Volltext Seite (XML)
AUSGABE Nr. 24/1991 Leipzig \7. Juni UNVERRSTATSZEUNG e Sächsische Landesbibliothek 1 9. JUNI 1991 Für Kontinuität (dpa/UZ) Gegen eine generelle Ent lassung von Hochschullehrern sprach sich Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) vor Mitgliedern der CDU-Fraktion aus. Der überarbeitete Entwurf für das Hochschulgesetz sehe eine Entlassung aller Mitarbeiter vor, die für die Stasi gearbeitet, gegen Rechte von Kollegen und Studenten verstoßen hätten oder aufgrund fehlender Fach- kompetenz untragbar geworden seien. „Eine generelle Entlassung der Hoch schullehrer ist von niemandem beab sichtigt und wäre auch mit der notwen digen Kontinuität des Hochschulbetrie bes unvereinbar.“ Nach bisherigen Vor stellungen solle sächsischen Bewerbern für die Lehrstühle ein Bonus eingeräumt werden. Das Hochschulemeuerungsge- setz diene dem Ziel, daß Sachsens Hoch schulen zu den besten Deutschlands und Europas werden. (Siehe dazu auch Seite 3.) Aufgedeckt (LVZ) Insgesamt 35 Mitarbeiter von sächsischen Hochschulen haben haupt amtlich für die Stasi gearbeitet. Bei ei ner Überprüfung durch die Gauck- Behörde seien zwölf Fälle in Dresden und 23 Fälle in Leipzig aufgedeckt wor den, teilte das sächsische Wissen schaftsministerium mit. Neben der Aus wertung von Fragebögen und Anhörun gen würden die Unterlagen der Ange stellten aller Einrichtungen, die dem Mi nisterium nachgeordnet sind, der Gauck-Behörde zur Überprüfung auf ei tle Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter zugesandt. Arbeitskreis (UZ-Korr.) In Sachsen wurde un längst ein Arbeitskreis Frauen im Inge nieurberuf gegründet. Unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ wurden Fallbei spiele von Existenzgründerinnen vorge stellt, die geeignet waren, den von Ar beitslosigkeit betroffenen Ingenieurin nen Mut zu machen. Weitere Informa tionen über: Dipl.-Ing. Jutta Saatweber, Geschäftsstelle des VDI-Bezirksvereins Frankfurt/Darmstadt, Flughafenstr. 104, 6000 Frankfurt 71, Tel.: 0 69/67 11 90. Freidenker vereint (ND) An historischer Stätte in Braun schweig, wo 1951 der durch die Nazis verbotene Deutsche Freidenkerverband für die BRD wiedergegründet worden war, trafen sich kürzlich Delegierte der beiden Freidenkerverbände aus Ost und West zu einem gemeinsamen Verbands tag. Sie beschlossen die Vereinigung zu einem gemeinsamen Deutschen Frei denker-Verband (DFV). Der DFV versteht sich als Interessen vertretung konfessionsfreier Menschen, die sich tätiger Humanität verpflichtet fühlen. Er tritt für Toleranz sowie die volle Verwirklichung der Gewissens-, Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit ein. Zu seinen wichtigsten Forderungen gehört die Trennung von Staat und Kir che. Außerdem setzt er sich für die Gleichberechtigung der Frauen, die Rechte von Benachteiligten, Kindern, Jugendlichen, Kranken und Alten sowie für die Belange der Minderheiten ein. In einer Resolution fordern die Freidenker die ersatzlose Streichung des § 218 aus dem Strafgesetzbuch. Sie appellieren an die Bundestagsabgeordneten aller Frak tionen, nicht hinter die Regelungen in der Ex-DDR zurückzugehen. Zum Vor sitzenden des Verbandes wurde Klaus Hartmann aus Offenbach, zu seinem Stellvertreter Dr. Harry Meißner aus Dresden gewählt. Spendabel (UZ-Korr.) Eine Buchspende im Wert von 1000 DM überreichte der stell vertretende Leiter der Treuhand Chem nitz, Direktor Klaus Dorsch, dem Fach bereich Geschichte an der Pädagogi schen Hochschule Leipzig für den Er neuerungsprozeß in Lehre