Volltext Seite (XML)
Ludwig van Beethoven schrieb in den Jahren 1809 und 1810 die Musik zu Goethes „Egmont“. Der Auftrag wurde ihm von der Direktion des Wiener Hoftheaters erteilt. Das Vor spiel zu „Egmont“ gehört zu Beethovens populärsten Schöpfungen. Beethoven selbst meinte in übergroßer Bescheidenheit: „Ich habe ihn bloß aus Liebe zum Dichter geschrieben!“ (Brief an Breitkopf und Härtel vom 21. August 1810.) Die Liebe zum Dichter und zu seinem dramatischen Werk ist aus jeder Note, aus jeder Zeile zu spüren. Leider wurde Beethovens Musik nach den ersten Auf führungen durch höfische Intrigen so gut wie totgeschwiegen, nur der Dichter E. Th. A. Hoffmann, der zugleich ein begabter Musikschriftsteller war, schrieb eine begeisterte, von echtem menschlichen Gefühl durchpulste Besprechung, in der es u. a. hieß: „Es ist wohl eine erfreuliche Erscheinung, zwei große Meister in einem herrlichen Werke verbunden und so jede Forderung des sinnigen Kenners auf das schönste erfüllt zu sehen. Beethoven hat bewiesen, daß er gewiß unter vielen Komponisten der war, welcher die zarte und zugleich kräftige Dichtung tief in seinem inneren auffaßte: Jeder Ton, den der Dichter anschlug, klang in seinem Gemüte, wie auf gleichgestimmter, mitvibrierender Saite wieder, und so bildete sich die Musik, die nun, wie ein aus strahlenden Tönen gewo benes, leuchtendes Band, das Ganze durchschlingt und verknüpft.“ Die gleichen Gedanken sprach Beethoven in konzentriertester Form in einem Brief an Goethe aus: „Wieder durch Sie gedacht, gefühlt und in Musik gegeben!“ Bei diesem Werk dürfen wir mit gutem Gewissen Worte des Dichters zur Er klärung und Charakteristik der einzelnen Teile und Themen heranziehen, denn Wort und Musik, Inhalt und Ausdruck sind hier nicht zu trennen. Schwere, lastende Akkorde schildern die Gewaltherrschaft des Unterdrückers Alba: Zimmermann: Bei ewiger Gefangenschaft ist verboten, von Staatssachen zu reden. Jetter: O unsere Freiheit! Zimmermann: Und hei Todesstrafe soll niemand die Handlungen der Regierung mißbilligen. Jetter: O unsere Köpfe! War mir’s doch gleich weh, wie der Herzog in die Stadt kam. Seit der Zeit ist mir’s, als wäre der Himmel mit einem schwarzen Flor überzogen und hing so tief herunter, daß man sich bücken müsse, um nicht dranzustoßen. Der Gedanke der Freiheit läßt sich nicht auf halten. Das Aufbegehren des Volkes, die Geißel der Unterdrückung, die Empörung der Geknechteten, all das klingt in der Musik auf und verdichtet sich zum Hauptthema.