Volltext Seite (XML)
306 V F e n Llleto » * (Fortsetzung.) Mit diesen Worten eilte er hinweg, nnd sprang rasch die Stufen der breiten Steintreppen hinan, welche zum ersten Stockwerke des Hauses führ ten. In diesem Stockwerke lagen die geräumigen und bequemen Wohngemä cher seines VatcrS. Nach fünf Minuten schon kehrte Adrian in das Comptoir zurück und reichte dem alten Buchhalter Huhgens einen Zettel hin, ans welchem mit kur zen Worten der Befehl stand, die von Adrian ausgestellten Wechsel einznlösen. „Hier die Entscheidung meines Vaters," sagte Adrian triumphirend. „Ich mußte wohl, daß er seinen Sohn und Erben nicht im Stiche lassen würde. H"ft Dil sonst noch etwas zu bemerken, Huhgens?" „Nichts!" erwiderte der Buchhalter. „Dein Vater ist der Herr, ich bin nur sein Diener." „Abgemacht also," rief Adrian übermüthig. „Aber noch eins, ehe ich gehe, — mein Vater wünscht Dich zu sprechen nnd erwartet Dich oben." Mit flüchtigem Grnße eilte Adrian hierauf davon. Der Buchhalter blickte ihm kopfschüttelnd nach. „Ich erlebe es noch," murmelte er vor sich hin, „daß Du in einer Dach kammer von Kartoffeln und Salz leben mußt, anstatt wie jetzt im Ueberfluß zu schwelgen!" Nachdem er noch einen mißbilligenden Blick anf den schriftlichen Befehl seines Principals geworfen hatte, verschloß er die umher liegenden Papiere in sein Pult und stand seufzend auf, um sich in das obere Stockwerk zu Herrn Ian van der Werft zu verfügen. „Bin doch neugierig, was der alte Herr mir noch mitzutheilen hat, nach dem er mir schon schriftlich seinen Willen kund gethan," brummte er, als er die breite, mit Teppiche» belegte Treppe hinauf stieg. lling Eröffnungen zugchen lassen. Auf Prüsidialautrag beschloß die Versammlung mit 9 gegen 6 Stimmen, wobei Luxemburg sich der Abstimmung enthielt, die Ab stimmung in nächster ordentlicher Sitzung, 6. April, vorzunehmcn. — Preu ßen verlangte Verweisung an den Ausschuß und'gab die Erklärung ab: eSbe- daure die in dem eben gefaßten Beschlusse enthaltene Uebcrstürzung, sowie den Mangel an Rücksicht auf die Ansprüche anderer BundcSfürstcn, munentlich des Großherzogs von Oldenburg und deö Königs von Preußen. Letztere, auf den FriedenSvcrtrag und ältere Rcchtstitel gegründet, würden alsbald znr Geltung gebracht werden. — Das Präsidium legte Protest ein Namens der Versamm lung gegen den Vorwurf ciuer Ucberstürzung. Königstein, 23. März. Heute früh gegen 1 Uhr brannte das Wohn haus deö Gutsbesitzers Fiissel in Schöna bis anf den Grnnd nieder. Leider hat der Handarbeiter Wenzel ans Danbitz in Böhmen in den Flammen den Tod gefunden. Derselbe mar vorher in trunkenem Zustande nach Halise ge kommen und hatte seil« Nachtlager in der Stube gesucht, auch dort Licht an- gezündet. Mehrere Angstrufe des vielleicht schon mit dem Tode ringenden W. schreckten Füsseln aus dem Schlafe. Diesem Umstande ist cS zu danken, daß sümmtliche Familienglieder (9 Personen) noch das nackte Leben retteten. « L, Deutschland. .. PktMfl, AU dem Abgeordnetenhause heute nichts Neues. — Ueber so splendide Gebnrtsfeicr des Königs meldet man ans Berlin: Der König nahm an seinem Geburtstage die Gratulationen her Präsidenten beider Häuser dcS Landtags entgegen; seine Erwiderungen waren ohne politische Be deutung lind beschränkten sich Grabow gegenüber auf die Bemerkung, er habe viele nnd schwere Regierungssorgcn, welche mit ihm zu tragen die Aufgabe des Landtags sei. Die Haltung der Bevölkerung an diesem Tage läßt über die Stimmung derselben keinen Zweifel übrig; die übliche Illumination ist noch in keinem Jahre so klüglich ansgefallen. Es waren anßer den großen Gast höfen nur die Hoflieferanten nnd fremden Gesandtschaften, welche ihre Fenster erhebt hatten. (Und wir fragen: Warum diese Erscheinungen? Doch wohl, weil das preußische Volk deutlich