Volltext Seite (XML)
2. Fadhlagung Arbeitsproduktivität und Qualität im Textilmaschinenbau In der heutigen Ausgabe der HOCHSCHULNACHRICHTEN be richten wir nochmals über die 2. Fachtagung der III. Fakultät. Dipl.-Ing. Schwager, VEB Spindel- und Spinnflügel fabrik, Neudorf: „Steigerung der Arbeitsproduk tivität und Senkung des Material einsatzes durch Kaltfließpressen von Spindelunterteilen.“ Der Vortrag zeigte die Proble matik einer verfahrensgerechten Konstruktion, die den Konstruk teur zwingt, sich mit den ver fahrenstechnischen Belangen der Umformtechnik vertraut zu machen. Aus der Situation heraus, daß auf dem Weltmarkt plötzlich qualitativ hochwertigere und bil ligere Spindelunterteile angeboten wurden, erwuchs die Aufgabe, durch ein produktiveres Ferti- gungsverfahren bei Verwendung von Material minderer Qualität den gleichen Stand zu erreichen. Durch Verwendung von Armco- Eisen M 2 Al — bisher CC—18 — und fertigungsgerechter Umkon struktion konnten die Spindel unterteile nach dem Kaltfließ preßverfahren hergestellt werden. Die Festlegung der Operations folge und der Aufbau der Werk zeuge wurden an Hand von Licht bildern erläutert. Besondere Be tonung fand die Vor- und Zwi schenbehandlung der Rohlinge. Der .Wirtschaftlichkeitsvergleich gegenüber aus CC—18 spanend ge fertigten Spindelunterteilen der Type 4—34 ergab bei wesentlicher Erhöhung der Qualität und einer jährlichen Produktion von 200 000 Stück eine Gesamteinsparung von: Material 132 t GG. Grundlohn + Grundmaterial 150 000,- DM Das Referat schloß mit der Bitte an den Werkzeugmaschinenbau, doch endlich mit dem Bau von Kaltfließpreßmaschinen zu begin nen, damit dieses Verfahren für die sich ergebenden: zahlreichen Möglichkeiten eingesetzt werden kann. Herr Ingenieur Schädlich, Institut für Wälzlager, machte die An wesenden auf eine sich in Ent wicklung befindliche Kniehebel presse aufmerksam. Im weiteren betonte er die Möglichkeit der Einhaltung von Toleranzen der Größe JT6 durch'Kaltfließpressen. Letzteres erweiterte Herr Prof. Dr.-Ing. Kühne insofern, daß die einhaltbaren Toleranzen in Ab hängigkeit von den Standzeiten der Werkzeuge zu sehen sind. Dr.-Ing. Richter, Hochschule für Maschinenbau, Karl-Marx-Stadt „Keramische Werkstoffe für Textilmaschinen“ Die Qualität und Rentabilität mo derner Textilmaschinen sind ins besondere von der Werkstoffart und -Qualität der Verschleißteile abhängig. Hierbei liegen extrem hohe Beanspruchungen besonders bei Fadenleitelementen im Be reich der Herstellung und Verar beitung synthetischer Fasern vor. Es zeigte sich, daß gegenwärtig Fadenleitelemente aus, Sinterton erde (Sinterrubin) besonders gün stige Eigenschaften aufweisen. Während bei der Herstellung von Dederon Fadenleitelemente aus Porzellan wöchentlich ausge wechselt werden mußten, beträgt die Standzeit von solchen aus Sintertonerde mehrere Wochen. Durch Beimischen von Paraffinen bzw. Kunststoffgemischen zu Sintertonerde ist es gelungen, bei einer Produktionssteigerung von 700% die Fadenleiteelemente auf Spritzpreßmaschinen zu er zeugen. Das neue Herstellungsver fahren macht es erforderlich, neue funktionssichere Formen zu ent wickeln und zu standardisieren. Herr Bahn, Keramische Werke, Neuhaus, erwähnte eine Neuent wicklung von Sinterkorund, von der man noch günstigere Eigenschaften als bei der Verwendung von Sin terrubin erwartet. Dipl.