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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 1.1957
- Erscheinungsdatum
- 1957
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-195700006
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19570000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19570000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Heft Nr. 1 fehlt. Teilweise vorlagebedingter Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 1.1957
-
- Ausgabe Nr. 2, 16. April 1
- Ausgabe Nr. 3, 1. Mai 1
- Ausgabe Nr. 4, 15. Mai 1
- Ausgabe Nr. 5, 29. Mai 1
- Ausgabe Nr. 6, 12. Juni 1
- Ausgabe Nr. 7, 26. Juni 1
- Ausgabe Nr. 8, 9. Juli 1
- Ausgabe Nr. 9, 23. Juli 1
- Ausgabe Nr. 10, 6. August 1
- Ausgabe Nr. 11, 21. August 1
- Ausgabe Nr. 12/13, 17. September 1
- Ausgabe Nr. 14, 1. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 15, 15. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 16, 29. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 17, 12. November 1
- Ausgabe Nr. 18, 26. November 1
- Ausgabe Nr. 19, 10. Dezember 1
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Band
Band 1.1957
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- Universitätszeitung
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Der Sprung ins Atomzeitalter Probleme der technischen Revolution I Aus einem Vortrag des Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrats Fritz Selbmann Die Welt steht an der Schwelle einer neuen Epoche der technischen Entwick lung, und man kann heute sagen, daß diese neue Epoche, die Zukunft nicht erst in einiger Zeit beginnen wird, son dern daß sie schon begonnen hat, daß das neue technische Zeitalter schon an die Tür unserer Zeit pocht, die Gemüter bewegt, die Menschen in Unruhe ver setzt, Und wie gesagt, das ist nicht nur bei uns so, sondern in der ganzen Welt. Der Unterschied dieses Problems für die Länder des Sozialismus und die Länder des kapitalistischen Lagers be steht jedoch darin, daß das sozialistische System imstande ist, diesen revolutio nären Prozeß bewußt zu steuern, zu lenken und zu planen, während sich dieser Vorgang einer Umwälzung der Technik und der Produktionsbedingun gen in den kapitalistischen Ländern anarchisch und sporadisch vollzieht, stel lenweise gehemmt und gehindert wird, sich gegen Widerstände und Wider sprüche, teilweise auch gegen Krisen durchsetzen muß .., Stand kann Elektroenergie aus Kern kraft nur auf dem Wege der Kernspal tung gewonnen werden, d. h. also der Spaltung von schweren Atomen wie der des Urans 238. ‘ Die weitere Entwicklung der Errich tung von Atomkraftwerken in der So wjetunion ist in der Direktive zum 6. Fünfjahrplan festgelegt. Dabei ist der Bau von Atomkraftwerken mit einer elektrischen Leistung von 2 bis 2,5 Mil lionen kW vorgesehen. Mir persönlich ist bekannt, daß das gegenwärtig in der Aulomalisierung und Kernkrailnulzung Was ist nun der Inhalt der neuen kippt, gedreht, bearbeitet und kontrol- Epoche, an deren Anfang wir stehen? liert, ohne daß ein Arbeiter eingreift. Ich möchte dazu einen sowjetischen Aehnliches gilt für die Flugzeug- und Sowjetunion errichtete Atomkraftwerk eine Leistung von 400 000 kW haben wird. Die USA besitzen einen Fünfjahrplan für die Errichtung von Atomkraftwer ken. Danaeh sollen im Jahre 1960 = 750 bis 1000 Megawatt elektrischer Lei stung auf Basis der Kernenergie in Be vor kurzem in Calderhall in Betrieb ge nommen worden. Nach den neueren In formationen, die wjr haben, sollen in der Zeit von 25 Jahren in England 115 Atomkraftwerke gebaut werden, und zwar bis 1965 20, bis 1970 weitere 11, bis 1975 weitere 35 und bis 1980 weitere 49. Bis dahin sollen dann 