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r r r 3 $ i i r 3 1 t r Wir gratulieren den Aktivisten nnd Ausgezeichneten die beim Aufbau unserer Republik hervorragende Leistungen vollbrachten Medaille für ausgemeichnete Leistungen Aktivisten 1959 Herbert Bischoff Bauabteilung Horst Heuer Fahrbereitschaft Herbert Maywald Physikalisches Institut Erwin Lampe Institut für Landmaschinenlehre Siegfried Tannhäuser Institut für Industrieökonomik Dr. Horst Bley Institut für Arbeitsökonomik Otto Walkhoff Frauenklinik Dr. Dieter Michel Medizinische Klinik Elisabeth Eckardt Pharmakologisches Institut Anneliese Förster Investbauleitung Alfred Weber Kaderabteilung Dr. Lothar Hoffmann Abteilung Sprachunterricht Hans Israel Institut für Ausländerstudium Hermann Petzschier Institut für Ausländerstudium Dr. Eva Herrde Institut für Statistik Dr. Otfried Kuhn Institut für Statistik Edith Falk Institut für Strafrecht Dr. Wolfgang Wünscher Hirnforschungsinstitut Dr. Rolf Becker Röntgeninstitut Dorothea Lämmel Medizinisch-Poliklinisches Institut Hermann Willmann Gesellschaftswissenschaftliches Grundstudium Prof. Dr. Rugard-Otto Gropp Institut für Philosophie Dr. Heinz Horn Institut für Philosophie Dr. Heinz Uhlig Kinderklinik Gerhard Rönnebeck Wifa, Fernstudium Dr. Horst Richter Physiologisch-Chemisches Institut Siegfried Schmidt Mensa Gerhard Gerth ABF Helmut Grimmer ABF Dr. Ralf Schröder Slawisches Institut Prof. Dr. Werner Fischel Institut für Psychologie Heinz Helmert Institut für deutsche Geschichte, Abteilung Militärgeschichte Dr. Manfred Kossok Institut für Allgemeine Geschichte, Abteilung Neuzeit Prof. Hugo Müller Institut für Pädagogik Johanna Starke Institut für Pädagogik Gerd Fröhlich Institut für Pythopathologie Dr. Günter Henning Institut für Rechnungswesen Erika Rentzsch Institut für Industrieökonomik Prof. Dr. Herbert Wolf Institut für Politische Oekonomie Als wif Meh getfanKt MeiKckiartan KARL MARX Geboren am 5. Mai 1813 In Trier Martin Böttcher Tag so stolz sind. VOR DER DEMONSTRATION Die rote Fahne im Zuchthaus Waldheim unsere Maidemonstration möglichs durch solche Straßen, die abseits lagen. „Die Gefühle der Bürger sollten nicht beleidigt werden.“ Vor allem sollte alles in „Ruhe und Ordnung“ vor sich gehen, das beste hende System sollte nicht ins Wanken kommen. Das geschah auf Anordnung Fleißners, der selbst Sozialdemokrat sein wollte. Die Demonstrationen der. Sozialdemo kraten endeten meist atf einem Turn platz im Osten. Ein Führer unserer Partei redete. Er versprech uns, daß sich mit der Zelt unsere Lags bessern würde. Langsam kämen wir dem Sozialismus näher, deshalb sollten wir uns nicht von „radikalen“ Ideen den Kopf verdrehen lassen. Dann zerstreuten sich die Demon stranten, und mit Biertrinken wurde der Tag verbracht. Diesen Teil der Maifeier bestritten die Stehkragenproletarier; Denn wir, die wir nun schon so manches Jahr zu hören bekamen, daß sich lang sam der Sozialismus einstellt, ‘tta kein Geld dafücIch warwdmd arbeitslos. . Heute marschieren die Werktätigen am 1. Mal gemeinsam. Es wird nicht mehr der Sozialismus versprochen, sondern er wird von uns aufgebaut. Vielleicht ver stehen nun die jungen Menschen besser, weshalb wir alten Genossen auf diesen In diesen Maitagen mußte ich oft an unsere Maidemonstrationen in der Wei marer Zeit zurückdenken. Schon lange Zeit vorher rief die Leipziger Arbeiter presse auf, den 1. Mai zu einem ein drucksvollen Kampftag unserer Klasse zu machen. Die Begeisterung und die Freude auf diesen Tag wuchs unter uns zusehends. Am Morgen des 1. Mai marschierten Musikzüge durch die Leipziger