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Joseph Suk: Komponist, Virtuose, Geiger Das Jahr 1954 war das „Jahr der tschechischen Musik“. Nicht weniger als acht Komponisten waren die Hauptjubilare: Dvorak, Janäcek, Smetana, Foerster, Nowak, Nedbal, Ostrocil und Suk. 20 Jahre sind vergangen, seitdem uns die Nachricht erreichte, daß Joseph Suk in Beneschau bei Prag einem Herzschlag erlegen war. Suk gehörte zu den letzten Schülern Anton Dvoraks, und das Vorbild seines großen Lehrers ist auch in den meisten Werken Joseph Suks zu spüren. Doch war Suk kein einseitiger Dvorak- Epigone, denn neben der Kraft der tschechischen Volksmusik ließ sich Suk auch stärkstens vom musikalischem Impressionismus beeinflussen. Das alles vereinigt sich bei Suk zu einem Klang persönlicher Eigenart. Von seinen Werken sind Sinfonien und sinfonische Dichtungen am bekanntesten geworden. Neben der Streicher-Serenade erklingt auch heute noch seine große E-Dur-Sinfonie sehr häufig, und in seiner Heimat erfreuen sich die sinfonischen Dichtungen „Asrael“, „Epilog“, „Sommermärchen“, „Praga“ und „Lebensreife“ größter Beliebtheit. Für die Bühne schrieb Suk zwei Bühnenmusiken zu den Stücken des tschechischen Dramatikers Zeyer („Unter dem Apfelbaum“ und „Raduz und Mahulena“). Groß ist die Zahl der Werke für Kammermusik, Klavier, Lied und Chor. Über die musikalische Eigenart der Sukschen Werke schrieb der tschechische Musikschriftsteller Dobroslaw Orel (1870—1942) zusammenfassend: „Suk verbleibt in der Breite der Melodik und in den lyrischen Passagen nahe an Dvorak und will im Anschluß an Beethoven, Brahms und Dvorak zeigen, daß er geborener Polyphoniker ist — daraus entstehen überraschende harmonische Folgen, weich und verträumt klingend. Und eben durch diese erträumte Welt von weicher süßer Schönheit unterscheidet sich der Meister von Dvoraks sprudelnder Realität.“ Suk war nicht nur Komponist, auch als ausübender Künstler und Musikpädagoge wurde er weit über die Grenzen seiner Heimat hinaus bekannt. Er war einer der Mitbegründer des in aller Welt gefeierten Streichquartettes der „Böhmen“. In dieser erlesenen Kammermusikvereinigung spielte er an die 40 Jahre lang die zweite Geige. Er war Schüler des deutschen Violinvirtuosen Bennewitz. Suks Geigenspiel wurde im „wahren Sinne“ als „sprechend“ bezeichnet, man rühmte vor allem die ideale Tongestaltung und den Vortrag der zweiten Geige im Zusammen klang mit dem Primgeiger. Suk wurde des öfteren mit dem tschechoslowakischen Staatspreis ausgezeichnet, ihm wurde der Grad eines Ehrendoktors der Philosophie verliehen, als Rektor und Meisterlehrer der Komposition am Tschechischen Staatskonservatorium Prag schuf er sich einen geachteten Namen. Der bekannte Dvorak-Biograf Otokar Sourek berichtet in seiner kleinen Broschüre „Joseph Suk“ (Orbis-Verlag, Praha 1954) über die letzten Tage des tschechischen Meisters. Wir lesen dort: „Suk war noch während seines letzten Lebensjahres Rektor und verschied am Abend des Tages, an dem er in Prag den Konservatoriumsprüfungen vorsaß. Er starb am 29. Mai 1935 in Benesov, wo er sich während der letzten Jahre niedergelassen hatte, um eine gute Verbin dung mit seiner tagtäglichen Pflicht in Prag zu haben und um seinem Geburtsorte nahe zu sein, in den es ihn immer mehr und mehr zog. In seiner Geburtsgemeinde fand er auch seine letzte Ruhestätte.“ G. S.