und For schung. Vereinbarung mit Universität Kiew bis 1995 Traditionelle Kooperation mit Kiew wird fortgesetzt (PI) Der Rektor der Universität Leipzig, Prof. Dr. Cornelius Weiss, und der Rektor der Kiewer Schewtschenko-Universität, Prof. Dr. Wiktor W. Skopenko, unterzeich neten am 5. Juni auf der Grundlage des Uni versitätsvertrages vom 7. Juli 1963 eine Vereinbarung über die Wissenschaftsko operation ihrer Hohen Schulen bis zum Jahr 1995. Im Interesse der Weiterentwicklung der traditionell guten Beziehungen zwischen Lehrstühlen, Fakultäten und Instituten bei der Universitäten wurden gemeinsame For schungsvorhaben, die Redaktion wissen schaftlicher Materialien sowie der Aus tausch von Wissenschaftlern, Aspiranten und Studenten vor allem für die Fachgebie te Wirtschaftswissenschaften, Mathematik, Informatik und Sprachwissenschaften be schlossen. Schwerpunkte der Zusammenarbeit bil den u. a. folgenden Themen: „Aktuelle Probleme der Theorie und Pra xis der Herausbildung der Marktwirt schaft“, „Der Betrieb unter den Bedingun gen der Marktwirtschaft“, „Probleme der Vervollkommnung der kommunalen und re gionalen Statistik unter den Bedingungen der Marktwirtschaft“, „Erarbeitung von In formationstechnologien für die Firmenlei tung“, „Asymptomatische Methoden in der Wahrscheinlichkeitstheorie“, „Linguisti sche Aspekte der künstlichen Intelligenz“, Erarbeitung eines Lehrbuches „Die ukraini sche Sprache der Gegenwart“. DFG-Unterstützung für Projekte an der Leipziger Uni (PI/B.D.) Für anspruchsvolle For schungsprojekte der Poliklinik für Konser vierende Stomatologie und der Sektion Chemie der Universität hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bereits die von den Projektleitem beantragten Mittel bewilligt. So ist das Forschungsvorhaben „Amalgamalternative Füllungstherapie“ von Prof. Knut Merte/Direktor der Polikli nik für Konservierende Stomatologie dar auf ausgerichtet, keramische Füllungsmate rialien mit neuer Behandlungstechnik (Ko pierfräsverfahren) experimentell und kli nisch zu prüfen. Die Untersuchung soll da zu beitragen, die Füllungstherapie der Ka ries sicher und mit höherem ästhetischen Anspruch durchzuführen. Für das Projekt „Physikochemische Da ten für DDR-Altlasten“, das von Dr. Werner Hauthal/Sektion Chemie der Universität Leipzig gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Gerd Maurer/Kaiserslautern bearbeitet wird, stellt die DFG u. a. eine isokratische HPLC- Anlage als Leihgabe sowie Mittel für Ver brauchsmaterial und Geräte für zwei Jahre zur Verfügung. Dieses Vorhaben ist von Be deutung für die Bewältigung der gerade im Raum Halle-Leipzig-Bitterfeld besonders schwierigen Umweltprobleme. Insgesamt beläuft sich die Unterstützung der DFG für die beiden Vorhaben auf eine Summe von etwa 100 000 DM für die kommenden zwei Jahre. Sigerist-Ehrung (UZ-Korr.) Zu einem Kolloquium anläßlich des 100. Geburtstages von Henry Ernest Sigerist versammelten sich vom 12. bis 14. Juni rund 30 pol nische, ungarische und deutsche Wis senschaftler an der Leipziger Univer sität. Unter dem Motto „Ergebnisse und Perspektiven sozialhistorischer For schung in der Medizingeschichte“ nahm das Karl-Sudhoff-Institut das Ju biläum eines seiner früheren Direkto ren zum Anlaß, Fachkollegen einzula den. H. E. Sigerist hatte das 1906 ge gründete Institut von 1925 bis 1932 ge leitet und es durch seinen sozialhistori schen Ansatz bereichert. Nach seiner Emigration in die USA leitete er von 1932 bis 1947 das dortige medizinge schichtliche Institut