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Dresdner Journal : 29.05.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188905293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18890529
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18890529
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-05
- Tag 1889-05-29
-
Monat
1889-05
-
Jahr
1889
- Titel
- Dresdner Journal : 29.05.1889
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machen ist, versuchen e» unsere heimlichen Pansla- Misten, au» der Thatsache, daß König Humbert den Rückweg w eder über die Schwe»z nahm, den Beweis zu erbringen, daß unsere Beziehungen zu Italien oicht glänzende sein müssen. In der brwnnenen Presse und in der öffentlichen Meinung herrscht übrigens volle Befriedigung über die moralische Wirkung der Ber liner Festtage — über die Sommerferien tagt hier ein ständiger parlamentarischer Ausschuß zur Beratung des neuen Strafgesetzeutwurf». Die Herren von der Rechten, welche in diesem Ausschüsse die Mehrheit haben, fassen leider ihre Aufgabe sehr b quem auf. Zur Einbringung von AbäuderungSanträgen wurde den Mitgliedern bUß 4 Lage Zeit gelassen und die gesamte Beratung soll in 5 Wochen beendet sein. Diese Eile erscheint umsoweniger gerechtfertigt, als der Ausschuß bis zur Wiedereröffnung deS Parla- mentS mindestens noch 4 Monate Zeit hat. Pari-, 27. Mar. Die Kammer fetzte heute die Beratung des Haushalts für l890 fort Justiz, und Kulturminister Thevenet befürworteie eine Er höhung der persönlichen Ausgaben für die Verwaltung der Kulte um 15(XX) FrcS, der Abg. Amagat be merkte jedoch, rs seien in derselben schon mehr Be amten angestellt, als durch den Staatsrat gutgebeißen sei, und die Kammer l hme das Gesuch des Ministers mit 462 gegen 34 Stimmen ab. Tie Verkündung dieses Ergebnisse» wurde von der Rechten mit schaden froher Heiterkeit oufgenommen Vor der Abstimmung über das ganze Kapitel dieser Ausgaben erklärte Achard, er und seine radikalen Freunde würden gegen dasselbe stimmen, um damii auSzudrücken, daß sie gegen die Bewilligung de» kultu-budget- üler- haupl und für die Weltlichkeit des Staates feien. (Beifall links.) Bischof Freppel erklärte, eine Erörterung dieser Frage könne in der letzigen Kammer nicht mehr patlfii den. Bet den bevorftehenten Wahlen müsse da« Land um seine Meinung be fragt werden. Übrigens scheine man sogar aus der äußersten Linken die Streichung des KuItuSbudgetS nicht mehr mit be- jonverem Eiser zu verlangen, denn in der Bretagne habe die von den Abgg Blatin, Douvillc-Mailleseu und dem jetzt Mi nister gewordenen MeS Eluyot gegründete Liga, welche diesen Zweck anstrebte, keinerlei Folgen gehabt und die ganze Arbert sei angesichts der Gleichgiltigkeit und deS Widerstands des Landes in Rauch ausgegangen. Bor 2'^ Jahren ist ferner in der Kammer ein sogenannter „KoukorvatSautjchuß" gebildet worden, größten teils aus Mitgliedern der raditalen Linken bestehend, und man konnte glauben, der Kammer werde bald ein Antrag aus die Durchsicht der Beziehungen zwischen Staat und Kirche vorgelegt werden Allein eS kam nicht- und die Spitzen der radikalen Demokratie, die in diesem Ausschüsse sitzen, zeich neten sich nicht durch Übereifer auS, denn der Ausschuß tagte nur vier Mal und seit Jahresfrist hat man nichts wieder von ihm vernommen. (Heiterkeit rechts.) Dieser Mangel an Erser bekundet einen seltenen gesunden Sinn: der Aussa uß begriff, daß die öffentliche Meinung nicht aus seiner Seite stehe, daß das ganze Land nur den einzigen Wunsch hege, man möge Kirche und Klerus in Ruhe lassen Aus dieselbe Erkennt» nis weist noch eine andere parlamentarische Thatsache hm: das vorige Ministerium hatte den Entwurs eines BeremSgesetze« ein gebracht und es wurde eia Ausschuß