliste der englischen Eisenbahnen Aus London schreibt man: Nach einem eben erschienenen Be richt des Handelsamtes sind auf den Eisenbahnen des Vereinigten Königreichs im letzten Jahre 1024 Personen umS Leben gekommen. Davon waren nur 83 Passagiere und nur 5 von diesen 83 kamen durch ZugSunfälle umS Leben. Die Zahl der getöteten Bahnbeamten war 442, und der Rest, 449, fällt unter die Rubrik „andere Per sonen", die Selbstmörder und Personen einschließt, die bei Bahnübergängen überfahren wurden Verletzt wurden 4021 Personen, nämlich 1109 Paffagiere, 2654 Bahn beamte und 258 „andere Personen". Außerdem sind in den Bahnhöfen, aber nicht durch Züge, 66 Personen um- gekommen und 5297 verletzt worden Diese an sich ge waltige Verlustliste verliert viel von ihrem Schrecken, wenn man bedenkt, daß im letzten Jahre, abgesehen von Abonnenten, nicht weniger als 929 770 909 Personen die britischen Bahnen benutzten. Es kam danach im letzten Jahre ein Todesfall erst auf 11 202 059 Paffagiere (1894 auf 7 789 854) und eine Verletzung auf 838 387 (1894 auf 780 319) Paffagiere * Über eine ebenso schwierige, wie erfolg reiche Taucherarbeit wird au« Sidney berichtet. Bor etwa einem Jahre geriet der von China nach Sidney be stimmt« englische Dampfer „Chartert»»" an der Küst« von Neusüdwale« auf die Seehundsklippen und sank mit seiner Fracht 30 Faden tief, wobei eine Menge Menschen um« Leben kam Außer seiner Ladung hatte der Dampfer auch 10 000 Pfd Sterl Kontanten an Bord, von denen 8000 Pfd Sterl nach Überwindung außerordentlicher Schwierigkeiten und Gefahren von den Tauchern haben ge borgen werden können. Die Bergung«arbeiten begannen bereit« im Mai d. I«., doch waren die unermüdlichen An strengungen der Taucher erst Ende August von Erfolg ge krönt. Anfänglich erfuhren die Taucher nichts als Ent täuschungen. Zunächst mußten geeignete Taucherapparate, mit denen die Taucher in so großer Tiefe arbeiten konnten, von England besorgt werden; nach Ankunft dieser Apparate stellte sich heraus, daß die Taucher sich nicht unter Wasser halten konnten, wenn sie sich nicht an einer auf dem Deck des Schiffes befestigten Leine festbanden, die mehrfach riß. Dann mußte der Bergungsdampfer schutzsuchend nach einem Nothafen flüchten, worauf da« Auffuchen des Wrack« aus« neue begann; insgesamt hatte man tausend Würfe mit dem Lot machen müssen, ehe eS gelang, die Lage de« Dampfer« festzustellen. Am ärger ¬ lichsten war aber, daß, nachdem man den Tank gesprengt hatte, sodaß man die Kisten mit dem Golde im Innern sehen konnte, stürmische« Wetter eintrat, worauf Wochen vergingen, ehe man einen weiteren erfolgreichen Taucherversuch unternehmen konnte Die Taucherarbeit ivurde von zwei Männern, Briggs und May, auSgesührt, welche dafür zusammen 1500 Psd. Sterl erhielten — eine Summe, die keineswegs zu hoch ist in Anbetracht der schwierigen und gefahrvollen Arbeiten in 27 Faden tiefem Wasser. Bei den Seehundsklippen läuft die Strömung an der Oberfläche mit einer Schnelligkeit von 1'» bis 3 Knoten in der Stunde, während sie aus dem Deck des gesunkenen Dampfers noch erheblich rascher ist, sodaß die beiden Taucher mehrere Male nur wie durch ein Wunder aus den Gefahren der Strömung gerettet wurden. May wurde einmal über die Schiffsseite bis auf den Grund