der John-Hopkins- Universität Baltimore. Vereinsgründung (UZ-Korr.) Die Gründungsveran staltung der Eltern- und Betroffenen initiative gegen psychische Abhängig keit Sachsen (e. V.) findet am 26. Juni ab 17.30 Uhr in der Aula der 56. Ober schule „Arthur Nagel“, Str. des Kom somol 213 (Leipzig-Großzschocher, 0-7034) statt. Interessenten sind herz lich eingeladen. Mathe-Olympiade (dpa) 137 Schüler aus Ost- und Westdeutschland nehmen an der 30. Mathematik-Olympiade teil, die kürz lich in Erfurt eröffnet wurde. Veran stalter dieses Wettstreites ist das Thüringer Kultusministerium, das da mit eine Tradition der Ex-DDR fort führt. DB-Offerte (UZ-Korr.) Bis zum 8. Juli zeigt die Deutsche Bücherei die Ausstellung „Geschichte aus der Nähe. Politische Karikaturen von Josef Capek u. a. aus der Zeit von 1932 - 1938“, zusam mengestellt von der Capek-Gesell- schäft für Völkerverständigung e. V., Hagen. Josef Capek - der immer noch im Schatten seines Bruders Karel steht - zeichnete diese bitteren und bissigen Karikaturen unter dem Eindruck der „Entwicklung“ in Deutschland sowie des Spanischen Bürgerkrieges und ja panischer und italienischer Aggressio nen. „Bis heute haben diese Zeichnun gen - leider - nichts von ihrer Aktua lität eingebüßt“, schrieb zu dieser Aus stellung beispielsweise Max von der Grün, und die Volkshochschule Köln sowie die dortige Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit erklärten: „Hervorragend geeignet zur Aufarbeitung von Themen wie: Inter nationale Rüstungspolitik, Rassismus u. ä.“ Ballett-Sprung (UZ-Korr.) Ganz im Zeichen des Balletts stehen wird das kommende, die Spielzeit 1990/91 beschließende Sonn tagsgespräch an der Oper Leipzig. Es wird diesmal den künftigen Ballettdi rektor und Chefchoreografen des Hau ses, den Schweizer Uwe Scholz, vor stellen. „Mit kühnem Sprung von Zürich nach Leipzig“ heißt diese neue Folge des SONNTAGS TALK, die wie derum von Dr. Ilsedore Reinsberg mo deriert wird. Uwe Scholz, bislang Bal lettdirektor in Zürich, erarbeitet ge meinsam mit der Leipziger Ballett Company einen Ballettabend nach Jo seph Haydns „Schöpfung“. Premiere soll am 27. Oktober sein. Das am Ende einer ereignisreichen und von zahlrei chen Höhepunkten begleiteten Saison stehende Gespräch findet am 23. Juni 1991 um 10 Uhr im Konzertfoyer der Oper Leipzig statt. UZettel Gesetzt aber, diese Freiheit könnte un terdrückt und die Menschen könnten so in Schranken gehalten werden, daß sie nicht zu mucken wagten ohne Erlaubnis der höchsten Gewalten, so wird es doch si cherlich niemals dahin kommen, daß sie auch bloß so denken, wie die höchsten Ge walten es wollen. SPINOZA DAAD-Nachkontakte in der Sowjetunion (DAAD) „Europa ist eine Reise wert - und Sie sind immer herzlich willkom men.“ Mit diesen Worten begrüßte DAAD-Präsident Professor Theodor Berchem über 200 DAAD-Ehemalige zum ersten Nachkontaktseminar in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Durch den seit 1959/60 bestehenden Kulturaustausch zwischen der Bundesre publik und der UdSSR haben bisher ca. 1000 sowjetische Studierende und Wis senschaftler mit Stipendien des Deut schen Akademischen Austauschdienstes für kürzere oder längere Zeit (3 bzw. 10 Monate) in der Bundesrepublik studieren können. Die bis 1988 eher bescheidenen Zah len haben durch Gorbatschows Politik der Öffnung einen erheblichen Aufschwung genommen. Seit 1989 werden jährlich bis zu 500 sowjetische Stipendiaten zum Stu dium an deutschen Hochschulen eingela den, darunter erstmals seit 1914 wieder