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„Fast keine Chance für Einhei mische! Fast alles, was sich hier bei den Kinobesitzern und im Verleih tut, wird von den Ame rikanern diktiert,“ sagt Angelo Burri, der den ersten und bisher einzigen Schweizer Western pro duzierte und drehte. Doch nicht nur Burri hat einen schweren Stand im Filmgeschäft, obwohl sein englischsprachiger Film „The Wolfer“ (Der Wolfsjäger) nach der Uraufführung in Luzern von über 12 500 Zuschauern gesehen wurde. „Aus der Sicht der Schweizer Banken ist das ge samte Filmschaffen des Landes ein Außenseiter“, schreibt Heinz Niemann im „Magazin“ über die Schweizer Filmtage in Solothurn. Das gelte für Burri wie für Leute, die das Filmemachen erlernt ha ben, und sogar für Regisseure, die international bekannt geworden sind* wie Alain Tanner, Claude Gcrettea, Michel Soutter, Fredi Murer, Marlies Graf und andere. Zu eben dieser Kategorie zählt „Die Schweizermacher“, ein Film von Rolf Lyssy, der im IV. Quar tal in unsere Kinos kommt. Wer sich auf Grund des knap pen Kommentars „Eine schwei- zerische Filmkomödie mit Emil Steinberger“ in die Vorauffüh rung locken ließ und eine zwei stündige Komikernummer erwar tet hatte, sah sich enttäuscht. „Die Schweizer macher“ Schweizerische Filmkomödie mit Emil Steinberger Statt dessen war ein Film zu se- hen der voller Satire und Hinter sinn einen prallen und farbigen Einblick in das Leben und die Ge sellschaft der Eidgenossenschaft gibt. Lyssy erzählt von einem jungen Polizeianwärter, der mit seinem Vorgesetzten in der Ein bürgerungsbehörde die Aufgabe hat, Anträge von Ausländern auf die schweizerische Staatsbürger schaft zu überprüfen. Konkret te sten sie die Loyalität einer jugo slawischen Ballettänzerin, eines italienischen Arbeiters und eines westdeutschen Arztehepaares. In den Methoden und Inhalten die ser Überprüfung geißelt Lyssy subtil, aber schonungslos gesell schaftliche Normen und Vor urteile, die Gefahr laufen, in menschliche Abnormen umzu schlagen. Aber auch in den Schicksalen der drei Antragsteller werden Wertungen deutlich: Die Verurteilung des westlichen Ehe paares, das allmorgendlich im Garten hinter der Villa die rote Fahne mit dem weißen Kreuz un ter den Klängen der National hymne hißt, speichelleckerisch die Beamten umkriecht und den Chef gar zu bestechen versucht, was dieser aber in seiner Ein falt gar nicht bemerkt. Das stille Pathos des italienischen Arbei ters, der seiner politischen Über zeugung als aktiver Gewerkschaf ter treu bleibt und damit die Ab lehnung seines Antrages mit allen Konsequenzen riskiert. Die Un bekümmertheit der Ballerina, die, anfangs befremdet, später selbst sicher, sich ihrer moralischen Überlegenheit bewußt wird und auf die bigotte Eidgenossenschaft pfeift. Konfrontiert mit den Untersu chungsmethoden offenbaren sich drei Charaktere, die unterschied liche Standorte in der Gesell schaft deutlich machen. Der Weg des eigentlichen Film helden aber, des von Emil Stein berger dargestellten Polizeianwär ters, an die Seite der Ballerina soll sicher nicht Lyssys Alterna tive darstellen. Als optimistischer Ausklang, der. man möchte sa gen heiter-besinnlichen, Komö die ist Emils großer Schlußauftritt mit seinem ehemaligen Chef Bodt- mer m. E. zt verstehen. „Die Schweizermacher“, ein durchaus ernstzunehmender Film, bei dem einem das Lachen schon mal im Halse steckenbleiben konnte, hatte, wie mir eine Schweizer Kommilitonin erzählte, in ihrer Heimat großen Erfolg. Besonders die sozialkritischen, gewissermaßen schweizerisch selbstkritischen Aussagen trafen die Zustimmung vieler Eidgenos sen. Jens Sell ERFAHRUNGEN TIPS VORSTELLUNGEN FDJ Verbandswahlen Im letzten Studienjahr zeigen: Wir haben unser Wort gehalten Prolog: Die letzte FDJ-Wahl der Seminargruppe 77-05 der Sektion Geschichte war am 9. Oktober im Traditionskabinett der GO „August Bebel“. Daß diese „letzte“ zu einem Höhepunkt werden würde, war bei der Vorbereitung nicht so klar, aber der Verlauf der Wahl bewies doch, was eine mit den