dafür gewählt, der aber ebensowenig zu einem Ergebnis gelangte, als der erste, begrei fend, daß die Frage zu denjenigen gehöre, die leichter auszu- werfen als zu lösen seien, und daß das Land an etwas An dere», nämlich an die Wahlen denke." (Beifall rechts) Bor dem Lande gelte eS jetzt, seine Meinung darzulegen, um ihm zu ermöglichen, sich sür eine bestimmte Richtung zu entscheiden, al er man müsse klar sprechen und sich zweideutiger Formeln enthalten. .Trennung von Staat und Kirche", „Ber- weltlichung des SlaateS", das bedeute nichts Bestimmtes. Staat und Kirche seien längst getrennt: der Klerus fei ganz von den politischen und bürgerlichen Geschäften, von den Kam mern und sonstigen Bertreiungskörpern ausgeschlossen (Lärm links), das brauche man also auf den Wahlprogrammen nicht zu fordern. Was man offen fordern solle, sei der Bruch der von der Nationalversammlung von I7dv eingegangenrn Ver pflichtung, für die Bedürfnisse der Kirche zu sorgen und ihre Geistlichen zu besolden. Man müsse den Mut haben, offen die Enteignung der Kirchen und Presbyterien zu verlangen und zu erklären, während man die Theater zum Vergnügen der Rei chen mit Oeld unterstützen, daß man den Armen den Beistand und Trost der Religion verweigern wolle. Werde die Frage in dieser verständlichen Weise gepellt, so werde da- sranzösische Volk sie beantworten, und diese Antwort werde sich in der nächsten Kammer aus diesen Bänken finden ^Anhaltender Bei fall rechts.) Abg. Clemenceau: Man hat die republikanische Partei herausgefordert, die Frage der Beziehungen zwischen den Kir- chea und dem Staate vor dem Lande aufzuftellen. Die republi kanisch« Partei bedurfte dieses Trompelerruse- nicht, um aus dem Kampfplätze zu erfcheinen. Der alte, seit Jahrhunderten begonnene Kampf ist nicht zu Ende und wird wahrscheinlich noch lange dauern, zum Unglücke diese- Lande- Da- franzö sische Volk hat diesen Kamps 178» mit den gegen ihre Bischöfe empörten Pfarrer» unternommen. Damals entstand die mo derne Gesellschaft. (Beifall link-; Freppel: „Jene Pfarrer wurden guillotiniert!"- Wollte man die Opfer zählen, so fände man, welche Strvme Blute» die katholische Kirche in der ganz n Welt vergossen hat. Die Frage der Trennung von Staat und Kirche ist eine Frage der Schattierungen: Die Einen wollen sie rascher, die Andern langsamer lösen, aber Opportunisten und Radikalen sind darin einig, das theokratis i e Regime, das abscheulichste auf der Welt, zu bekämpfen. (Leb hafter Beifall link» und in der Mitte.) Furcht vor der geistigen Anstrengung des AuSeinau- versitzens hinzu. Er lächelte nur schmerzlich und wandte sich zum Gehen. .Hört mal" sagte Masters gebieterisch „Ihr habt etwa drei Finger hoch steifen Whisky nötig, der Euch in Ordnung bringt und Ihr werdet ihn mit mir trinken! Hol's der Teufel, Mann, es kann der letzte Trunk sein, den wir zusammen thunl Na, seht nicht so verstört aus! Ich will damit sagen, ich hab' mir vor 10 Minuten vorgenommen, das ganze dumme Ding da zu schließen und nach frischen Bohr ungen auSzuschaurv. Hob'» satt, nur solchen madigen Lohn da aus dem Hügel herauSzukriegen. Da- mein' ich damit, wenn ich sage, es kann der letzte Trunk sem, den wir zusammen thun Ihr kennt meine Art, Reden und Handeln ist bei mir Eins!' DaS war wahr. Slinn hatte Masters ost um seine Entschiedenheit und schnelle Entschlußfähigkeit be neidet. Aber er blickte nur mit stiller Befriedigung in das griu wlge Gesicht des Sprechenden. Master» ging; und er, Slinn, brauchte ihm nicht» zu erklären! Er murmelte etwa»; er müsse notwendig in Ge schäften die Ansiedelung aufsuchen; denn er fürchtete, Master» könüe darauf bestehen, in den Tunnel gehen zu wollen. „Ich glaube, Ihr wollt den Bries besorgen," sagte Masters trocken. „Aber die Post