-Ing. K a n t a , Hochschule für Maschinenbau, Karl-Marx-Stadt: „Zur austauschbaren Fertigung von Textilmaschinen“. An Hand von einprägsamen Bei spielen aus dem Textilmaschinen bau wurde die Notwendigkeit der unmittelbaren Einheit zwischen Konstruktion und Technologie de monstriert. Diese Beispiele zeigten gleichzeitig, daß in manchen Be- .reichen der Betriebe noch keine austauschbare Fertigung vorhan den ist bzw. daß die Praxis auf die sem Gebiet mit der Anwendung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht Schritt hält. Die Maßnahmen: 1. Austauschgerechte Gestaltung der Werkstücke, 2. Tolerierung der funktionswich tigen meßbaren Eigenschaften, 3. Kontrolle der tolerierten Eigen schaften, wurden hierbei als Grundlage zur Durchsetzung einer austauschbaren Fertigung dargelegt. Die Ausfüh rungen zeigten, welch große Mög lichkeiten zur Steigerung der Ar beitsproduktivität und gleichzeitig der Qualität gerade auf diesem Ge biet dem Textilmaschinenbau noch gegeben sind. Dr.-Ing. Trumpold, Hochschule für Maschinenbau, Karl-Marx-Stadt: „Probleme der Oberflächengüte im Textilmaschinenbau“. Die Leistungssteigerung bei Tex tilmaschinen bedingt meist eine Erhöhung der Geschwindigkeiten sich bewegender Teile, an deren Funktionsflächen in bezug auf Oberflächengüte besondere Anfor derungen gestellt werden müssen. Die Festlegungen zur meßtechni schen Erfassung der Oberflächen güte und ihre Angabe in Zeichnun gen wurden an Hand der Norm blätter DIN 3141-42 und DIN 4760—63 erläutert und verschiedene Prüfverfahren zur Erfassung der Oberflächengestalt mit Hinweisen auf die Vergleichbarkeit der Er gebnisse erklärt. Beispiele aus dem Textilmaschinen bau zeigten, wie sich eine ungenü gende Oberflächengüte auf die Funktion der Werkstücke auswirkt und damit die Qualität der Ma schinen entscheidend beeinflussen kann. Die Bestrebungen der Abteilungen Gütekontrolle bzw. Standardisie rung im VEB Spinn- und Zwir nereimaschinenbau und dem VEB Wirkmaschinenbau, werkeigene Vorschriften und Normale zu schaffen, um die dem Funktions verhalten entsprechend verlangte Oberflächengüte von Werkstücken gewährleisten zu können, stellen nachahmenswerte Beispiele dar, bedürfen aber der Unterstützung aller Abteilungen im Betrieb. Dipl.-Wi.-Math. Becker, Insti tut für Textilmaschinen, Karl- Marx-Stadt: „Statistische Qualitätskontrolle im Textilmaschinenbau“ Der Referent erklärte eingangs die grundsätzlichen Verfahren der SQK: 1. Qualitätssteuerung in der Pro- ■ duktion durch Führen von Kon trollkarten. 2. Qualitätsbeurteilung bei Ein gangs-, Zwischen- und Endkon trolle durch Anwendung von' Stichprobenplänen. Am Beispiel der Wirtelfertigung auf Vierspindeldrehautomaten im VEB Spindelfabrik Hartha wurde bewiesen, wie durch Führen von Kontrollkarten die Qualität be herrscht und gesteuert werden kann. Im VEB Nähmaschinenwerk Unser Bild zeigt eine Kettenwirkmaschine im Instiut für Getriebetechnik. Sie! ist auf Grund ihrer offenen und übersichtlichen Bauweise gut für Lehr zwecke geeignet. Im Rahmen des Getriebetechnischen Praktikums führen die Studenten der konstruktiven Fachrichtungen an dieser Maschine umfangreiche Messungen und Versuche durch. So werden unter anderem neben der schematischen Darstellung der Getriebe die Bewegungsverhältnisse der einzelnen Arbeits organe in Abhängigkeit vom Antriebswinkel ermittelt. Weiterhin sind die in der Maschine vorhandenen Getriebe zu untersuchen, ob sie in konstruk tiver Hinsicht bereits optimale Lösungen darstellen. Außerdem ist das An triebsdrehmoment der