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Unser Zeltplatz am Zechliner See (Siehe auch unten links) . a Di© Kunst, der juli falsch zu reisen Still ruht di« Stadt. Es wogt di« Flur. Er hält di« Welt für «in Bilderbuei Von Kurt Tucholsky Laß dir nicht imponieren. Erich Kästner So sah und zeichnete einst Heinrich Zille den Sommer des Arbeiterkindes wmomm Unser Sommer ist nur ein grün angestrichener Winter. In der fremden Stadt mußt du zuerst einmal alles genauso haben wollen, wie es bei dir zu Haus» ist — hat die Stadt das nicht, dann taugt sie nichts. Die Leute müssen also rechts fahren, dasselbe Tele fon haben wie du, dieselbe An ordnung der Speisekarte und die selben Retiraden. Im übrigen sieh Wenn du reisest, so sei das erste, was du nach jeder Ankunft in einem fremden Ort zu tun hast: Ansichtskarten zu schreiben. Die Ansichtskarten brauchst du nicht zu bestellen: Der Kellner sieht schon, daß du welche haben willst. Schreib unleserlich — das läßt auf gute Laune schließen. Schreib ükorall Ansichtskarten: auf der Bahn, in der Tropfsteingrotte, auf den Bergesgipfeln und im schwan ken Kahn. Brich dabei den Füll- bleistift ab und gieß’ Tinte aus dem Federhalter. Dann schimpfe. Heinrich Heine' Das Grundgesetz jeder richtigen Reise ist? Es muß was los sein - und du mußt etwas „vorhaben“. Sonst ist die Reise keine Reise. Jede Ausspannung von Beruf und Arbeit beruht darin, daß man sich ein genaues Programm macht, es aber nicht innehält — hast du es nicht innegehalten, gib deiner Frau die Schuld. Verlang überall ländliche Stille; ist sie da, schimpfe, daß nichts los ist. Eine anständige Sommer frische besteht in einer Anhäu fung derselben Menschen, die du bei dir zu Hause siehst, sowie in einer Gebirgsbar, einem Ocean dancing und einer Weinabteilung. Besudle dergleichen — halte dich dabei aber an deine gute, be währte Tracht: kurze Hose, klei ner Hut (siehe oben). Sieh dich sodann im Raume um und sprich: „Na, elegant ist es hier gerade nicht!“ Haben die anderen einen Smoking an, so sagst du am be sten: „Fratzerei, auf die Reise einen Smoking mitzunehmen!“ — Hast du einen an, die andern aber nicht, mach mit deiner Frau Krach. Mach überhaupt mit deiner Frau Krach. mit Ansichtskartenserien, Di« Landschaft belächelt den lauten Besuch. „ , Sie weiß Bescheid. Sie weiß, die Zeit überdauert sogar die Ferien. Mil den lächerlichen Einheimi- schen sprich auf alle Fälle gleich von Politik, Religion und dem Krieg. Halte mit deiner Meinung nicht hinterm Berg, sag alles frei heraus! Immer gib ihm! Sprich laut, damit man dich hört — viele fremde Völker sind ohnehin schwerhörig. Wenn du dich amü sierst, dann lach, aber so laut, daß sich die anderen ärgern, die in ihrer Dummheit nicht wissen, worüber du lachst. Sprichst du fremde Sprachen nicht sehr gut, dann schrei: man versteht dich dann besser. Im Feld wäshst Brot, und es wachsen dort auch die künftigen Brötchen und Brezeln. Eidechsen zucken von Ort zu Ort. Und die Wolken führen Regen an Bord und den spitzen Blitz und das Donnerwort, Der Mensch treibt Berg- und Wassersport und hält nicht viel von Rätseln. Sie vermieten den Himmel, den Sand am Meer. ai« Plarzmusk aer rtsteuerwerr und den Blick auf die Kuh auf der Wiese. Limousinen rasen hin und her und finden und finden den Weg nicht mehr zum verlorenen Paradiese. Di« Menschheit geht auf Reisen oder wandert sehr oder wandelt nur. Und die Bauern vermieten die Natur zu sehenswerten Preisen. „Wir machen unsere Sommer reise - links um die Ecke soll ’ne richt'ge Linde zu sehen sindi" Das Mädchen schläft entzückten Gesichts. Die Bienen summen zufrieden. Der Jüngling heißt, immer noch, Taugenichts. Er tritt durch das Gitter des Schattens und Lichts in den Wald und zieht, durch den Schluß des Gedichts, wie in alten Zeiten gen Süden, Im Hotel bestellst du am besten ein Zimmer und fährst dann an derswohin. Bestell das Zimmer nicht ab, das hast du nicht nötig — nur nicht weich werden. Bist du im Hotel angekommen, so schreib deinen Namen mit allen Titeln ein ... Hast du keinen Titel... Verzeihung ... ich meine: wenn einer keinen Titel hat, dann erfinde er sich einen. Schreib nicht: „Kaufmann“, schreib: „General direktor.