des 30 Faden tiefen Meeres geworfen; glücklicherweise bemerkte man sofort sein Zerren an der Notleine, sodaß man ihn rasch an die Oberfläche ziehen konnte; obwohl er nur wenige Minuten unten gewesen war, hatte ihn der Druck des Wassers dermaßen erschöpft, daß er zwanzig Stunden ununterbrochen schlief. Etwa um die Mitte des Monats August verringerte sich die Strömung infolge der stetigen Winde, sodaß die Taucher etwas weniger Schwierig keiten bei ihren Arbeiten hatten Sie hatten schon vorher den Tank, in welchem das Gold sich befand, sowie das demolierte Deckshaus mit Dynamit gesprengt, doch war die Öffnung im Tank leider kaum so groß geworden, daß ein Mann hindurchkommen konnte; es mußten daher, nachdem man die Trümmer des Tanks entfernt hatte, lange Greifzangen besorgt werden, mit denen die Goldkisten herausgeholt wur den. Von der Schwierigkeit dieser Arbeit kann man sich einen Begriff machen, wenn man die starke Strömung berücksichtigt und die Thatsachc, daß die Leute jedesmal nur 11 Minuten unten bleiben konnten und daß die größte Zahl von Tauchungen, welche an einem Tage ge macht worden sind, nur fünf betrug, weil der ungeheuere Druck von 74 Pfund auf den Ouadratzoll, unter welchem die Taucher arbeiten mußten, einen häufigeren Abstieg in den Fluß nicht zuließ. Dabei mußten sie sich auch stets mit einer Hand an den in den Ringbolzen an Deck an gebrachten Leinen festhalten, um nicht fortgeriffen zu werden Die Kontanten waren in 10 Kisten verpackt, von denen eine 5000 Pfd. Sterl und die anderen kleinere Beträge von 1000 Pfd. Sterl, abwärts enthielten. Wenn die Taucher die Lage einer Kiste festgestellt hatten, bohrten sie letztere mit einem an einem 10 Fuß langen Stiele befestigten Bohrer an und holten sie in ihren Bereich, legten sie dann in ein Netz und ließen sie an die Ober fläche befördern. Die erste wiedererlangte Kiste war die jenige mit den 5000 Pfd. Sterl., die am 17. August ans Tageslicht gebracht wurde; dann trat stürmisches Wetter ein, sodaß die Arbeiten zwei Tage unterbrochen werden mußten Am 20. August wurden 3000 Psd. Sterl, an die Oberfläche befördert, worauf beschlossen wurde, die übrigen 2000 Pfd. Sterl, im Stiche zu lassen, weil das Schiff aufzubrechen drohte und es große Mühe kostete, die Lage der Kisten zu erkennen, da das im Schatzraum zum Verpacken benutzte Papier zu einer brei igen Masse geworden war, welche bei der geringsten Be wegung das Wasser trübte. Der Bergungsdampfer kehrte daher am 21. August nach dem Hafen von Sidney zurück. Wie es heißt, ist dies die tiefste Tauchcrarbeit gewesen, die man bisher erfolgreich vorgenommen hat; das Gold, welches man seiner Zeit aus dem bei den Kanarischen Inseln gesunkenen Dampfer „Alphonso II." geborgen hat, ist aus einer Tiefe von nur 26 Faden heraufgeholt worden. * Der Sachsenwald des Fürsten Bismarck wurde im letzten Winter und Frühjahr recht bedeutend von einer Bande Wilddiebe heimaesucht, welche in Hamburg bei Wildhändlern bereitwillig Abnahme ihrer Beute fanden. Während eine größere Zahl dieser Diebe bereits seit längerer Zeit im Gefängnis sitzt, ist eS erst jetzt gelungen, den Anführer, einen Gärtner Schultz, im Grunewald bei Berlin zu verhaften und nach Hamburg zu bringen. Auch mehrere Wildhändler sind unter Anklage gestellt. * Durch