Maschine in Abhängigkeit von der Drehzahl zu be stimmen. Das geschieht einmal mittels eines Pendelmotors und zum anderen durch eine in den Leistungsfluß eingebaute Drehmomentmeßnabe. Dadurch ist es möglich, den Verlauf des Drehmomentes über ein Arbeitsspiel auf zunehmen und daraus den Anteil der einzelnen Arbeitsorgane am Gesamt leistungsverbrauch zu bestimmen. Alle im Verlauf des Getriebetechnischen Praktikums durchzuführenden Veirsuche und Messungen sind so aufgebaut, daß die Studenten neben den prinzipiellen Verfahren auch mit dem Einsatz modernster Meßnüttel und Geräte vertraut werden. Dresden wendet man, nachdem man zur Erzielung optimalen volks wirtschaftlichen Nutzens mit dem späteren Verbraucher Vereinba rungen getroffen hatte, den sog. „Zwinger-Doppelstichprobenplan“ bei der Qualitätsbeurteilung mit Erfolg an. Besonders betont wurde, daß bis her außer einigen Wissenschaftlern und Mitarbeitern der Gütekon trollen kaum jemand Anstrengun gen unternimmt, der SQK bei der Qualitätsbewertung zum Durchbruch zu verhelfen. Daher wurde besonders auf die Verord nung über die technische Kontroll organisation vom 8. 9. 1960 Gesetz blatt 55 hingewiesen, in der die Notwendigkeit einer Einführung der SQK unterstrichen wurde. Einen umfangreichen Diskussions beitrag im Zusammenhang mit dem Referat von Herrn Dipl.-Ing. Rümmler lieferte Herr Dipl.-Ing. Podbielski mit dem Thema: „Die Einführung der Mitrofanow-Me- thode auf Einspindeldrehautoma ten DAR 18 und DAR 36 im VEB Berliner Werkzeugmaschinen fabrik“. Im Ergebnis einer allumfassenden Betriebsanalyse bei Aufstellung des Rekonstruktionsplanes wurde das Spitzendrehen, für das ein Eng paß an Arbeitskräften besteht, als Hauptbearbeitungsverfahren an erkannt. Die Anwendung der Mi- trofanow-Methode ergab die Mög lichkeit, einen großen Teil der Fer tigung auf Einspindeldrehautoma ten bei Verwendung einer geringen Zahl von Standardsteuerkurven sätzen umzulegen, was eine Ein sparung von 85% der bisherigen Fertigungszeit zur Folge hatte. Durch wohlüberlegtes Vorgehen Sortieren der Werkstückzeichnun gen nach ähnlichen Teilen sowie Zusammenstellen von Bearbei tungsgruppen nach einer von den Berliner WMW-Betrieben aufge- stellten Systematik unter Verwen dung der Dezimalklassifikation, wurde die Vorarbeit für eine Loch kartenregistrierung im Hinblick auf eine mögliche zentrale Ferti gung der Werkzeugmaschinenindu strie geleistet. EVARISTE GALOIS wurde am 25. Oktober 1811 in Bourg-la-Reine bei Paris geboren. Die 101 Kanonen schüsse, die der ängstlich warten den Stadt Paris und der Welt die Geburt des Königs von Rom, des Sohnes des Kaisers Napoleon, ver kündeten, dröhnten in die Ge burtsstunde des Evariste Galois. Alexander Dumas sagte von ihm: „Evariste Galois war einer der glühendsten Republikaner.“ Evariste Galois (1811-1832) Diese Worte sind bezeichnend für das Leben von Galois. Er hatte sich im Verlauf seines kurzen Le bens zwei Dingen verschrieben, der Republik und der Mathe matik. Seine glühende Liebe zur Republik war offenbar auch der Grund für seine Ermordung in einem Duell. Durch eine hinter hältige Provokation, vermutlich angezettelt durch die politische Polizei, wurde Galois in ein Duell verwickelt und ermordet. Es war eine beliebte Methode der reak tionären Regierungen jener Zeit, auf diese Art und Weise für sie lästige, aber zu bekannte Persön lichkeiten zu beseitigen. 