50 Prozent des gesamten englischen Energiebedarfs aus Atomkraftwerken gewonnen wer den. Die Deutsche Demokratische Republik baut bekanntlich ebenfalls ein Atom kraftwerk, und zwar 'ein solches mit einer Leistung von rund 75 000 kW elektrischer Leistung, etwa 210 000 kW Wärmeleistung, ein Kraftwerk, das mit Hilfe der Sowjetunion errichtet wird. Wir werden also bis zum Jahre 1960, spätestens Anfang 1961, das erste Atom können wir nur von der Revolutionie rung der Technik als Ganzem sprechen, das heißt also, von einer technischen Revolution. Politische und soziale Konsequenzen Ich möchte noch einmal an die Tat sachen erinnern, die den Beginn der technischen Revolution vor 150 Jahren kennzeichneten: die Erfindung der Werk zeugmaschine, die Entdeckung der Dampfkraft, die Entwicklung der Dampf maschine. Die industrielle Revolution war vor 150 Jahren nur dort möglich, wo die Vorbedingungen für eine solche Entwicklung gegeben waren. Das heißt eben in den Ländern, die in ihrer sozia len Struktur schon weit genug fortge schritten waren, wie zum Beispiel Eng Autor zitieren, der das am prägnan testen und am deutlichsten sagt. In der sowjetischen Zeitschrift „Woprossi Oeko- nomiki" (Fragen der Oekonomik) sagt Genosse N e t k i n : Traktorenproduktion. Auch automatische Drehbänke und automatisierte Takt-^ Straßen müssen im nennenswerten Um-^ fange in der sowjetischen Industrie als vorhanden angesehen werden." brik mit einer Belegschaft von nicht mehr auf die Ersetzung von Hand arbeit durch die Maschine beschränkt, sondern auch geistige Tätigkeit durch Maschinen ausgeführt werden kann. Die neuen Entwicklungen auf dem Gebiete der Automatisierung bieten nun Möglichkeiten, auch die Verwaltungs- und Büroarbeit zu automatisieren, und zwar einfach dadurch, daß Automaten in der Lage sind, gewisse geistige Ar beiten auszuführen . . . 5 Mann auskommt. Auch in anderen Industriezweigen der Sowjetunion .ist die Automatisierung weit fortgeschritten. So weiß ich aus dem Ministerium vpn Malenkow, dem Ministerium für Kraftwerke, daß sämt liche Wasserkraftwerke des Ministe riums vollautomatisch und zu 65 Pro zent ihrer Kapazität ferngesteuert wer den. In den diesen Ministerien unter stellten Wärmegroßkraftwerken wird die Kesselfeuerung zu 77 Prozent der Dampfleistung und die Kesselspeisung zu 96 Prozent automatisch geregelt.:. Ungeheuer groß sind die Möglichkei ten der Automatisierung der Verwal tungsarbeit. Wir haben bekanntlich einen uns sehr unangenehmen Prozeß Sie berichtet dann über das seit 1950 produzierende erste vollautomatische Werk der Welt, die Stanga-Konstruk- tia-Fabrik in Moskau, die Aluminium kolben für Verbrennungsmotoren her stellt und bei einem Produktionsausstoß von täglich 3000 bis 3500 Kolben — das ist also die Leistung einer ganzen Fa- wofür früher im modernsten Fließband verfahren 9 Stunden gebraucht wurde 1. Man braucht nur ein Fünftel der Ar beiter, die im alten Verfahren notwen dig waren. In Pitsbourg in Amerika wird gegen wärtig ein Elektrizitätswerk gebaut, das mit sechs Mann Bedienung die Millio- nen-Bevölkerung von Pitsbourg mit elektrischer Energie versorgt. Außerordentlich weit entwickelt ist die Automatisierung der Produktion in der Sowjetunion. Vor kurzem war eine Delegation von amerikanischen, west deutschen und anderen westlichen Ex perten in der Sowjetunion, die Gelegen heit hatten, an Ort und Stelle einen Ein druck von den Fortschritten der Auto matisierung zu gewinnen. In ihrem Be richt sagt die Delegation: „Es ist bekannt, daß sich der sowjeti sche Maschinenbau mit der systemati schen Entwicklung vollautomatischer Maschinensysteme und vollautomati scher Abteilungen und Betriebe be schäftigt. In der