kirchlich ernste Feier begeht die Bergstadt St. Andreasberg im Oberharz heute den hundert jährigen ErinnerungStag an den gewaltigen Brand, ver die Bergstadt am 8. Oktober 1796 zum größten Teil vernichtete. Durch einen Blitz wurde am Markt ein HauS in Brand gesetzt und von hier aus überzogen die Flammen die ganze Mittel- und Nordstadt In kaum 12 Stunden waren 249 Wohnhäuser sowie Kirche, Rathaus, Schulen, AmtSgebäude ein Schutthaufen. Nur 178 Häuser blieben erhalten. * DaS in die Luft geflogene Pulvermagazin inBulu- wayo enthielt 735 Kisten Dynamit und 88 Kisten Sprenggelatine. Wahrscheinlich ist die Explosion durch die Unvorsichtigkeit eines Soldaten entstanden, der sich in der Nähe im Schießen übte. Eine seiner Kugeln ist wahr scheinlich in den kleinen Schuppen gedrungen, wo die Detonatoren aufbewahrt werden Zuerst platzten diese. Darauf brachte die Erschütterung auch das eigentliche Sprengstoffmagazin zur Explosion. Dieses war massiv aus Steinen aufgeführt. Diele von den Umgckommenen waren bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt Die Explosion hat in der Nähe de» Magazin« ein 60 Fuß breite« und 15 Fuß tiefes Loch in die Erde geriffen. * Aus Lima wird zu dem schon gemeldeten Brande noch weiter unter dem 7. d. Mts. berichtet: Der Brand in Guayaquil dauert fort. Unter den durch da» Feuer zerstörten Gebäuden befinden sich vier Banken, alle Konsulate, alle Hotel« bi« auf eine«, zwei Kirchen, alle größeren Geschäftshäuser sowie die Kasernen und das Arsenal * In Bombay sind seit dem 2. Oktober 97 Erkrank ungen an der Beulenpest und 76 Todesfälle vor- ge'ommen. / Statistik und Volkswirtschaft. SSchfifchr Hol;-Verus« ßNlofie«schast. Unfallstatistik. Im III Bierteljahre 189» kamen LSI Unfälle zur Ritzet« Die Veranlagung dazu war folgende. 1) Dampfkessel, Dampfleitungen, Dampskocher (AuSströmen von Dampf, Explosion rcl) 1 2) Motoren Dampfmaschinen, Turbinen, Wasserräder re) 3) Transmissionen aller Art (Wellen, Zahnräder, Riemen, Seile rc.) L 4) Fahrstühle, Aufzüge, Krane, Hebezeuge ,c 1 5) Gatter- und Fourniersäge» 4 6) Band- und Decoupiersägen 7 7) Kreissägen bS 8) Hobel-, Abricht- und Kehlmaschinen 26 9) Fraisen, Bohr- und Stemmmaschine« 14 10) Maschinen und maschinelle Borkehrungen, welche nicht unter 1—9 fallen 10 1t) Fahrzeuge, Beförderung von Lasten, Auf- und Abladen SS 12) Fall in Bauten, von Leitern oder Treppen, Galerien, Brücken, Stegen, in Vertiefungen 11 13) Holzfällen oder Herabfallen von anderen Gegenständen, Bruch, Einsturz 14 14) Verschiedene Gegenstände und Vorgänge . . ... 47 Summa: 281 Unfälle. Todesfälle kamen 4 vor; in 20 Fällen wild die Er werbsfähigkeit der Verletzten voraussichtlich länger al- 13 Wochen dauern. Bon den 4 Todesfällen ereignete sich der erste beim Aus laden von Kantholz, wobei der Berunglückte durch wieder herabsallende Kanthölzer einen Schädel- und HalSwirbelbruch erlitt, der zweite eifolgtc beim Transport von Rundholz, wobei der Verletzte zu Falle kam und von einem Stamm derart an den Kops getroffen wurde, daß der Tod sofort eintrat, der dritte wurde durch Blitzschlag hervorgerusen, während beim vierten der Verunglückte von einem Kahne auS in die Elbe fiel und durch Eitrinken den Tod fand. Bon den 20 Unfällen mit voraussichtlich länger als