fühlt: Wir sind nicht glücklich, cS ist bei uns nicht so, wie es sein sollte rc. rc.) — Eine andcrmeite höchst bcachtenS- wcrthe Nachricht ans Berlin ist folgende: Die Fortschrittspartei hat drei Frac- tionSbernthungen über die Herzogthümerfrage gehalten. Ungefähr vierzig Stim men erklärten sich für die Annexion. Es wurde beschlossen, die Frage »richt im Plenum anzuregen. Zur Fortschritttspartei zählen 138 Abgeordnete. (WaS folgt daraus? Die Annexion findet selbst unter den denkenden Männern Preu- ßcns bei weitem de»» Anklang nicht, Ivie ihn ein v. Bismarck erwartet haben wird. Und wir meinen mit Recht, denn Gerechtigkeit erhöhet ein Volk, nnd: Recht muß doch Recht bleiben!) Berlin, 27. März. Wegen des gestern mitgetheiltcn, in Frankfurt be absichtigten Antrages Baierns und SachscuS hat, wie versichert wird, ein di plomatischer GedankcnanStansch zwischen Prenßen nnd Oesterreich Statt ge sunden. Oesterreich habe, wie es heißt, der preußischen Regierung von dem baicrisch-sächfischen Anträge Kenntniß gegeben und auf seine früheren Wünsche wegen möglichst schleuniger Erledigung der Angelegenheit hingewiescn. Preu ßen habe in seiner Erwiederung erörtert, daß die bundcSrechtliche Lage der Sache zu einem solchen Aussprüche keineswegs angcthan sei. Berlin, den 26. März. Im Laufe des gestrigen Vormittags schon sind die ineisten Mitglieder des SechSnnddreißiger-Ausschusscs hier eingetrof- fcn. Die Frage, welche sich der Ausschuß beantworten will, ist: „Soll die deutsch-nationale Partei in der schleswig-holsteinischen Frage das imDecculber 1863 ausgestellte Programm festhaltcn, oder nnd wie weit muß sie es ab- ändcrn?" Schleswig - Holstein. Kiel, 24. März. Die ganze Stadt prangt heute im Flaggenschmuck zur Erinnerung an die erste schleSwig-holstcinsche Erhebung im Jahr 1848. Abends fand eine große Erinnerungsfeier in den großen Räumen des Kolos seums statt, die von einer dichtgedrängten Menge von mehr als 2000 Män nern nnd Frauen ungefüllt waren. Noch nie hat Kiel eine so große Versamm lung gesehen. Die Festrede hielt Subrector Jansen; hicranf folgten Gesang vortrüge. Am Schlüsse wurde ein Hoch auf Schleswig-Holstein und Herzog Friedrich auSgcbracht. Frankreich. Auch die Opposition im Gesetzgebende»! Körper (entspricht unseren II. Kammern) füngt an entschiedener und rücksichtsloser aufzntrcten gegen die Regierung. Freilich zühlt die Opposition bis jetzt nur wenige Köpfe, allein cS sind auch sehr offene nnd tüchtige Köpfe. Und können sie anch nichts durchsetzen, eben weil sie stets in einer winzigen Minoritüt dastehen, so schlendern sie doch geistige Fencrbrände in das Land. An Zündstoff fehlt es aber in Frankreich bekanntlich nicht. Italien. Turin, 23. Mürz. Der Abgeordnete Massari interpellirte in der heu tigen Sitzung die Ncgicrnng bezüglich der Gerückte iiber ein geheimes Proto koll zmn September-Verträge. (Bcrgl. gcstr. Nr.) Minister-Präsident General Lamarrnora: „Ich weiß wahrlich nicht, ob »nein Erstaunen oder mein Schmerz größer war, als ich sah, daß in den letzten Tagen die Gerüchte verbreitet wurden, anf welche der Herr Interpellant hin- deutet, und daß Jonrnale, die einen aus Leichtsinn, die andern aus Parteigeist und wieder andere endlich, um unseren nationalen Interessen zu schaden, sie wiederholten. Viel schmerzlicher ist es für mich, die Beispiele nnd die Argu mente wahrzunchmen, womit man diesen Gerüchten Glauben zu verschaffen suchte, Beispiele, die mit dem fraglichen Gegenstände gar nichts zu thun haben und Allen und Jedcin zur Schmach gereichen. Mit Einem Worte könnte ich die Kammer bernhigcn, ja sogar mit meinem Kopfe dafür bürgen, wenn dieser nach dein Votum »iber die Abschaffung der Todesstrafe noch einigen Werth haben kann (allgemeine Heiterkeit), aber ich stehe, dafür ein mit etwas, das