geht erst morgen, da habt Ihr Zeit, ihn zu beendigen und in ein Cou vert zu stecken!" Al» er der Richtung von Master- Augen folgte, sah er zu seinem äußersten Erstaune», daß er einen unvollendeten, m»t Bleistift geschriebenen Brief in der Freppel bemerkt, der Vorredner hob« nicht» über d«- Slillfchweigen der beiden «u-schüsse gefnat; man müsse darau» schließen, daß für Hrn Clemenceau wie für jene Aueschüsst da» Heranaaheu der Vahlen der Ausang der Weisheit sei. (Bei fall recht») Die Sammer genehmigte sodann da» Kapitel l mit 337 gegen 198 Stimmen, hierauf die übrigen de» KultuSbudgetS, dann die Haushalte der Ratoual- druckerei und der Ehrenlegion und begann die Be ratung der Ausgaben für Post und Telegraph. — Der Präsident der Republik empfing heute einen zur Ausstellung hierher gekommenen Prinzen von Siam — Der Minister de» Au»wäriigen, Spuller, empfing heute früh den italienischen Botschafter Gras Menabrea Derselbe versicherte, der König Humbert und der Prinz von Neapel hätten niemals die Absicht gehabt, den Laiser Wilhelm nach Straßburg zu be gleiten — Der Botschafter verhandelte sodann mit dem Ministerialdirektor für HandelSsragen, Hrn. Lla- verie über die italienischerseit» lebhaft gewünschte Wiederaufhebuvg d-S gegen die Vieheiufuhr au- Italien gerichteten Verbot». — Die hiesigen Blätter beschäftigen sich mit der in Rom erschienenen, Aussehen bezweckenden Flugschrift „Italia, 1859 — 1889". Für den Verfasser halten die Einen ViSconti-Venosta, die Anderen den Gen. Türr. Die Schrift soll u. a. beweisen, daß Preußen 1866 ein falsche» Spiel getrieben habe, indem e» in Wien das mit Italien bereit» ab geschlossene Trutzbündnls ableuguete. Die Echtheit der rn der Schrift v.röffentlichten Aktenstücke erregt indessen gerechte Bedenken. * Pari-, 28. Mai. (B. P. N.) Die Fran zosen und ihre Presse thun sich immer ungemein viel auf die „Wohlthaten" zu gute, welche der Siege» lauf ihrer Feldzeichen den Völkern Europa» zugesührt haben soll. Wenn man den ruhmredigen Tiraden der Pariser Blätter, womit sie ihren Ärger über den glän zenden Verlauf der Berliner Monarchentage drapier ten, Glaub n schenken wollte, so wäre Europa auf ewig in Frankreichs Schuld, der ungeheuren Opfer wegen, welche dieses Land dem „Werke der Zivilisa tion', dem „Genius der Freiheit" gebracht habe, und gäbe es keinen schwärzeren Undank, als die Hand lungsweise, deren sich Europa eben jetzt schuldig macht, indem es sein vorzug»weises Interesse der in Berlin aufs neue besiegelten deulsch-lta-ienischen Freundschaft zuwendet, die Franzosen aber und deren Jubiläums ausstellung sich selbst überläßt. Diesem Humbug der Pariser ZeitungSschreioer gehen die „Hamb. Nach richten" mit einigen geschickten Reminiszenzen zu Leibe, an denen Italiener und Deutsche recht erbauliche Betrachtungen über die Beschaffenheit der den anderen Völkern und besonders ihnen seitens der Franzosen er wiesenen „Wohlthaten" anstellen können. Wir glauben mit dem Homburger Blatt, daß das italienische Volk die Ereignisse, zu deren Schauplatz dre Apenninenhalbinsel um die Wende diese» Jahrhunderts geworden, zu gut m der Erinnerung hat, al» daß man e» zu der An schauuog br »gen könnte, die französische Republik be trachte es al» ihre Aufgabe, die Völker von „ihrem Joch ' zu erlösen. Al» Napoleon über die Alpen zog, hat er nicht die Befreiung Italiens al» seine Auf gabe proklamiert; sein erster Aufruf an die Armee verspricht dem Heere die blühenden Ebenen jenseits der Berge, als da» Siegesfeld, wo statt Not und Ent dehiung nur Genuß und Ruhm sein werde. Und wie er sein Versprechen einlöste, schildert nicht etwa ein FeindtSmuvd, sondern ein französischer Geichichts- schreiber mit den Worten: „Weder Geld noch Pro viant, noch Werke der Kunst und