Jahren gefestigte kollektive Offenheit und gern ge sehene Gäste ausmachen. Die FDJ-Sekretärin: Drei gemein same Jahre bewältigten wir. Unsere FDJ-Wahl legt alle anstehenden Probleme auf den Tisch, und derer gab es nicht wenige. Der 1. Sekretär der SED-Kreisleitung, Genosse Wer ner Fuchs, und Georg Fehst, 1. Sekretär der FDJ-Kreisleitung, die zu unseren herzlich begrüßten Gästen gehörten, konnten sich da von überzeugen. An Offenheit fehlte es in unserer Gruppe selten, obwohl dem Auf decken von Unzulänglichkeiten äußerst unbequeme Tage der harten Diskussion und Wochen des Sichbe- weisens folgten. Günther Rudolph, GOL-Vertreter, sagte: „Ihr habt uns allen an der Sektion Geschichte ge zeigt, was die FDJ vermag, ihr seid in dieser Hinsicht Aktivisten und keineswegs Unbekannte.“ Auch wenn wir darüber schmunzelten, weil wir uns dieser „hohen Ehre“ gar nicht bewußt waren, so mußten wir doch zustimmen, da war etwas dran: Im Rechenschaftsbericht, in dem wir das 3. Studienjahr äußerst kritisch unter die Lupe nahmen, stand von unserem Diskussionsbei trag zur GOL-Wahl im vergangenen Jahr geschrieben, dem eine in vielen Gruppen geführte Diskussion, auch mit Wissenschaftlern, über das Wie der Geschichtsmethodik folgte. Dann waren da unsere literarisch-musi kalischen Abende, die das Kultur leben zumindest aus dem tiefen Schlaf erwachen ließen. Das sollen nur zwei Beispiele sein. Diese „Aktivisten“-Taten aber gehen meist nur von einigen Stu denten unserer Gruppe aus, und das ist unser Problem. Warum haben wir es bisher nicht geschafft, alles zu erreichen? Weshalb haben im mer noch manche „gerade etwas anderes zu tun“ ? Wo liegen die Ur sachen dafür? Genosse Fuchs fragte uns, und es traf durchaus unser Problem, wie wir eigentlich bei aller berechtigten Kritik z. B. an Lehrveranstaltungen. Die Lesesäle der Universitätsbibliothek bieten gute Möglichkeiten, um auch die Zeit zwischen Lehrveranstaltungen effektiv für das Selbststudium zu nutzten. Foto: Ch. Schneider selber versuchen, diese mitzugestal ten, und zwar alle. Und Genosse Fehst kam auf den Kampfauftrag „Das Beste zum X. Parteitag!“ zu sprechen: Ist das wirklich etwas Be sonderes, wenn wir uns zu 100pro- zentiger Teilnahme am Vorlesungs besuch in WK und zur Teilnahme am Parteilehrjahr, was bei uns an stelle des FDJ-Studienjahres läuft, verpflichten? Ist die termin- und qualitätsgerechte Abgabe der Di plomarbeit nicht genauso natürlich wie die Vorbereitung aller Semi nare? Daran entzündete sich eine Diskussion, die wir keineswegs als abgeschlossen betrachten können und die wir auch in andere Gruppen tragen möchten. Ein weiteres Problem, war die Eigenverantwortlichkeit fürs Stu dium. Der Ruf nach besserer Stu dienorganisation, der uns oft sehr schnell rausrutscht, übertönt nicht den Mißklang der Entschuldigungen für eigenen „Müßiggang“. Es ist Fakt, daß die beste Organisation mit Planung von Konsultationen, von fakultativen Vorlesungen und Stu dientagen nichts nutzen, wenn wir selber nicht mehr tun. Speziell für uns sieht der Studien plan zwei Studientage, d. h. ohne angesagte Lehrveranstaltungen vor, in der A-Woche sogar 3 Tage. Auf den 1. Blick wird jeder sagen, und das haben wir anfangs auch gesagt, „ihr habt es gut". Was das aber be deutet, diese sogenannten „freien Tage“ nicht als leere Tage ver streichen zu lassen, das wird mir jeden Morgen bewußt, wenn ich überlege, ob ich nicht noch ein Stündchen länger schlafe, oder ob ich am „freien Tag“ gleich früh, so als wäre Seminar, in die Bibliothek, ins Archiv oder an den eigenen Schreibtisch gehe. Die Vorteile der Studientage (die Hochschulkonferenz in Aktion) erlangen wir nur dann, wenn wir uns selbst beim Wort neh men. Und „unser Wort“ haben wir am Tage der Immatrikulation ge geben. Epilog: Nach zweieinhalb Stunden war die letzte Wahlversammlung der 77-05 vorüber, aber nicht vor über, sondern erst am Beginn ist die Arbeit zum und am letzten Studien jahr. Marion Landsberger i Unter dieser Überschrift meldete sich in der vergangenen Woche an die- ser Stelle Cornelia Wirth. 