dreizehn- wöchiger Erwerbsunfähigkeit der Verletzten entfallen 8 auf Säge werke, 4 aus Möbelfabriken, 2 auf Holzwarenfabriken, 2 auf Drechslereien und je 1 aus eine Sarg-, Kisten- und Bürsten- sabrik sowie Stuhlbauerei. * Gestern gelangten die neuen Aktien der Bereinigten Fabriken englischer Sicherheitszünder, Draht- und Kabelwerke in Meißen an hiesiger Börse erstmalig zur offi ziellen Notierung. D>e neuen Aktien sind zur Hälfte der auf die allen Aktien entfallenden Dividende berechtigt, die Stück zinsen werden vom 1 Juli in Anrechnung gebracht, wogegen die Zinsen für alte Aktien vom 1. Januar d J-. lausen. Die Notiz für die jungen Aktien wurde 168 Geld, für die alten 176 Geld. * Zu der auf den 17. d. Mts. einberusenen Generalversamm lung der Chemnitzer Werkzcugma sch ine nsabrikvorm Joh Zimmermann in Chemnitz sind noch folgende Anträge von Hrn. Carl Junghanß in Leipzig gestellt und seitens des Aufsichts rates auf die Tagesordnung gesetzt worden: 1) Neuwahl von 4 Aufsichtsraismitgliedern zwecks Erhöhung des Auffichtsrates auf die statutengemäße Anzahl von 8 Mitgliedern. 2) Antrag aus Einsetzung einer Kommission von 1t) Mitgliedern welche zwecks einer besseren Verwendung der Effekten und Barbestände in Höhe von etwa 25 «g des Grundkapitals über Herabsetzung desselben vorzuberaten und hierüber einer binnen drei Monaten durch den Vorstand zu beruseuden Generalversammlung gemäß Artikel 248 des Handelsgesetzbuches zu sassende Beschlüsse zur Annahme vorzulcgen hat. Dividcndenaussichtcn sür die Zukunft besser gestalten ' Wie aus zuverlässiger Quelle verlautet, gcuatten die Er trägnisse der Gardinensabrik Plauen neben sehr reichlichen Abschreibungen wiederum diesVertcilung einer Dividende von 179h. * Die Verwaltung der Meißner Eisengießerei und Maschinensabrik (Jacobi) berichtet über das Geschäftsjahr 1895/96 u. a. solgendes: Der gesamte Umsatz bezifferte sich auf 995155 M.. wovon aus Maschinenbau und Gießerei 617 098,45 M. und aus Brückenbau 378 601,55 M entsallen; die Gießerei produzierte 1472459 Lx verschiedenen Guß. Die erste Hälfte des Berichtsjahres war, besonders was die Preise der Fabrikate anbelangt, durchaus ungünstig; erst in der zweiten Hälfte zeigte sich eine Besserung, welche bisher ständig angeha.ten hat. Ein schließlich eines durch Aktienzusammen eguvg erzielten Buch- gewinneS in Höhe von 6 t 656 M. beträgt der Gefamtbrutto- gewinn 134363,61 M. Die Verwaltung schlägt im Einver ständnis mit dem Aussichtsrate vor, hiervon den Betrag von 102727,65 M in der aus dec Gewinn- und Verlustrechnung e>sichtlichen Weise zu Abschreibungen zu verwenden, 158I.80M. dem Reservesonds zuzusühren, 5898,16 M. sür statutarische Tantiömen und Gratifikationen abzusctzen, und 24156 M als 3 Dividende zur Verteilung zu bringen. Über den gegen wärtigen Geschäftsgang bemerkt die Verwaltung, daß die Fabrik im Maschinenbau und in der Gießerei mit Aufträgen zu an gemessenen Preisen gut versehen ist und der Anspannung aller Kräfte zur Ausführung der vorliegenden Arbeiten bedarf; auch die Aussichten aus weitere Bestellungen erscheinen günstig * Wie bereits angekündigt, beabsichtigt die Verwaltung der Dortmunder Union nunmehr mit der Reduktion des alten Aktienkapitals Dit. und U vorzugehen. Die Gründe für die KapitalSredultion hat