Wissenschaft, noch Erzeugnisse der Industrie und des Ackerbaues nichts eitigiug einem PlünderungSsystem, das bisher in der modernen Vülkergejchrchte ohne Gleichen war." Nach denselben Grundsätzen wie in Italien haben die fra> - zösijchen Heere überall gehandelt, wohin sie kamen. Davon weiß die Hansastadt an der Elbe, von den Schreckenstagen Davoust» her, ein erschütterndes Klage lied zu singen, nicht minder aber das übrige Deutich- land. De: Jammer und bas namenlose Elend, das die Franzofenzeit über das Vaterland herausdeschwor, entflammt in der Erinnerung noch heute jedes patrio tisch empfindende Herz zu gerechtem Zorn, und wenn Hamburg es bitter kennen gelernt hat, wie verlogen die Devise der ersten Republik war, sie führe nur Krieg gegen die Paläste, nicht gegen die Hüften — sintemal die französischen Blutsauger Hamburgs Paläste wie Hütten gleichmäßig brandschatzten — nun so luhe sich aus dem übrigen Deutschland, und beson ders aus dem Vorzugswelse drangsalierten Preußen jener Tage ein nur zu langes Verzeichnis der Städte aufstellen, deren Wohlstand durch den Druck unauf hörlicher Kontributionen so in Grund und Boden Hand hielt. Wie er dorthin kam, wann er ihn ge schrieben, wußte er nicht. Er erinnerte sich nur dunkel, daß einer seiner ersten Impulse der gewesen, an seine Frau zu schreiben; aber daß er eS schon gethan, hatte er vergessen. Er verbarg den Brief mit leerem Lächeln hastig in seiner Brusttasche; Master» beobachtete ihn halb verächtlich, halb mitleidig. „Verseht Euch nur nicht und haltet irgend einen hohlen Baum für einen Briefkasten. Adieu also — wei n Ihr nicht trinken wollt!" Und sich auf dem Absatz herumdrehend, ging Master» davon. Slinn beobachtete ihn, wie er zu seinem Anteil hinüberging, seine wenigen Bergmannsutensilien zu- jammevsuchte, sem Bündel aus den Rücken schnallte, als Abschiedsgrub seinen Hut auf der Spitze seiner langstieligen Schaufel schwenkte und dann leichten Herzens über die Brücke schritt. Er war jetzt allein mit seinem Geheimnis und seinem Schatz. Der Einzige in der Welt, ivelcher die genaue Lage fernes Tunnels kannte, war fort sür immer! Er wollte jetzt seinen Schatz allein lassen — vielleicht sogar nur für einen Tag — bi» er einen Plan ausgedacht und einen Freund gesunden hatte, dem er vertrauen konnte. Aber sein zurückgezogenes Leben und die Gewohnheit, ganz in ferner Arbeit auf zugehen, waren die Ursache, daß er wenig Bekannt schaften und gar keine Freunde besaß. Und wiewohl er auch seinen Plan, wie er den Schatz finden konnte, durchdacht und geduldig durchgeführt hatte; wie er den gefundenen bearbeiten und Säer ihn verfügen wollte, daran hatte er nie gedacht. Und jetzt, wo er ruiniert wvrde, daß sie noch heute unter den Rach wehen de» damaligen Raubsystems leiden, sofern ihre Finanzen noch mit Schulden belastet sind, welche seiner Zeit ausgenommen werden mußten, um der unersätt lichen Geldgier der napoleonischen Generale nur einiger maßen Genüge zu leisten. Und daß man eS hier nicht etwa mit einer revolutionären Entartung de» fianzö fischen Volkscharakters zu thun hat, sondern daß Bar- barei und Raubgier den Franzosen von jeher im Blute steckten, das bezeugt so manche» blut- und thräaen- feuchte Blatt deutscher Geschichte au» früheren Jahr hunderten. Noch sind die Mordbrennereien eines Melac, welcher auf de» Vierzehnten Ludwig Geheiß einen der blühendsten Landstriche Europas in eine Wüstenei umwandelte, in der Pfalz unvergessen; und die Ruinen des Heidelberger Schlosse» werden e» noch in späten Jahrhunderten als beredte Zeugen verkündigen, was die Franzosen unter dem Hinaustragen von „Zivilisation und Freiheit" über ihre Grenzen in Wahrheit eigentlich verstehen. Es gehört die volle Heuchelei und Selbsttäuschung der französischen