3. Studienjahr, Humanmedizin, zu W’ort und for- derte alle FDJler der KMU zur Diskussion. Im Gespräch sind all jene Probleme, die sich aus den Forderungen des Politbürobeschlusses vom 18. März 1980 und der V. Hochschulkonferenz ergeben, alle jene Fragen, denen wir uns in Vorbereitung des X. Parteitages der SED, in unserer „Par teitagsinitiative“ stellen. Im Gespräch ist all das, was im Studium den er forderlichen Leistungszuwachs fördert oder hemmt. Eigenverantwortung fürs Studium — wie halten wir's mit der Studienhaltung? Wie nutzen wir die Studiengruppen arbeit? Wie schaffen wir uns eine produktive Studien atmosphäre, sei es in der Seminargruppe oder im Wohn heim? Sozialistische Gemeinschaftsarbeit von Hochschullehrern und Studenten — müssen dazu seit langem eingefahrene Gleise übersprungen werden? Hochschulabschluß — ein Zeugnis für starkes fachliches und gesellschaftliches Engagement in jedem Fall? Veränderter Studienablauf, mehr Zeit für das selbständige wissenschaftliche Arbeiten, Ausbau der wahlobligatorischen Lehrveranstaltungen... - haben wir bei uns schon die Disziplin dafür? UZ erwartet in den nächsten Wochen, von Kollektiven aller FDJ-GO zu den aufgeworfenen Fragen und darüber hinaus zu interessanten Stand punkten, nachdenkenswerten Haltungen und lohnenswerten Erfahrungen eine lebhafte Meinungsäußerung. B. Krüger, Forschungsstudenten, Sektion TAS: Ist das FDJ-Leben nach dem Studium passe? Eines der auf der V. Hochschulkon ferenz und auch von Cornelia Wirth in der letzten Ausgabe der UZ an gesprochenen Probleme ist die För derung des wissenschaftlichen Nach wuchses, seine schnellere Entwick lung. Wir, Forschungsstudenten und junge Assistenten der Sektion TAS, sind bereit, mit unserer wissenschaft lich-produktiven Tätigkeit die be stehenden gesellschaftlichen Anfor derungen zu erfüllen. Doch für uns, die wir am Beginn eines neuen Ab schnittes stehen, hat sich einiges ver ändert. In einem neuen Kollektiv werden wir mit Problemen anderer Art als bisher konfrontiert. Das FDJ-Leben tritt häufig in den Hin tergrund. Doch schaden wir uns damit nicht selbst? Waren nicht oft Gruppen atmosphäre, der Austausch zu politi schen und fachlichen Fragen Im pulse für die Steigerung unserer Studienleistungen? Die Verantwor tung der FDJ darf sich nicht nur auf die Studenten beschränken, son dern die Heranbildung junger Nach wuchswissenschaftler muß immer mehr auch zur Sache unseres Ju gendverbandes werden. Deshalb begrüße ich es sehr, daß in Auswertung der V. Hochschul konferenz an unserer Grundorgani sation eine FD J-Gruppe Forschungs- studenten/Assistenten gebildet wird. Gibt dies uns doch die Möglichkeit, in die gesellschaftliche Arbeit je den Nachwuchswissenschaftler ein zubeziehen. uns gegenseitig in der Erfüllung unserer wissenschaftlichen Aufgaben anzuspornen und mit un seren Ideen und Initiativen an einem regen Verbandsleben teilzu nehmen. Wir wollen gemeinsame fachliche Probleme diskutieren, uns darüber austauschen, wie wir in un seren Kollektiven in die Forschungs arbeit integriert werden, wie wir betreut werden, wie jeder einzelne in seinem persönlichen Forschungs- plan steht. Jedem von uns ist klar, was schöpferisches Studieren bedeu tet, doch noch nicht jedem ist es gelungen, die effektivste Form der Arbeit zu finden. Dabei wollen wir einander unterstützen. Natürlich wird unsere FDJ-Gruppe auch Stätte der politischen Diskussion sein. Ne ben aktiver Mitarbeit in den AOL und der GOL werden die meisten von uns als Zirkelleiter im FDJ- Studienjahr tätig sein. Durch aktive und wirksame Arbeit unserer FDJ- Gruppe stellen wir uns den Aufga ben der „Parteitagsinitiative der FDJ“. hnafeiRechte hinter J0ülU vorgehaltener u Informativer Auftakt einer neuen Forenreihe zu Problemen des Studienalltags „Rechte der Studenten hinter vor gehaltener Hand?