die Verwaltung bereits in dem Berichte kurz behandelt, mit welchem sie im Januar d. IS die Ausgabe von I3<^ Mill. M. Vorzugsaktien Dit. 0 begründete. Diese Vorzugsakuen Dit. 0, welche gegenüber den alten Aktien 5 unbedingtes Vorzugsrecht tihaltrn haben, jedcch ohne An spruch auf Nachzahlung, wurden bekanntlich im Januar d. I. ausgigeben, teil- zur Resundierung der stark angewachfenen schwebenden Schuld der Gesellschaft, welche Ende Juni 1895 sich aus 8,80 Mill. M. belieft teils zur Verstärkung der Betriebs mittel mit Rücksicht daraus, daß die Gesellschaft weitere BetriebS- verbeffe,ungen projektiert und größere Mittel nötig hatte, um sich die Vorteile, welche der Anschluß der Dortmunder Werke an den Tortmund-Ems-Kanal erwarten läßt, nutzbar zu machen. Damals war auch bereit- davon die Rede gewesen, mit der Emission der Vorzugsaktien zugleich eine ReduDion de- jetzigen Aktienkapitals Dit. und L, welche- sich auf 39,26 Mill M beläuft, zu verbinden; zu jener Zeit fehlte cs jedoch der Verwaltung noch an den genügenden An haltspunkten für daS Zuzahlung» - bczw Umtaujchvcrhältnis. Die Verwaltung stellte in Aussicht, eine weitere Beschlußfassung hierüber herbeizusühren, sobald die künftigen Betriebsverhältnisse und die »eitere Entwickelung der Eisenindustrie und der Werke selbst hierfür einige Hinweise geben werden. Aus welchen An halt da- nunmehr angekündigte Maß der Reduktion und Um wandlung sich stützt, entzieht sich vorläufig der Bcur eilung. ES unterliegt keinem Zweifel, daß die Gesellschaft starke Ab schreibungen aus ihre Anlagewette vornehmen muß. Das An lagekapital der Union beträgt gegenwärtig 56,94 Mill M., wovon aus den Kohlenbergbau 10,46 Mill. M, aus den Eisen- steinbergbau 10,84 Mill. M., aus die Dortmunder Eisen- und Stahlwerke 22,13 Mill. M, auf die Horster Eisen- und Stahl werke 5,62 Mill M und auf die Henrich-Hütte 7,87 Mill. M. entfallen Diese Werte sind großenteils wesentlich zu hoch, und namentlich sind auf die Bergbaukontcn, sowie aus die Horster Werke und die Heinrich-Hütte krästige Abschre bungen nötig. Tie projektierte Kapital-reduktion um die Hälfte würde offenbar hinreichende Mittel bieten, um die Buchwerte derart zu redu zieren, daß sie dem wirklichen Wert annähernd entsprechen. Früher war auch schon von einer noch stärkeren Kapitalsherab- fetzung die Rede gewesen, während aus den Kreisen der Aktio näre mehrfach befürwortet wurde, die Kapital-Herabsetzung so schonend wie irgend möglich vorzunehmen Einigermaßen über raschen muß die Absicht der Verwaltung, sich schon letzt wieder neue Mittel dadurch zu schaffen, daß den alten Aktionären der Um tausch ihrer reduzierten Aktien in Vorzugsaktien Dit 0 gegen eine bare Zahlung von 20 angeboten werden soll. Dadurch würde die Verwaltung, nachdem sie erst im Januar d I. 13^ Millionen Mar» neue Mittel erhalten hat, einen weiteren Zu fluß von etwa 4 Mill M. erhalten Der Kurs der alten Aktien ist aus da» Bekanntw rden de« Reduktion-planes um mehrere Prozent zurückgegangen; da« erscheint begreiflich, da nach dem Reduktion-plan zwei alte Aktien zugleich 20 9s, in bar gleichwertig sein sollen mit einer Vorzugsaktie lit. 0., d e gegenwärtig 102 notiert. Dazu ist zu bemerken, daß sich der Berliner Aktienkurs zuzüglich 6 flh Stückzinsen vom 1. Juli