TageS- jchriftsteller dazu, um von Frankleichs Weltmission als einer völkerbef eienden und lulturspendenden zu sprechen; die volle Gedankenlosigkeit oder Gewissenlosigkeit aber, wenn sich anderswo Leute fi den, die dergleichen Märchen den Massen vorerzählen, um ihre Zuhörer solcherart blind zu machen gegen den von der Ver herrlichung französischer Zügellosigkeit unzertrennlichen Verrat an den vitalsten Interessen des eigenen Vater landes! London, 28. Mai. Die geplante englische Flottenverstärkung unterliegt gegenwärtig der Prüf ung des Houses der Lords Wenn schon im Unter hause Ministerielle und Gladstoneamr sich zur An- nähme der betreffenden Bill vereinigten, so wird die selbe im Oberhause erst recht nicht auf Widerstand stoßen, und Großvlitanniev mag sein Natwnalgesühl immerhin schon ,m voran» mit dem Gedanken erfreuen, daß nach Durchführung des FlottenvermehrungS- progranimS England zur See stärker sein wird, alS irgend welche zwei andere Staaten, mit Ausnahme der Kombination Deutschland-Frankreich. J> des diese Sorge läßt der Premierminister Lord Salisbury sich einstweilen, und mit Recht wenig oder gar nicht an- fechteu Wunder geschehen heutzutage nicht mehr, da her die Phantatmagorie einer deutsch-französischen Koalition billig außer Ansatz bleibt. Der Zeitraum von fünf Jahien, der, wenn die Flotienbill im Ober hause glatt durchgeht, den Engländern zur Vollendung des marit'men Reorganlsatioi swerkes verfügbar bleibt, gewahrt dem leitenden Staatsmaune des JnielreichS nur eine sehr fragwürdige Grundlage ferner politischen Zukunstsrechnung, trotzdem er als Mann vom Fach wohl in der Lage ist, die Abneigung aller europä ischen Herrscher gegen Herausbeschwörung kriegerischer Verwickelungen ermessen zu können. Aber selbst die ernstesten und aufrichtigsten Friedenswünjche der Herrscher wiegen unter Umständen federleicht — und diese Umstände können jeden Augenblick eintreten — so sprach sich wenigstens Lord Salisbury im Ober haufe aus, indem er betonte, daß die finanzielle Last der überall in Europa getroffenen Vorbereitungen an sich selbst schon eine Gefahr sür cen Frieden sei, weil sie manche Ration zum Kriege zwi gen könne. Eng land steht nun zwar außerhalb des Wirkungsbereiches der auf dem europäischen Kontinent sich kreuzenden Anz ehungs- und AbstoßungStendenzeu, aber nicht außerhalb der G fahr, den dieser hochgradige Span- nungszustand der internationalen Atmosphäre weit um sich her ve breitet. Lord Salisbury will sich nicht zum Propheten einer unmittelbar bevorstehenden Katastrophe aufmersen, allein daß England von em-r permanenten Gefahr bedroht wird, daß es mit dem Beginn seiner Rüstungen vielleicht schon zu lange ge wartet hat, das sagte der englische Premier am Mon tag im Uvterhause mit dürren Worten, deren logische Richtigkeit auch nach Abzug des sür die oratonsche Augenblick-Wirkung berechneten Pathos nicht wohl ad- geleugnet werden kann. Und es ist vielleicht gut so, denn der weichmütige Hang, vor dem Ernst des Lebens das Auge zu schließen, herrscht in viel zu zahlreichen Kreisen vor, §ls daß zeitweise Mahnungen von be rufener Seite nicht vollauf am Platze sein sollten. — In der heutigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Uat rstaatssekretär Fergusson bezüglich der Gesetz entwürfe, betreffend die Zuckerkonvention, daß die Vertreter der verschiedenen Länder die Publikation und die Diskussion derselben beanftanden, bis sie den betreffenden gesetzgebenden Körperschaften unterbreitet sind, e» sei daher unwahrscheinlich, daß die Verhand lungen dem Parlamente noch in dieser Session zu- am meisten all seiner Fähigkeiten bedurfte, wa» be deutete diese seltsame Betäubung! Geduld! Er brauchte nur ein wenig Ruhe — ein wenig Zeit, sich zu er holen! Dort