“ — unter diesem Titel lief kürzlich in der Moritz- bastei ein Forum der Arbeitsgruppe „Universität und Wissenschaft“. Den Fragen und Problemen auf dem Ge biet des Studentenrechts stellten sich Prof. Dr. Boenninger. Sektion Rechtswissenschaft der KMU, und Bernd Klemann, Jurist an der Tech nischen Hochschule Merseburg. Rechte — sind das einfach nur Forderungen, sollte der Student nicht zuerst an seine Pflichten den ken? Eine Frage, die zu Beginn des Forumsinden Raum gestellt wurde. „Rechte und Pflichten“; meinte Prof. Dr. Boenninger, „sollten in einem ausgewogenen Verhältnis zu einander stehen, müssen eine un trennbare Einheit bilden. Wie ist das nun konkret? Darf ich in der Messepause arbei ten? Wenn zwei Studenten verschie dener Sektionen heiraten, haben sie dann Anspruch auf ein gemeinsames Zimmer? Ist die Universität ver pflichtet, für die Kinder der Studen ten, besonders alleinstehender Müt ¬ ter, einen Krippen- bzw. Kindergar tenplatz zur Verfügung zu stellen? All das waren Probleme, die in der Diskussion aufgeworfen wurden. Der Interessenvertreter des Stu denten in allen Fragen ist die FDJ, antwortete hierauf Prof. Dr. Boen ninger. Leider sei das noch nicht jedem Studenten bewußt, und noch nicht jeder FDJ-Funktionär erfüllt immer seine Pflicht, für das Recht eines einzelnen oder seiner. Gruppe einzutreten. Zum Beispiel habe jede Gruppe das Recht, ein FDJ-Hei- tungsmitglied j als Beisitzer mit be ratender Stimme in eine mündliche Hauptprüfung zu delegieren. Die Erfahrung zeige, daß von diesem Recht nur • wenige Gebrauch machen. Längst nicht alle Fragen konnten an diesem Abend aüsdiskutiert wer den. Aber, dieses Forum war im neuen Studienjahr das erste einer Forenreihe zu Problemen des Stu dentenalltags.. Das nächste Forum wird am 13. November 1980 statt finden. Karin Werner, FDJJ-Redaktion Ein Künstler stellt sich vor: Ausstellung von Jürgen Haase wurde mit einem Kunstfest" eröffnet Jürgen Haase: Gedenkblatt für Otto Lilienthal, 1977, Aquarell, Silbertusche. Witz und Ironie, scheinbar kindlich naive Mittel — harmlos erscheinend und doch unausweichlich ehrlich — sind für Jürgen Haases Kunst kennzeichnend. In lupen feinen Bildstrukturen und labyrinthartigen Zeichenverstrickungen sucht er in sei ner Kunst die Zwiesprache, die Versöhnung von Gegensätzlichem. Für seine künstlerische Entwicklung waren und sind die Werke von Miro und Klee von ent scheidender Bedeutung. Die wie traumerfahrenen, duftig lockeren Formfindungen, die Eigenart, Humorvolles wie schwerwiegende menschliche Problematik mit einer Selbstverständlichkeit in der Kunst zu formulieren, sind für sein Anliegen zutref fend. Foto: T. Karsten In den Gewölben des Jugend- und Studentenzentrums Moritzbastei zeigt Jürgen Haase erstmals eine größere Auswahl seiner Arbeiten, stellt sich gewissermaßen mit seinem Werk vor. Anfang Oktober wurde diese Ausstellung mit einem spektakulären Kunstfest eröffnet. Nicht Ansprachen und die sonstigen Zeremonien einer Eröffnung, son- dern ein richtiges Fest mit rhyth mischer, zum Tanz einladender ka ribischer Musik, Kabarett und viel Ulk, drückten die gemeinsame Freude über die von nun an zu sehenden Kunstwerke aus. Seine typische Ausdrucksweise fand er vor etwa fünf Jahren. Nach dem anfänglichen Fabulieren mit gegenständlichen Formen entdeckte er die Magie von Symbolen und Zeichen, einer hieroglyphenartigen Bildwelt. Er sammelte diese und verarbeitete sie in seinen Werken. Später erfand er für sich Zeichen. Mich beeindruckt immer wieder die Treffsicherheit Haases Arbeiten. Die humorvolle Sicht auf kleine Dinge im Alltag, wie beispielsweise „Große Namen und Berufe“ oder andere Späße, wie die „Ungarische Luft- und Flottenschau“ erwecken Heiterkeit und übertragen echte Fröhlichkeit, vermögen hoffentlich manch ernstem Gesicht ein Lächeln abzuringen. Ebenso wirft er dringliche, ernst hafte Fragen nach unserem Dasein auf. bis hin zu existentiellen Pro blemen. Dies geschieht nicht mit Mitteln, die als erste Reaktion Schock und Entsetzen hervorrufen und so einem dringlichen Anliegen genügen sollen. Vielmehr wird der Betrachter leise, teils ironisch und naiv anmutend, unausweichlich da mit konfrontiert. Heidi Engelhardt