Automobilindustrie zum Beispiel werden Motorblöcke, Zy linderköpfe, Nockenwellen und andere Einzelteile automatisch gehoben, ge einfach geboren aus dem Hang der Bürokraten, sich zu beschäftigen und sich, damit sie nicht allein sind, immer mehr Unterstützung zu holen, damit der Verwaltungsapparat recht groß wird. Natürlich muß man dagegen ankämp fen, daß sich der Verwaltungsapparat unnötig aufbläht. Es könnte vieles ein facher sein, aber das ändert nichts an der Grundtatsache, daß im Laufe der technischen Entwicklung der letzten 50 Jahre der Anteil der Angestellten, und zwar sowohl der technischen als auch kaufmännischen Angestellten, an der gesamten Volkswirtschaft immer größer geworden ist. Das ist nicht nur bei uns so, und ich sage das nicht, um uns zu entschuldigen im Gegenteil. Das ist ein Zug, der sich in der ganzen indu strialisierten Gesellschaft zeigt... Das hat seinen guten Grund. Solange die Entwicklung der Technik nur darauf gerichtet war, Handarbeit durch Ma schinen zu ersetzen, mußte sich die ganze Steigerung der Produktivität der Arbeit auf den Prozeß der unmittel baren Produktion reduzieren. Daher das schnelle Anwachsen der Produktivität imProduktionsbereich—aber auch gleich zeitig damit das Bedürfnis nach einem Anwachsen des Verwaltungsapparates; weil jetzt zusätzlich Konstruktionsarbei ten, Abrechnungsarbeiten, Statistiken usw. angefertigt werden mußten, so daß wir in der ganzen Welt eine solche Ent wicklung haben: Stagnieren der Produk tionsarbeiter- und schnelles Wachsen der Angestelltenzahl. Dieser Zustand wird sich erst dann Genosse Selbmann wandte sich nun der Ausnutzung der Kernkräfte für technische und industrielle Zwecke zu, insbesondere der Gewinnung von elektrischer Energie aus Kernkraft. Er demonstrierte an Hand vielfältiger statistischer Angaben, daß der Energiebedarf in den nächsten Jahrzehn ten gewaltig ansteigen wird und nicht mehr durch die herkömmlichen Energiequellen gedeckt werden kann, zumal sich die Kohlevorräte rasch erschöpfen. Genosse Selbmann sagte dann weiter: ...Es wird nur einen Ausweg geben: Energie aus anderen Quellen zu gewin nen als aus der Kohle. Und diese ande ren Energiequellen können nichts ande res sein als die sogenannten Kernkräfte. Bei dem gegenwärtigen technischen ter Spezial- und Werkzeugmaschinen ausgeführt und von elektronischen Geräten gesteuert und überwacht wird. Sie hat zum Ziel", sagt er weiter, „die menschliche Arbeitskraft in den Funk-> tionen der Bedienung, Steuerung und Ueberwachung von Maschinen sowie der Kontrolle der Produkte soweit durch Maschinen zu ersetzen, daß vom Beginn bis zur Beendigung des Arbeitsprozesses keine menschliche Fland das Produkt berührt. Zum ersten Male in der Geschichte der Me chanisierung ist es möglich, im weiten Umfange die Funktionen der Sinnes organe des Menschen durch Maschinen ausführen zu lassen.“ Mit der Vollautomatisierung ver ändert sich also die Rolle des Menschen im Produktionsprozeß ... Automaten übernehmen bestimmte Arbeiten auf dem Gebiete menschlicher geistiger Tätigkeit. Das ist das Neue und Revolu tionäre am Prozeß der Automatisie rung ... Ich möchte zuerst einige Worte über die Möglichkeit der Automatisierung in der Produktionstechnik sagen. Die Auto matisierung ist in der chemischen Indu strie bei den Oelraffinerien, bei den Mühlen usw. schon weitgehend erfolgt. Eine Raffinerie in Amerika, die früher 800 Menschen beschäftigte, kann heute die gleiche Produktion mit 12 Angestell ten schaffen. Ein Werk von Ford in Cleveland, in dem 6-Zylinder-Motorblöcke hergestellt werden, braucht heute für die völlige „Die Automatisierung der Produk tion auf der Grundlage weitgehender Verwendung von Elektroenergie und Atomenergie sowie weitgehender An wendung von chemischen Methoden bildet den Hauptinhalt der beginnen den technischen Umwälzung.