mir theurer als »nein Kopf ist, ich stehe dafür mit meiner Ehre, mit meinem Rufe, daß durchaus kein Geheirnvcrtrag vorhanden ist, daß durchaus nichts vor- licgt, daß anch nicht im geringsten an etwas gedacht war, was mit diesem an geblichen Geheimvertrage in Beziehung steht. Ich sage noch mehr: Ich glaube und bin überzeugt, daß es Niernauden gab und es Niemanden geben wird, der eine ähnliche Frage anregen konnte." Königreich Sachsen. Dresden, 27. März. Das „Dr. I." enthält ein Frankfurter Telegramm folgenden Inhalts: Heute hat eine außerordentliche BundcstagSsitzung stattgc- funden. Die Regierungen von Bayern und Sachsen, indem sie hervorhebcn, daß Oesterreich und Preußen im Verein mit dem Blinde den Augustenburger auf der europäischen Conferenz zu London als Bestberechtigten proklamirt, daß eine unzertrennliche Verbindung Holsteins mit Schleswig keiner Anfechtung mehr unterliegen könne, daß den Mitprätendenten das Beschreiten eines Au- strägaloerfahrenS offen stehe, stellen folgenden Antrag: „hohe Bundesversamm lung wolle unter Vorbehalt weiterer Beschlußfassung die vertrauensvolle Erwar- tung auSfprechrn, es werbe den Regierungen Oesterreichs und Preußens gefal len, dem Erbprinzen von Augustenburg va» Herzvgchum Holstein in Agene Verwaltung nunmehr zu Übergeben, bezüglich der wegen beS Herzvgtbum« Lauenburg unter ihnen getroffenen Vereinbarungen aber der BundeSverfamm- Jm Wohnzimmer. Der Buchhalter traf seine», Principal allein. Der alte Herr, trotz der Sommerwärmc in einen weiten Pelz eingehüllt, saß auf einem Lehnstuhle am Fenster und blickte, in tiefes Nachdenken versunken, auf das bunte Wogen und Treiben der Menschen am Alster-Bassin hinunter. Als der Buchhalter ihn näher trat, hellte sich seine etwas düstere Miene anf, und er strckete mit einem wohlwollenden Lächeln den, langjährigen treuen Diener die Hand entgegen, welche Huhgens ergriff nnd mit warmer, herzlicher Dankbarkeit drückte. „Setzen Sie sich, Freund," sagte der schon siebcnzigjährige alte Herr, — „hierher, mir gegenüber, — ich habe Manches mit Ihnen zu bespreche»» und zu verabreden." Huhgens nahm den ihin bezeichneten Stuhl seinem Principal gegenüber ein nnd blickte ihn erwartungsvoll an. „Ich höre van der Werft," sagte er. „Adrian war, wie Sie wissen, so eben bei mir," fuhr Herr van der Werft fort. „Er drang in mich, Ihnen schriftlich die Anweisung zu erthei- len, seine Wechsclschulden zu bezahlen. Ich habe seinen Bitten nachgegeben, nm eine»» letzten Versuch zu machen, meinen Sohn an Ordnung und Spar samkeit zu gewöhnen." „Das Mittel scheint mir nicht besonders gilt gewählt zu sein," sprach der Buchhalter, als sein Principal in seiner Rede eine Pause machte. „Wenn Sie immer nnd immer wieder die Schulden des Herr» decken wollen, so wird er schwerlich sich selber die Schranke seiner Verschwendung setzen." Der alte Herr nickte. „Ganz recht, — aber hören sie mich weiter," fuhr er fort. „Ich habe meinem Sohne erklärt, daß Sie in Ankunft, sowie hcute, nur dann für ihn Zahlung leisten würden, wenn er Ihnen, so wie heute, die schriftliche Anwei sung dam von meiner Hand bringt. Sie verstehen Huhgens daß ich auf diese Weise die persönliche Controlc über Adrians Ausgaben übernehme." „Ich verstehe das, und finde die neue Einrichtung vortrefflich, wenigstens so weit sic mich anbctrifft, indem ich künftig durch ihre schriftliche» Befehle jeder Verantwortlichkeit überhoben bin", sprach der Buchhalter. „Trotzdem sehe ich aber keinen weiteren Nutzen davon. Wem» sie nicht schärfere Maßregeln gegen Adrian ergreifen; »vird er sich vermuthlich in keiner Weise bessern. Frü her gaben sie mir mündlich Ihre Befehle, jetzt wollen Sie eS schriftlich thun. Ich sehe da keine schärfere Controle und überhaupt keinen sonderlichen Unter- trrfchied gegen früher."