auf dem großen Stein unter dem Baum au der Straße nach der Ansiedelung war ein geschütz ter Platz, wo er oft auf die Postkutsche gewartet hatte. Er wollte sich dort hiusetzeu und wenn er genügend ausgeruht und gesammelt war, weiter gehen. Dessen ungeachtet lenkte er vom Wege ab und dem Walde zu, aus keinem andern Grunde, als — um einen hohlen Baum zu suchen! „Einen hohlen Baum!" Ja, da- hatte Masters gesagt; er besann sich ganz genau, auch, daß er etwas dort thun sollte; aber was und warum er eS thun sollte — er wußte es nicht! Aber er hatte es trotz dem endlich mechanisch g than und zu seinem Glück hatte er bald den Felsblock erreicht, denn seine Füße konnten ihn kaum noch weiter tragen und er fiel daraus nieder, so schwer und leblos, als sei er selbst ein Stein. Fortsetzung folgt. A. Hoftheater. Am kommenden 1. Juni voll enden sich sünfundzwanzig Jahre, daß Hr. Hofjchau- spieler Jul. Jafs< in den Verband der König!. Bühne eintrat. Der hochg schätzte Jubilar gedenkt an diesem Festtage die Tiielrolle in Lessing» „Nathan der Weise" zu spielen, und somit wird sich allen Schauspiels«eunden und den zahlreichen Verehrern Jaffä» eine willkommene Gelegenheit bieten, dem wackeren Künstler für seine treue, oftmals so genußreiche und stet- den wahren gehen werden. — Admiral Fremantle berichtet, daß seit dem Beginne der Blokabe in Sansibar im März nur eine Sklavendhau von den britischen Krieg», schiffen gekapert worden sei. Ein neuerer Bericht be sage, daß im März über 1300 DhauS durchsucht, aber keine weggenommen wurden. Er glaube, daß dieser Umstand dem Aushörcn de» Sklavereihandels zur See zuzuschreiben sei. Keine sremde Macht habe d»e Anerkennung der Blokade oder die Ausübung de» DurchsuchuagSrechteS in den Gewässern de» Terri toriums de» Sultans verweigert * St Petersburg, 2b. Mai. Die in der jüng sten Zelt erfolgten Entdeckungen umfassender und weit- vrriweigter nihilistischer Umtriebe haben in allen Schichten der Bevölkerung große» Aufsehen und in den maßgebenden Kreisen Beunruhigung hervorgeruseu. Die Wahrnehmungen, die sich im Verlaufe dieser Vor gänge ergaben, die Maßiegeln, zu welchen die Behör den sich infolge derselben veranlaßt sahen, waren so ernster und bezeichnender Natur, daß e» für die Dar legung der Bedeutung de» Gegenstände» in der That keinerlei Aufbmschungen bedurfte. Wenn die Dar- siellungen der ousländifcten Presse über die jüngsten Regungen de» Niyili-mu» nichtsdestoweniger in vielen Punkten staite Übertreibungen enthielten, so ist dies in diesm Falle weniger auf SensationSbedürsni», al- auf den Umstand zurück,uführen, daß die Behörden nach althergebiachtem Brauche auch diesmal e» für ein Gebot der Klugheit hielten, die erwähnten Vorgänge ii it Geheimnis zu umgeben, al» ob es möglich wäre, behördliche Maßregeln, die von Mafsenverhaftungen begleitet sind, den Augen der Öffentlichkeit vorzueat- halten und al- ob nicht gerade derartige Vertuschungs- demühungen eine der beabsichtigten entgegengesetzte Wir kung hervorbrachten. Nach Erkundigungen eines Be richterstatters der „Pol Corr." scheint foviel festzustehen, daß es, dank verschiedenen glücklichen Zufällen, der Polizei gelungen ist, mehreren geheimen Gesellschaften auf die Spur zu kommen. Eine dieser Gesellschaften soll Attentate gegen den Kaiser und einige andere Mit glieder der kaiserlichen Familie geplant haben. Letztere Gesellschaft stand in naher Fühlung mit den russischen Emigranten in Zürich und die dort zufälligerweise en'deckte Bombenaffaire stand mit den Plänen derselben in Zusammenhang. Es ist aber der Polizei nicht ge lungen, der eigentlichen Häupter dieser Gc<ellschaft hab Haft zu werden. Ebenso wenig vermochte sie sämtliche in Zürich verfertigten und nach Rußland bereits ein geschmuggelten