“ .. i Diese beiden Dinge, Automatisierung und Verwendung der Kernkraft, stehen im inneren Zusammenhang; denn die Automatisierung der Produktion wird zu einem gewaltigen schnellen Ansteigen des Bedarfs an elektrischer Energie füh ren, und zwar in einem solchen Um fange, daß wir diese gewaltigen Mengen Elektroenergie nicht mehr mit den bis herigen Mitteln gewinnen können, son dern neue Quellen für diese Energien suchen müssen. Der amerikanische Autor Pollok definiert die Automatisierung folgender maßen : „Der wichtigste methodische Grund satz der Automation ist die Integrie rung der bisherigen kontinuierlichen Einzelprozesse der Produktion in einem, zusammenhängenden fließen- Herstellung eines Motorblockes, vom -- . .. , . .. Rohling bis zum Fertigstück, 15 Minuten; wirklich grundlegend andern können, wenn sich die Entwicklung der Technik , c am. j - 20200 c. des Anwachsens der Verwaltungsfunk- "dMTeM-eem Huegtiene—Manche-Leute glauben, das ist koppelter, technisch hochstentwickel- Der Autor dieses Beitrages ist ein hervorragender Politiker und Wirtschaftsfachmann. Als Ruhrkumpel stand er einst selbst in der Produktion. Schon in früher Jugend wirkte er in der Arbeiterbewegung mit: 1916 trat er der Gerverkschaft bei, 1920 wurde er Mitglied der USPD; von 1922 an kämpfte er in den Reihen der KPD. 1933 wurde Genosse Selbmann von den Faschisten verhaftet; es begannen schwere Jahre im Zuchthaus und in Konzentrationslagern. Nach der Zerschlagung des Naziregimes stellte Fritz Selb mann seine Kräfte sofort dem Wiederaufbau zur Verfügung. Als Vertreter der KPD wurde er Leiter des Antifaschisti schen Blocks in Leipzig und Mitglied des ersten Leipziger Stadtverordnetenkollegiums. Im August 1945 wurde er zum Präsidenten des Landesarbeitsamtes Sachsen berufen, ein Jahr darauf zum Minister für Wirtschaft und Wirtschafts planung in der Landesregierung Sachsen. Von nun an ist er ständig an führender Stelle in unserer Wirtschaft tätig — als stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Wirt schaftskommission, als Minister für Schwerindustrie der DDR, als Minister für Hüttenwesen und Erzbergbau und schließlich als Stellvertreter des Vorsitzenden des Minister rats. Am Freitag, dem 31. Mai, hielt Genosse Selbmann vor Wis senschaftlern und Studenten unserer Universität einen Vor trag über das Thema „Das Zeitalter der neuen Technik und die Probleme, die sich für die Wissenschaft ergeben". Wir veröffentlichen heute einige Auszüge aus dem umfangreichen Manuskript des Vortrages. trieb sein, bis 1965 =. 3000 Megawatt, und bis 1975 soll die installierte Kraft werkleistung in Atomkraftwerken 22 000 Megawatt betragen, das heißt 8,8 Pro zent der amerikanischen Energieerzeu gung. England hat in bezug auf Kohle die schwierigste Lage. Es hat als einziges Land einen genau detaillierten und ver öffentlichten staatlichen Plan für den Aufbau von Atomkraftwerken. Das erste englische Kraftwerk auf Kernbasis ist kraftwerk in Deutschland haben, das auf rein industrieller Basis arbeitet. Wir werden in der Lage sein, die not wendigen Erfahrungen zu sammeln, Spezialisten auszubilden. Die von uns eingeleiteten Maßnahmen werden garan tieren, daß wir in fünf Jahren eine ge nügend starke Reaktor-Gruppe in un serer Republik haben werden, die in der Lage sein wird, eigene Atomkraft werke zu projektieren und zu konstruie ren ;. . Zum Begriff der „zweiten industriellen Revolution“ Es gibt heute schon einen Streit, an dem sich auch einige marxistische Auto ren beteiligen, ob es eigentlich richtig ist, daß wir von der zweiten industriel len Revolution sprechen. Nun, der Begriff „zweite industrielle Revolution“ stammt aus Amerika. So viel ich weiß, war es die amerikanische Zeitung „New York Times“, die erst malig geschrieben hat: „Wir befinden uns jetzt in der zweiten industriellen Revolution, die mit sensationeller Ge schwindigkeit um sich greift. Man nennt sie Automation.