Arbeiter viertel und riefen zum Sammeln. Ob wohl wir Sozialdemokraten und die Kommunisten die gleichen Feinde hatten, obwohl wir die gleichen roten Fahnen trugen, Zogen unsere Züge getrennt durch die Leipziger Straßen. Die Demonstrationskolonnen der bei den Arbeiterparteien waren stets ge waltig. Wie oft dachten wir damals, wenn wir zusammen marschieren wür den, was gäbe das für eine Kraft. Wie Würde das die Spießer ärgern, die Unse ren Zügen in Schleußig oder in der Plag- Witzer Straße hinter den Fenstern wütende Gesichter zeigten. Wie würde unsere Einheit die Kapitalisten erschrek- ken, die die Feinde der sozialdemokrati- schen und kommunistischen Arbeiter sind. Die Parteiführung der SPD wußte das vielleicht noch besser als wir. Jahre lang hat sie unsere Einheit verhindert. Die Polizeibeamten des damaligen Polizeipräsidenten Fleißner führten nicht zu trauen. Franz — so nannten wir ihn kurz — arbeitete weiter. Er nahm seihe Leiter und stieg zum Materiallager hoch, das unter der Decke angebracht war. Enttäuscht dachte ich: „Das hätte ich vom Franz am wenigsten erwartet.“ in gewohnter Welse säuberte er dort oben unter dem Barackendach einige Stangen Rohmaterial. Für einen Mo ment schaute ich etwas erregt zu den Arbeitsplätzen der anderen Freunde, die sich alle an der Arbeitsniederlegung be teiligten. Als ich wieder zu Fränz blickte, ist er gerade im Begriff, mit zwei, drei Eisenstangen in der Hand, die Leiter herunterzuklettern. Ich sehe, daß am Ende eines Stangenbündels, direkt dem Saale zugewandt, ein rotes Tuch herabhängt. Man hätte annneh- men können, es handele sich um den Rest eines größeren, noch sauberen Putzlappens. Wir wußten jedoch, was dieses Stück Tuch zu bedeuten hatte. Franz hatte damit zugleich den Weg zur Organisation der Arbeiterklasse gefun den. Als ob nichts geschehen wäre, ging er an seinen Arbeitsplatz, stellte die Stangen ah die Bank und nahm erst dann ein Werkzeug in die Hand, als die zehn Minuten vorüber waren. Am 1. Mai selbst versammelten wir uns in Gruppen von vier bis fünf Freun den, möglichst so, daß bei jeder Gruppe Angehörige aller Nationen waren. Ueber- all hat ein Genosse gesprochen, kurz, leise, damit es die Kriminellen nicht hören konnten, Wir beendeten diese „Gruppenversammlungen, mit dem Ver sprechen, uns nach der Niederwerfung des Faschismus in unseren Heimatlän dern dafür einzusetzen, daß niemals wie der Zustände eintreteh, in denen Men- sehen verfolgt, mißhandelt, eingekerkert und gemordet werden, weil sie für den Frieden, die Freiheit und das Glück der Menschen kämpfen. Erinnerungen an den 1. Mai 1943 - Von Dozent Hans Lauter es mehrere, die sich an einer bürger lichen nationalen Befreiungsbewegung beteiligt hatten. In der Haft stelltel wir zu ihnen enge, freundschaftliche Be ziehungen her und halfen ihnen, Wo wir konnten. in der Abteilung selbst durften wir unseren Arbeitsplatz nicht oder nur aus nahmsweise verlassen. Das Sprechen in fremden Sprachen war verboten. Wir befanden uns in ständiger Obhut eines Wachtmeisters, oft waren es auch zwei. Die größere Gefahr für unser Handeln drohte uns von einigen kriminellen Ge fangenen, die wir bei der Organisierung rnserer Maifeier streng im Auge be halten mußten. Wir waren übereingekommen, den 1. Mai im Jahre 1943 durch eine gleich zeitige, zehn Minuten dauernde Arbeits niederlegung zu begehen. Da die Nazis diesen Tag unter . demagogischem Miß brauch der Kampftraditionen der deut schen Arbeiterklasse zum „Nationalen Feiertag des deutschen Volkes“ erklärt hatten, war von allen politischen Ge fangenen beschlossen worden, die zehn Minuten dauernde