Studierende. Der DAAD-Präsident machte deutlich, daß der Weg der UdSSR nach Europa notwendig und wünschens wert sei. Er betonte, daß der Bundesre publik durch die neuen Bundesländer ein einmaliges Potential an Wissenschaftsbe ¬ ziehungen nach Osteuropa, vor allem zur UdSSR, zuteil geworden sei. Vor dem Hintergrund der Reaktorkata strophe des nur 130 km entfernten Tscher nobyl rief Berchem zur Solidarität mit denjenigen sowjetischen Wissenschaft lern auf, die unter Einsatz ihres Lebens die Auswirkungen der Reaktorkatastro phe wissenschaftlich erforschten und zur Hilfe bereit waren: „Wir wollen mit un serer Anwesenheit hier ein Zeichen dafür setzen, daß die Solidarität der Menschen und Völker, und auch der Wissenschaft ler, sich gerade in Gefahren und ange sichts der Schattenseiten der modernen Zivilisation bewähren muß.“ Das Nachkontakttreffen mit den ehe maligen Stipendiaten der Fachrichtungen Maschinenbau, Elektrotechnik und Phy sik fand vom 16. bis 18. Mai in der Po lytechnischen Hochschule Kiew statt. Neben Professor Berchem hielten die Professoren Pietsch (Aachen), Pobell (Bayreuth) und Wittenburg (Karlsruhe) Fachvorträge. Professor Schlögel (Kon stanz) sprach zu Veränderungen im deut schen Bild von der Sowjetunion. Jahresversammlung der DFG in Konstanz (DFG) Die deutsche Forschungsge meinschaft (DFG) hält ihre diesjährige Jahresversammlung vom 7. bis 10. Juli in Konstanz ab. In dieser Zeit tagen sämtli che Gremien der DFG: Präsidium, Senat, Kuratorium, Mitgliederversammlung und Hauptausschuß. Auf der Tagesordnung der jährlich stattfindenden Mitgliederversammlung steht vorrangig die Wahl des neuen DFG- Präsidenten. Der seit 1986 amtierende Präsident Professor Dr. Hubert Markl steht für die nächste Amtsperiode ab Ja nuar 1992 nicht mehr zur Verfügung. Tumusgemäß wählt die Mitgliederver sammlung außerdem ein Drittel der Se natoren neu. Zusätzlich sind nach der Sat zungsänderung vom Januar des Jahres sechs neue Plätze im Senat zu besetzen, die überwiegend von Wissenschaftlern aus den neuen Bundesländern eingenom men werden sollen. Außerdem hat die Mitgliederversammlung über die Auf nahmeanträge der Universitäten Olden burg, Halle-Wittenberg, Jena, der Berg ¬ akademie Freiberg und der Technischen Universität Dresden zu entscheiden. Im Rahmen der Festveranstaltung am Dienstag, dem 9. Juli 1991, im Konzils gebäude der Stadt Konstanz wird DFG- Präsident Professor Dr. Hubert Markl über die Arbeit der Forschungsgemein schaft im vergangenen Jahr berichten. Im Mittelpunkt des Berichts werden die Auswirkungen der ersten Monate ei ner gesamtdeutschen , Forschungsförde- rung aus einer Hand“ und die sprunghaft steigenden Antragszahlen in den alten wie den neuen Bundesländern stehen. Bundespräsident Dr. Richard von Weizsäcker, der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Erwin Teu fel, sowie der Präsident der Kultusmini sterkonferenz, Professor Dr. Manfred Er hardt, werden Grußworte sprechen. Den Festvortrag hält der Kölner Physiker Pro fessor Dr. Gisbert Winnewisser zum The ma „Unsere kosmische Vergangenheit und Zukunft“. Drei Triathlon-Trainer kommen aus Leipzig (UZ-Korr.) Die Deutsche Triathlon Union hat im Osten der Bundesrepublik drei Honorartrainer anstellen können, die sich um die Nachwuchsförderung und die Lei stungsgruppen kümmern sollen. Steffen Gottert, Hans-Jörg Lange und Hans-Jörg Braß kommen aus Leipzig und sind vorerst für ein Jahr zum Teil haupt- und zum Teil nebenberuflich im Triathlonsport tätig. Der große Wurf vom 3. Oktober.