“ Aber auch in Amerika hat es schon frühzeitig einen sehr heftigen Streit darüber gegeben, ob es sich hierbei um eine wirkliche industrielle Revolution handelt. In Westdeutschland sind es die Führer der Sozialdemokratischen Partei, die am meisten von der zweiten indu striellen Revolution sprechen und die auf ihrem Münchener Parteitag sogar zwei große Referate über die zweite in dustrielle Revolution halten ließen, wobei sie ohne Zweifel einem Massenbedürf nis entgegenkamen, aber dabei auch die Möglichkeit hatten, wichtige politische Klassenfragen durch Diskussionen über dieses Thema untergehen zu lassen. Bei den westdeutschen Kapitalisten macht sich neuerdings eine eigenartige Reak tion bemerkbar. Sie möchten jetzt auf einmal nichts mehr von der zweiten in dustriellen Revolution wissen. Sie schreiben: Das ist gar keine Revolution, das ist die alte Rationalisierung, wie wir sie schon immer gehabt haben. Das ist nur eine Weiterentwicklung der Me chanisierung. Worum es dabei den westdeutschen Monopolkapitalisten geht, das sagt einer ihrer prominentesten Vertreter am deutlichsten, Fritz Berg, der Präsident des westdeutschen Verbandes der Indu strie. Fritz Berg sagt: Die zweite indu strielle Revolution findet nicht statt; denn Revolution bedeutet eine plötz liche Umwälzung, die bestehende Ver hältnisse umwirft und Bindungen löst. Er meint, es handle sich um eine lang same Entwicklung, die nach dem ersten Weltkrieg begonnen habe. Er warnt vor unnötiger Gespensterfurcht und einer gefährlichen Dramatisierung. Die Auto matisierung — sagt er — löst keine in dustrielle Revolution aus. Das Tempo des technischen Fortschrittes darf nicht den Schlüssel zur allgemeinen Soziali sierung der Wirtschaft liefern und zu einer Erschütterung der gesellschaft- liehen Verhältnisse führen. Sonst kann es uns wie dem Zauberlehrling ergehen, der die Geister, die er rief, nicht mehr kontrollieren kann. Hier zeigt sich ganz deutlich, worum es den westdeutschen Monopolkapita listen geht. Abgesehen davon, daß ihnen das Wort „Revolution“ schon einen kal ten Schauer über den Rücken laufen läßt, begreifen die Vertreter der west deutschen Monopolkapitalisten sehr gut, daß eine wirkliche Revolution im Be reich der Technik zwangsläufig auch eine revolutionäre Umwandlung im so zialen Gefüge der Gesellschaft nach sich ziehen muß. Und darum möchten sie jetzt, daß man nicht mehr von der in dustriellen Revolution spricht, damit den Arbeitern nicht auch noch durch eine solche Diskussion der Gedanke der sozialen revolutionären Umgestaltung der Gesellschaftsstruktuy ins Gehirn gehämmert wird. Sicher ist es nicht richtig, in den Fak ten, die den Beginn der neuen Epoche der Technik kennzeichnen, nur eine der herkömmlichen Entwicklungsstufen zu sehen. Und sicherlich ist es also nicht richtig, wenn man den revolutionären Charakter der Entwicklung in der Welt leugnet. Aber auch die Bezeichnung „zweite in dustrielle Revolution“ ist sicherlich nicht richtig; denn dieser revolutionäre Pro zeß, in dem wir stehen, vollzieht sich nicht nur in der Industrie. Zwar erleben wir auch eine Umwälzung in der Industrie, das ist richtig. Aber wenn wir von einer Revolution sprechen; land, das schon im Jahre 1648 seine bürgerliche Revolution gehabt hat, das schon einen großen Handelsimperialis mus aufgebaut hatte, aber