“ Das hebt sehr. Geh so dann unter heftigem Türenschla gen in dein Zimmer, gib um Got tes willen dem Stubenmädchen, von dem du ein paar Kleinigkei ten extra verlangst, kein Trink geld, das verdirbt das Volk; rei nige deine staubigen Stiefel mit dem Handtuch, wirf ein Glas ent- zwei (sag es aber keinem, der Ho telier hat so viele Gläser!) und begib dich sodann auf die Wan derung durch die fremde Stadt. Sie weiß auch: Einen Steinwurf schon von hier beginnt de Mä rcheh. Verborgen im Korn, arnardrüsktem Mohn, ruht ein zerzaustes Pärchen. Hier steigt kein Preis, hier sinkt kein Lohn, Hier steigen und sinken die Lerchen. Wenn d1 reisen willst. verlange von der Gegend, in die du reist, alles: schöne Natur, den Komfort der Großstadt, kunstgeschichtliche Altertümer, billige Preise, Meer, Gebirge — also: vorn die Ostsee und hinten die Leipziger Straße. Ist das nicht vorhanden, dann schimpfe. Wenn du reist, nimm um Got tes willen keine Rücksicht auf deine Mitreisenden — sie legen es dir als Schwäche aus. Du hast be zahlt — die andern fahren alle umsonst. Bedenke, daß es von un geheurer Wichtigkeit ist, ob du einen Fensterplatz hast oder nicht; daß im Nichtraucherabteil einer raucht, muß sofort und in den schärfsten Ausdrücken gerügt werden — ist der Schaffner nicht da, dann vertritt ihn einstweilen und sei Polizei, Staat und rächende Nemesis in einem. Das verschönt die Reise. Sei überhaupt unlie benswürdig — daran erkennt man den Mann. Wenn deine Frau vor Müdigkeit umfällt, ist der richtige Augen blick gekommen, auf einen Aus sichtsturm oder auf das Rathaus zu steigen; wenn man schon mal in der Fremde ist, muß man alles mitnehmen, was sie einem bietet. Verschwimmen dir zum Schluß die Einzelheiten vor Augen, so kannst du voller Stolz sagen: Ich hab’s geschafft. Mach dir einen Kostenvoran schlag bevor du reist, und zwar auf den Pfennig genau, möglichst um hundert Mark zu gering — man kann das immer einsparen. Dadurch nämlich, daß man über all handelt; dergleichen macht be liebt und heitert überhaupt die Reise auf. Fahr lieber noch ein Endchen weiter, als es dein Geld beutel gestattet und bring den Rest dadurch ein, daß du zu Fuß gehst, wo die Wagenfahrt ange nehmer ist; daß du zuwenig Trink gelder gibst, und daß du über haupt in jedem Fremden einen Aasgeier siehst. Vergiß dabei nie die Hauptregel jeder gesunden Reise: Ärgere dich! Sprich mit deiner Frau nur von den kleinen Sorgen des Alltags. Koch noch einmal allen Kummer auf, den du zu Hause im Büro ge habt hast; vergiß überhaupt nie, daß du einen Beruf hast. Durcheile die fremden Städte und Dörfer — wenn dir die Zunge nicht heraushängt, hast du falsch disponiert; außerdem ist der Zug, den du noch erreichen mußt, wich tiger als eine stille Abendstunde. Stille Abendstunden sind Mum pitz; dazu reist map nicht. Auf der Reise muß alles etwas besser sein, als du es zu Hause hast. Schieb dem Kellner die nicht gut eisgekühlte Flasche Wein mit einer Miene zurück, in der ge schrieben steht: „Wenn mir mein Haushofmeister den Wein so aus dem Keller bringt, ist er entlas sen!“ Tu immer so, als seist du aufgewachsen bei ... Seid ihr mehrere Männer, so ist es gut, wenn ihr an hohen Aus sichtspunkten etwas im Vierfar bendruck singt. Die Natur hat das gerne. Handele. Schimpfe. Ärgere dich. Und mach Betrieb. Hir nur die Sdlernswiirdigkeiten an, die im Baedeker stehen. Treibe die Deinen erbarmungslos an alles heran, was im Reisehandbuch einen Stern hat — lauf blind an allem anderen vorüber, und vor allem: rüste dich richtig aus. Bei Spaziergängen durch fremde Städte trägt man am besten kurze Gebirgshosen, einen kleinen grü nen Hut (mit Rasierpinsel), schwere Nagelschuhe (für Museen sehr geeignet) und einen derben Knotenstock. Anseilen nur in Städten von 500 000 Einwohnern aufwärts.