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1. Robert Schumann: Sinfonie in B-Dur. Zu dieser ersten und frischesten sinfonischen Schöpfung Schumanns hat ein Gedicht von Adolf Böttger mit der Verszeile „Im Tale geht der Frühling auf“ die Anregung gegeben. Nach einer etwas feierlichen versonnenen Einleitung jubeln in dem frisch und fröhlich hinströmenden ersten Satz alle Lenzeswonnen auf, nur ganz vorübergehend durch leichte Schatten getrübt. Das gesangreiche Larghetto ist eine ahnungsvolle Träumerei im Wunderdome der Natur. Das Scherzo beginnt zuerst etwas unwirsch, wird aber bald liebenswürdiger; sein erstes Trio ist ein fantastisches Klang- gewoge, sein zweites fegt in naiver Freudigkeit vorüber. Das Finale, ursprünglich „Frühlingsabschied“ genannt, greift auf die Stimmungen des ersten Satzes zurück, sie durch Züge eines heiteren kräftigen Humors würzend. 2. Johannes Brahms: Violinkonzert. Brahms hat dieses 1878 veröffentlichte Werk für Joseph Joachim komponiert. Es trägt nicht virtuosen, sondern streng sinfonischen Charakter. Der erste Satz schlägt mit dem durch Hörnerklang gestützten Haupt thema eine pastorale Stimmung an. Trotz sehnsuchtsvoller und energischer Seitengedanken erhält sich der behagliche Grundton, der durch ein besonders eindringlich hervortretendes anmutiges Gesangsthema empfindsam schattiert wird. Das an zweiter Steile folgende Adagio ist voll keuscher Innigkeit. Die Oboe stellt das Hauptthema mit charakteristischem Klang hin, die Solo violine führt es variierend aus. Der Schlußsatz ist ein kräftig rhythmisiertes Rondo, dessen schwungvolle, kunstreich entwickelte Melodien an ungarische Volksweisen anklingen. 3. Franz Liszt: „Les Preluöes“. Sinfonische Dichtung. Den Titel zu diesem Werke, das 1854 in Weimar die Uraufführung erlebte, hat der Meister nach einem Ausspruch des französischen Dichter philosophen Lamartine gewählt, der das Leben des Menschen „als eine Reihe von Präludien zu jenem unbekannten Gesang, dessen erste und feierliche Note der Tod anstimmt“, bezeichnet. Ein künst lerisches Abbild solcher „Präludien“, d. h. also typischer Momente aus dem Menschendasein zu geben, ist das Ziel des Werkes, dessen einzelne Ab schnitte vom Tondichter mit genauen programmatischen Deutungen versehen sind. An der Spitze steht eine mystisch feierliche Einleitung, der neben einem unisonen Streicherthema besonders die schwebenden Holz bläserakkorde etwas Erdentrücktes geben. Mehr und mehr ringen sich aber kraftvolle Elemente durch, und mit einem beginnenden Andante maestoso erscheint im Vollglanz des Orchesters ein mannhaftes, von schillernden Geigenfiguren umflutetes Posaunenthema: Der Held, der in’s Leben tritt. Nach kurzer klangprächtiger Entwicklung sänftigt sich der Ausdruck: „Die Liebe ist das leuchtende Frührot jedes Herzens“ kündet das Programm, und so entfaltet sich nun eine in zarten, ungemein ohrenfälligen Melodien schwelgende musikalische Liebesszene, die aus schwärmerischer Sehnsucht zu immer wärmerer und schließlich leidenschaftlicher Innigkeit sich steigert, um zuletzt in Bläserklängen zu ersterben, „in welchem Geschick aber wurden nicht die ersten Wonnen des Glückes von dem Brausen des Sturmes unterbrochen, der mit rauhem Odem die holden Illusionen verweht, mit tötlichem Blitz den Altar zerstört . . .“ Ein Allegro non troppo malt diesen drohend aufsteigenden Sturm, der sich in einem wilden „tempestuoso“ zur niederschmetternder Vernichtungs gewalt entwickelt. Nachdem das Toben sich beruhigt hat, erklingt weh mütig noch einmal das erste Thema der Liebesszene wie ein Gruß aus schöner Vergangenheit. „In der lieblichen Stille des Landlebens“ sucht nun nach solchen Erschütterungen die verwundete Seele Ruhe. So folgt weiterhin ein in friedsamen Naturstimmungen sich ergehendes Pastorale mit Schalmei- und Hörnerklang und neckischen Scherzspielen, in die indessen alsbald abermals Erinnerungen an die Liebesszene hereinklingen und zu verklärter Entfaltung kommen. „Dennoch trägt der Mann nicht lange die wohlige Ruhe inmitten besänftigender Naturstimmungen und „wenn der Drommete Sturmsignal ertönt“ eilter, wie immer der Krieg heißen möge, der ihn in die Reihen der Streitenden ruft, auf den gefahrvollsten Posten, um im Gedränge des Kampfes wieder zum ganzen Bewußtsein seiner selbst und in den vollen Besitz seiner Kraft zu gelangen“. Eine weitausholende mächtige klangliche Steigerung führt zu einem feurigen Allegro marziale, in welchem die Liebesmotive nun zu schwungvollen, energischen Marschrhythmen, werden; die Wiederholung des früheren Andante maestoso läßt das Ganze im Stil einer Apotheose heldischer Kraft rauschend ausklingen. h.