gerade des halb in England, weil England das Land mit der entwickelsten Kohlenförderung war, so daß sich die industrielle Revo lution vor 150 Jahren im wesentlichen dort vollzog, wo die größten Kohlen lager der Welt sind, eben auf der nörd lichen Halbkugel. Und daher konnten diese Länder der nördlichen Halbkugel; die über Kohlevorräte verfügten, auch bald weitestgehend die Herrschaft über die Welt antreten und einen sichtbaren Vorsprung vor allen anderen Ländern gewinnen. Mit der Entdeckung der Atomkraft vollzieht sich aber etwas weltgeschicht lich Bedeutsames. Damit werden plötz lich Energiequellen erschlossen, die nicht mehr den Standort der Industrie dort festlegen, wo Kohlevorräte sind :.. Dadurch werden Länder in die techni sche Umwälzung einbezogen, die bisher zurückgeblieben waren ... Diese neue technische Umwälzung fällt mit der Entwicklung des Nationalbewußtseins in diesem Teil der Welt zusammen. Und selbst wenn diese Länder Hilfe kapitalistischer Staaten zur Entwick lung ihrer Produktivkräfte in Anspruch nehmen würden, so ist nieht anzunek men, daß sie noch einmal in das alte Joch der kolonialen Abhängigkeit gehen. Das bedeutet aber: Diese technische Umwälzung wird in kurzer Frist, in wenigen Jahren zu einer schnellen Stär kung des anti-imperialistischen Lagers in der Welt führen und damit die Wider sprüche des imperialistischen Lagers schnell verschärfen. Aber auch die Widersprüche inner halb der imperialistischen Länder wer den durch die neue technische Entwick lung schnell gefördert werden. Die neue Epoche der Technik wird zu einer Verschärfung der Widersprüche führen, denn die voll entwickelte neue Technik wird zu einem größeren gesellschaft lichen Reichtum, aber auch — genau wie in der ersten industriellen Revolu tion, wie es Karl Marx voraussagte —; zum Anwachsen des Elends der Massen führen... Zunächst ist es möglich, daß vielleicht die Massenarbeitslosigkeit noch einmal hinausgeschoben wird, weil die Auto matisierung einen sehr großen Investi tionsbedarf auslösen wird und dadurch vorübergehend noch eine größere Be schäftigungsmöglichkeit da ist. Aber selbst diese Investitionen, die für die Automatisierung notwendig sind, müs sen ja schließlich verdient werden, das heißt, sie müssen aus dem Gewinn ent nommen werden... Und wenn einmal das Optimum an Automatisierungsmög lichkeiten erreicht ist, dann ist das Ein treten von Massenarbeitslosigkeit in der kapitalistischen Wirtschaft oder das Ein treten von Ueberproduktions- und Unterkonsumtionskrisen unvermeid lich ... Die sinnvolle Nutzung der Ergebnisse der neuen technischen Entwicklung sind also allein im Sozialismus möglich. Der Sozialismus kennt nicht die Gefahren von ökonomischen Krisen und von Ar beitslosigkeit! Der Sozialismus ist im stande, die wachsende Produktivität der Arbeit zur ständigen Erhöhung des Lebensstandards der Menschen, zur Ver längerung ihrer Freizeit, zur Steigerung der sozialen und kulturellen Aufwen dungen des Staates für die Arbeiter klasse und für das ganze Volk zu nutzen. Der Kommunismus, die Gesellschafts ordnung, nach der wir hinstreben, for dert geradezu den Ueberfluß an Gütern, während der Ueberfluß an Gütern im Kapitalismus regelmäßig zu Krisen füh ren muß. Die neue Technik ist deshalb die Technik der kommenden kommuni stischen Gesellschaftsordnung. Aus diesem Grunde, und da die neue technische Entwicklung die Forderung der sozialen Revolution in den kapita listischen Ländern zwangsläufig und be schleunigt auf die Tagesordnung setzt, wird die technische Revolution zum natürlichen Verbündeten des Sozialis- mus:.. Universitätszeitung Z 12. 6.1957 / Seite 4
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