Arbeitsniederlegung am Tage vorher, und zwar ein jeder an seinem Arbeitsplatz, durchzuführen. Die Maschinen sollten leer weiterlaufen, da mit Strom, Oel usw. verbraucht Und der dem Kriege dienenden Produktion ent zogen wurden. Als wir zur festgesetzten Zeit die Aktion begannen, wanderten unsere Augen in alle Richtungen, um zu sehen, ob ich auch alle politischen Gefangenen an ihr beteiligten. Die Kriminellen ar beiteten weiter. Der Wachtmeister saß auf dem Podium hinter dem Pult und sarrte mit dösendem Bliek in den Saal. Als ich zur linken Stirnseite des Saales hinübersah, wo unser tschechischer Freund Frantisek arbeitete, der kein Genosse war, glaubte ich meinen Augen Frühjahr 1943. In einer Baracke des Zuchthauses Waldheim waren wir zu 30 Gefangenen untergebracht. Wir arbei teten an Drehbänken, Fräsmaschinen, Bohrmaschinen und Werkbänken. Von den Gefangenen war knapp die Hälfte aus politischen Gründen, der größere Teil jedoch wegen krimineller Delikte verurteilt worden. Zwischen uns „Politischen ' und dem größten Teil der „Kriminellen ‘ gab es ständig Gegensätze und Reibereien. Unter den Kriminellen gab es viele verkommene und deklassierte Elemente. Für geringe ersunstigungen, meist in dem Bestreben, als Gefangener im Zuchthaus einen osten zu bekommen, waren sie bereit, uns politische Gefan gene wegen einer antifaschistischen Aeußerung oder irgendeiner gemein samen Handlung 2u verraten. Ganz be sonders schwer war unsere Hage in den ersteh Jahren des Krieges, als die Hitler- Wehrmacht in Europa einen Sieg nach dem anderen errang. Unter den Krimi nellen befanden sich nicht wenige aktive Nazis, die sich durch Bespitzelung der politischen Gefangenen und durch Ar beitsantreiberei zu rehabilitieren such ten. Von den Beziehungen unter uns durften insbesondere diese faschistisch gesonnenen Kriminellen nichts merken. Unter uns politischen Gefangenen war es schon zur Tradition geworden, Kampt- und Gedenktage der Arbeiterbewegung unter den Bedingungen faschistischer Haftanstalten würdig zu begehen. Selbst- yerständlich gehörte der 1. Mai als Kampftag des internationalen Proleta riats dazu. Im Jahr 1943 gab es auf unserer klei nen Abteilung, es war .die 17., politische Gefangene, meist Kommunisten, aus Deutschland, der Tschechoslowakei, Frankreich, Norwegen und Belgien. Unter den tschechischen Freunden gab B ürgerliche Revolutionen, wie die des achtzehnten Jahrhunderts, stürmen rasch von Erfolg zu Erfolg, ihre drama tischen Effekte überbieten sich, Menschen und Dinge scheinen in Feuerbrillenten gefaßt, die Ekstase ist der Geist jedes Tages; aber sie'sind kurzlebig, bald ha ben sie ihren Höhepunkt erreicht, und ein langer Katzenjammer erfaßt die Ge sellschaft, ehe sie die Resultate ihrer Drang- und Sturmperiode nüchtern s’ch aneignen lernt. Proletarische Revolu tionen dagegen, wie die des neunzchn- ten Jahrhunderts, kritisieren sich selbst, unterbrechen sich fortwährend in ihrem eigenen Lauf, kommen auf das Scheins bar Vollbrachte zurück, um es wieder von neuem anzufangen, verhöhnen graus sam-gründlich die Halbheiten, Schwa- - chen und Erbärmlichkeiten ihrer ersten Versuche scheinen ihren Gegner nur nie derzuwerfen, damit er neue Kräfte aus der Erde sauge und sich riesenhafter ihnen gegenüber wieder aufrichte, schrecken stets von neuem zurück vor der unbestimmten Ungeheuerlichkeit ihrer eignen Zwecke, bis die Situation geschaf fen ist, die jede Umkehr unmöglich macht, und die Verhältnisse selbst rufen: Hic Rhodus, hic salta! Hier ist die Rose, hier tanze! aus „Der Achtsehnte Brumaire des Louis Bonaparte“. Universitätszeitung /1. Mai 1957 1 Seite 3