Bomben aufzufinden, ein Umstand, der selbstverständlich das Gefühl der Beunruhigung dauernd erhäli. Sicherem Vernehmen nach sind von den schweizerisch, u Behörden verschiedene bedeutend kom promittierte russische Emigranten an- dem eidgenössischen Territorium ausgewiesen und der russischen Polizei übergeben worden. Tie russische Geheimpolizei setzt ihre Nachforschungen in dieser Angelegenheit ununter brochen fort, e» verlautet aber, daß blS heute ziemlich dürftige Erfolge erzielt wurden, obgleich e» an Unter stützung der russischen Bemühungen seitens der Polizei andeier Staaten Nicht gebricht. Was die in den Hauplstädten wie in der Provinz vorgenommenen Ver haftungen russischer Offiziere betrifft, kann im jetzigen Augenblicke so viel mit Bestimmtheit gesagt werden, daß d>e Unietsuchung dargethan hat, daß von dieser Seite keinerlei Anschlag gegen das Leben des Zaren geplant war. Tie verhafteten Offiziere haben vielmehr einem geheimen und fomit nach russischen Gesetzen staatS- verbrecherifchen Verein angehört, in welchem eine Än derung der bestehenden LtaatSforw, vorläufig nur akademisch erürteit wurde. Von der großen Anzahl der verhafteten Offiziere sind nur einige in Haft be halten worden, welche vor ein Kriegsgericht werden gestellt werden Die übrigen sind teils ohne weitere Maßregelung in Freiheit gesetzt, teils aus dem Dienste entlassen worden. — 27. Mai. In einem heute veröffentlichten kaiserl. Handschreiben an den Präsidenten des Mi- nisterkomiteeS heißt es: Der Kaiser sichle sich durch die an ihm und sein r Familie am 29. Oktober (17. Oktober a. St.) 1888 anläßlich des Eifendahn unfalls bei Borkt offenbarten Gnade Gottes bewogen, den an der Katastrophe schuldigen Beamten gegenüber ebenfalls gnädig zu sein; er oidne deshalb an, die gerichtliche Untersuchung gegen die Schuldigen einzu- stellen und dieselben nur disziplinarisch zu bestrafen. Der durch die Untersuchung konstatierte unbefriedigende Zustand der Kursk Charlow-Äsow Eisenbahn müsse aber sür alle übrigen Eisenbahnen als warneudrs Beispiel dienen. — Der Plan einer quer durch Si birien führenden Eisenbahnlinie w.rü gegenwärtig iu amtlichen russischen Kreisen, sowie in solchen der Zielen der Kunst zugewandte, mit Erfolgen gefegvete Wirksamkeit nach Gebühr zu danken. * Die philosophische Fakultät der Universität Leipzig hat dem Präsidenten des ReichSversicherungS- amtS, Geh. Rat Bödiker in Berlin, durch eine Sü den Professoren Maurenbrecher, derzeitigem Dekan, und 0r. Lujo Brentano bestehenden Abordnung da» Ehrendoktordlplom überreichen lassen, und zwar in Anerkennung und Würdigung der hervorragenden Verdienste, welche sich Präsident Bödiker um da» Zustandekommen nicht nur, sondern auch noch um die praktische Ausführung e» Unfallversicherunds- gesetze» erworben hat. DaS Elogium, da» die Motive enthält, lautet: „yui opiüonm »grieol»ruw<zns »»Inti promovvack»« ürwisguo tuoä»m«nti» »t»dili«n仫 longo er tempore et Iibri» et consilii» atili»»imi» cibckitu« nor»« ck« e»l»mit»tibu» Oper»rum prorickeu- cki» isvLNÜisqu« legis iuter »uetore« et Interpret«« sminuit priw»rios, viocker »utam eor»m eooeilio iwperii ertitit k»v^.n6i»»imu« »v pruäentmmwu»" („Der schon lange sür die Förderung und feste Be gründung des Wohler der Arbeiter und Landleute so wohl durcb Bücher wie durch nützliche Ratschläge be müht, jetzt unter den Urhebern und vorzüglichsten Au»- legern des neuen UnfallverstcherungSgesetzeS hervor,aale und vor dem Reichstage dessen beredtester und klügster Verteidiger wurde'). Die Verleihung der Doktorwürde wird mit der Eröffnung der Berliner Unfallverficher- nngLauSstellung in Zusammenhang gebracht durch die Worte: „ao ip»o äi«, quo »»Illütsr»» »llpallavtili»
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