5 Jahre später schon wurde diese Methode im zaristischen Rußland ange wendet, um Puschkin in einem „Duell“ zu töten. D ie große Liebe zur Republik war eine der Ursachen, daß Galois während seines Lebens wenig An erkennung fand. In einer Einlei tung zu zwei Arbeiten über reine Analysis schrieb Galois voll Bitter keit und Ironie eine scharfe An klage gegen eine wissenschaftliche Hierarchie, die Überheblichkeit und Arroganz vor Menschlichkeit stellte. Als Galois starb, kannte man ihn nur als begeisterten Republikaner, der Frankreich liebte, der die Freiheit liebte, der die Tyrannei bekämpfte und haßte. Der Mathematiker von heute, dem idie Begriffe „Galoissche Gruppe“, „Galoissches Feld“ und „Galoissche Theorie“ geläufig sind, kennt ihn als einen der größten Mathematiker aller Zeiten. Gr alois begründete durch Ein führung der Substitutionslehre eine neue Theorie der alge braischen Gleichungen (Galoissche Theorie), in der er zeigte, daß zu jeder gegebenen Gleichung eine Substitutionsgruppe gehört, aus der hervdrgeht, ob und auf welche einfacheren Gleichungen' die ge gebene Gleichung zurückführbar ist. Das Wesentlichste seiner mathematischen Anschauungen ist in einem Brief enthalten, welchen er am Vorabend seines Todes schrieb. Der „lettre ä mr. Auguste Chevalier“ wurde zum Vermächt nis Galois. G alois starb in einer Zeit hef tiger politischer Auseinander setzungen. D ie Republikaner, verschwo rene Feinde des Bürgerkönigtums, planten einen bewaffneten Auf stand. Galois Begräbnis sollte das Zeichen zum Losschlagen werden. Doch der Tod des populären Gene rals Lamarque warf diesen Plan über den Haufen. Die Beerdigung Lamarques wurde zum Ausgang von Barrikadenkämpfen, die fast grö ßere Ausmaße annahmen, als die vom Juli 1830, nur daß sie von der Regierung völlig im Blut erstickt wurden. Das Volk kämpfte und starb für die Freiheit. Galois konnte diesen Tag nicht mehr er leben, er konnte nicht mehr unter denen sein, die ihr Leben auf den Barrikaden von Saint-Mery opfer ten. Am 2. Juni 1832 trugen die Freunde Galois seinen Leichnam zu Grabe. 2000 bis 3000 Republi kaner folgten seinem Sarg. Er wurde auf einer öffentlichen Be gräbnisstätte beerdigt und es ist heute keine Spur mehr von seinem Grab zu finden. M an schrieb den 13. Juni 1909 als in Bourg-la-Reine eine Feier abgehalten wurde, bei der man an einem ärmlichen Hause eine Pla kette enthüllte, auf der in ein fachen Worten geschrieben stand, daß dies Galois Geburtshaus war. 77 Jahre mußten vergehen, bevor französische Mathematiker und Akademiemitglieder dem Genie Galois ihre Huldigung dar brachten. Während der dazwi- schenliegenden Jahre kämpfte Frankreich Kriege und Revo lutionen aus, überwand es sein Königtum, seine zweite Republik, sein zweites Kaiserreich und er- lebete die Pariser Kommune. In diesen Jahren wurden Galois mathematische Entdeckungen ge druckt, diskutiert und gelehrt. Sie bestimmten die Entwicklung der modernen Mathematik. Die Zeit hat viele damals berühmte Namen ausgelöscht, aber das Andenken an Galois hat im Laufe der Jahre in der Geschichte der Mathematik immer stärkere Wurzeln geschla gen. Dort wird es für alle Zeiten leben. HOCHSCHULNACHRICHTEN Mitteilungsblatt des Rektors der Hoch schule für Maschinenbau K.-M.-Stadt Das Redaktionskollegium Karl-Marx-Stadt C 1 Straße der Nationen 62 Sammelnummer: 42031, Hausapp.: 378 Verlag: Selbstverlag der Hochschule Redaktionsschluß: am 2. und 18. d. Mts. Erscheint 14tägig Satz und Drude: Druckerei „Freund schaft“, Werdau/Sa. KG 15-3-61 1061 2500