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STEINSAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Dienstag, 22. Januar 1963, 19.30 Uhr 3. Kammermusikabend der Kammermusikvereinigung der Dresdner Philharmonie Aiisfübrende Günter Siering, Violine; Günther Schubert, Violine; Herbert Schneider, Viola; Erhard Hoppe, Violoncello; Heinz Schmidt, Kontrabaß; Johannes Walter, Flöte; Heinz Butowski, Oboe; Werner Metzner, Klarinette; Helmut Radatz, Fagott; Heinz Mann, Horn; Ilse Brähmer, Klavier; Hans Otto, Cembalo Johann Friedrich Fasch 1688 -.1758 Sonate B-Dur für Flöte, Oboe, Violine, Violoncello und Cembalo Largo Allegro Largo Allegro Georg Philipp Telemann 1681 - 1767 Suite für Flöte, Streicher und Cembalo Ouvertüre Les Plaisirs (I, II, I da capo) Passepied (I, II, I da capo) Air ä l’Italien Menuet (I, II, I da capo) Polonaise (I, II, I da capo) Rejouissance Pause Claude Debussy 1862 - 1918 Streichquartett op. 10 g-Moll Anime et tres decide Assez vif et bien rytme Andantino doucement expressif Tres modere Francis Poulenc geb. 1899 Sextett für Klavier, Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Horn Allegro vivace Divertissement Finale ZUR EINFÜHRUNG Einer der bedeutendsten Zeitgenossen Johann Sebastian Bachs war, vor allem auf dem Gebiet der Instrumentalmusik, Johann Friedrich Fasch. Allerdings ist dieser Komponist auch zugleich einer der unbekanntesten Meister der deutschen Musikgeschichte; geriet doch sein außerordent lich umfangreiches Lebenswerk (Fasch war ein ähnlich fruchtbarer Komponist wie Georg Philipp Telemann, von dem heute ebenfalls eine Komposition erklingt) nach seinem Tode nahezu voll ständig in Vergessenheit und ist auch in der Gegenwart, seit Faschs Wiederentdeckung durch die Musikwissenschaft vor einem reichlichen halben Jahrhundert, in seiner Gesamtheit noch nicht genügend erforscht und zu übersehen. Ein Hauptgrund für das völlige Vergessen dieses Meisters mag vielleicht gewesen sein, daß zu seinen Lebzeiten kein einziges seiner zahlreichen Werke ge druckt worden ist. Der aus einer musikalischen thüringischen Theologenfamilie stammende Johann Friedrich Fasch, 1688 in Buttelstedt bei Weimar geboren, wurde nach dem frühen Tode des Vaters zuerst Chor knabe in der Weißenfelser Hofkapelle und trat bald darauf, 13jährig, in den Leipziger Thoma nerchor ein, der zu dieser Zeit unter der Leitung des Thomaskantors Johann Kuhnau stand. Hier betrieb er „ohne alle Anweisung, weil ich die Information zu bezahlen nicht vermögend war“ (Autobiographie), das Klavierspiel und begann mit Kompositionen nach dem Muster Telemanns, aus dessen „schönen Arbeit damalen alles erlcrnete“. 1707 bezog er die Universität und errich tete ein studentisches Collegium musicum, das zu hoher Blüte gelangte. Nachdem Fasch drei (heute restlos verschollene) Opern für Naumburg geschrieben und anschließend in Darmstadt bei Christoph Graupner noch einmal gründlichen Kompositionsunterricht genommen hatte, war er in verschiedenen Stellungen tätig, u. a. als Kammerschreiber und Sekretär in Gera, als Organist in Greiz und als Kapellmeister in Lukavec (Böhmen) bei dem Kunstmäzen Graf Morzin, der 38 Jahre später auch Joseph Haydn engagierte. 1722 endlich nahm der Komponist, dessen Sohn Carl Friedrich Fasch (1736-1800) übrigens später als Gründer der Berliner Singakademie gleich falls auf musikalischem Gebiet hervortrat, eine Berufung als Hofkapellmeister in Zerbst an, wo er bis zu seinem Tode im Jahre 1758 geblieben ist. Wenn auch eine genaue Übersicht über alle Werke Faschs nicht möglich ist, so steht doch fest, daß in seinem Schaffen zwei Wirkungsbereiche dominieren: Kirchenmusik und Instrumentalmusik. Während von seinen kirchcnmusikalischen Kompositionen neben Messen und Motetten besonders seine zahlreichen Kantaten genannt werden müssen (ein Katalog seiner Werke von 1743, also 15 Jahre vor seinem Tode, zählt bereits sieben vollständige Jahrgänge Kirchenkantaten!), so verdienen die größte Beachtung doch seine bedeutenden Instrumentalwerke. Hier schuf er vor allem Orchesterkonzerte für verschiedene Instrumente, Orchestersuiten und Ouvertüren (Bach, der Fasch sehr schätzte, fertigte sich selbst eine Abschrift von fünf Suiten an) sowie Kammer musiken. Die instrumentale Musiksprache des überragenden Kontrapunktikers Fasch wurzelt in der spätbarocken Formenwclt, doch zeigt sich in seinen einer Übergangszeit angehörenden Wer ken auch schon deutlich eine gewisse Annäherung an den neuen frühklassischen Musizierstil; der Musikwissenschaftler Hugo Riemann bezeichnete ihn, besonders in seinen Suiten, sogar als einen der „Neuerer, welche die Instrumentalmusik ganz auf eigene Füße stellten und die fugierte Schreibweise durch die moderne thematische verdrängten“. Auch seine Sonate B-Dur für Flöte, Oboe, Violine und Continuo, ein interessantes Beispiel für seinen Stil, ist formal durchaus noch dem Hochbarock zugehörig, weist aber auch bereits einige in die Zukunft weisende Züge auf. So bringen der von Faschs reicher Erfindungskraft zeugende 1. Satz (Largo) ebenso wie die