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len Deputation über die auf sofortige Herstellung des Werths der von der Chemnitz-Rifaer Eisenbahngesellschaft ausge- grbenen Zehnthalrrscheine gerichteten Petitionen. Die Mehr heit der Deputation (Referent Kaiser) hatte eine ablehnende Entschließung auf das Gesuch der Petenten gefaßt. Zwar sei er sehr zu beklagen, daß bei diesem Unternehmen eine grüße Anzahl Staatsbürger, und noch vielleicht der ärmern Elaste, Vermögen-Verluste erfahren sollten. Aber die dermalige Finanz lage des Staats mache es den Ständen zur strengsten Pflicht, die jetzt erforderlichen Mittel nicht für Zwecke zu schmälern, für welche nicht ein rechtlicher Verbindlichkeitsgrund und die unbe dingte Nothwendigkeit spreche. Bei den jetzigen Zeitverhältnis- sen würden sämmtliche noch uneingelöste Scheine, an Werth fast 600,000 Thlr, in kurzem in die Staatskasse fließen, ohne daß dieselbe jene Scheine als Zahlungsmittel anwenden könne. — Die Berathung über diesen Gegenstand ward auch am folgen den Tage fortgesetzt, und der obige Antrag der Mehrheit der Deputation, also die Abweisung der Petenten mit ihrem Gesuche, gegen L Stimmen angenommen; eben so wurde be schlossen, die Staatsregierung zu ersuchen, der nächsten Stän deversammlung die Vollendung dieser Bahn bezweckende Vor schläge zu unterbreiten und die Regierung zu ermächtigen, schon gegenwärtig dem Unternehmen Unterstützung durch zinsbaren Vorschuß zu gewähren für den Fall, daß Anstrengungen ge macht werden müßten, um die schon begonnenen Kunstbaue vor Einsturz und Verfall zu schützen. Die I. Kammer berieth an denselben Tagen den Bericht der dritten Deputation, die Aufhebung der Domstifter be^ treffend. Der Antrag des Herrn v. Schönberg: die'Staats regierung zu ersuchen, zu einer Reform und eventuell Aufhe bung der Stifter nur dann zu verschreiten, wenn die Rechts verhältnisse dieß gestatteten, ward mit 26 gegen 10 Stimmen angenommen. Am 20. Sept, wurde über die Aufhebung der Klöster verhandelt und man drang auf folgende Puncte: 4) auf Revision des Vermögensbestandes der Klöster, so wie Auskunft über die Verwendnng ihrer Einkünfte; 2) auf Be seitigung des Einflusses ausländischer Visitatoren und Unterstel lung der Klöster unter das Ordinariat zu Bautzen; jedenfalls aber auf Beseitigung der durch die Exemtion der Klöster ver anlaßten Uebelstände; 3) auf erleichterten Eintritt von Inlän dern, besonders auch ärmeren, in die Klöster und das Pensio nat zu Marienstern. Die Frankfurter Ereignisse am 16.17.18. u. 1S. Sept. Der Annahme des Waffenstillstandes am 16. Sept, durch die Nationalversammlung folgte in Frankfurt eine ge waltige Aufregung, die sich später in Excessen innerhalb und außerhalb der Stadt Luft machte. Beim Nachhausegehen der Abgeordneten wurden die der Linken, welche dagegen gestimmt hatten, mit lautem Jubel, die der Rechten mit gellenden Mis- fallensbezeugungen empfangen. Dann wälzte sich die Menge durch die Straßen, zertrümmerte alle Fenster der Heckscher'schen Wohnung und verübte, besonders im Wcstmdhall, allerhand Zer- Pörungen. Die Bürgerwehr und das dort garnisonirende kur hessische Bataillon säuberten jedoch die Straßen, ohne daß es zu einem Zusammenstöße gekommen wäre. Am folgenden Tage, d. 17. Sept., wurde in einer großen Volksversammlung auf der Pfingstweide in der Nähe Frankfurts, in welcher die Abg. der Nat.-V er s. Simon aus Trier, Schlöffel, Wesendonck nnd Zitz sprachen, beschlossen, die Mitglieder der Nationalversammlung, welche den Waffenstillstand genehmigten, für Verräther am Vater land, an der Ehre und Freiheit Deutschlands zu erklären; 2., diesen Beschluß aufs schnellste dem deutschen Volke bekannt zu machen und 3., durch eine Deputation denselben am 18. in der Pauls- kirche förmlich mitzutheilen. Die Linke selbst faßte den Ent schluß: einen Aufruf an da- Volk zu erlassen und dasselbe zur Beschlußfassung über den Waffenstillstand in letzter Instanz aufzufordern. Dadurch ward , die Aufregung immer größer, so daß an dem Abende diese- Tages die Massen bis nach Mit ternacht durch die-Straßen zogen, doch ohne irgend erhebliche Ruhestörung. Der Senat der Stadt Frankfurt hatte bereit- am Abende des 17. Truppen aus Mainz requirirt und noch um Mitternacht das Reichsministerium ersucht, die Leitung aller zum Schutze der Nationalversammlung führenden Vorkehrungen zu übernehmen. — Am 18. früh kamen, aufgebvtep und auf gewiegelt durch republikanische Emissäre, Zuzüge von Bewaff neten aus der Umgegend in die Stadt. Unter Umzinglung dtp Paulskirche durch österreichische und preußische Neichstruppen, die aber auf Anordnung des Präsidenten aus der Nähe det Kirche zurückgezogen wurden, begann die 80. Sitzung der Nationalversammlung. Der Präsident eröffnete der Ver sammlung, das gegenwärtige interimistische Reichs-Ministerium werde bis zur Bildung eines neuen Ministeriums die Leitung der laufenden Geschäfte zu besorgen fortfahren. Ein Versuch der Tumultanten, in. die Kirche stürmend einzudringen, wurde von den Reichstruppen zurückgewiesen. Um 1 Uhr ward, da die ganze Versammlung nicht in der Stimmung war, den Rednern bei Berathung des IV. Art. der Grundrechte Gehör zu schenken, die Sitzung aufgehoben. — Um 1 Uhr Mittags wurden an verschiedenen Punkten Barri kaden errichtet, namentlich an der Ecke der Dönges-,Hasen- und Fahr- gaffe. Um 2 Uhr rückten einige Compagnien Oesterreicher die Dön gesgasse hinab; es wurde gefeuert. Von Zeit zu Zeit wurde ein Getödteter oder Verwundeter vorüber getragen. An den Häu sern hing man da und dort Fenster aus, um Steine hinabzu schleudern. Auf dringendes Bitten wiederholter Deputationen bewilligten um Uhr die Reichsminister Stunde Waf fenruhe, um den Aufständischen Zeit zur Abtragung der Barri kaden zu gewähren. Als um 6 Uhr die Barrikaden nicht wegge räumt waren, raffelten würtembergische Geschütze vom Bocken- heimer Thore herein, begleitet von Darmstädter Reiterei, die Zeil hinab; Truppen auf Truppen rückten von der Westseite in die Stadt; plötzlich krachten die Kanonenschüsse, die Barrikaden wurden genommen, die Häuser, aus welchen auf die Truppen geschossen wurde, erobert. Der Kampf währte von 1 Uhr Mittags bis Nachts 11 Uhr, wo alle Hauptstraßen in der Ge walt der Truppen alle Barrikaden genommen waren und der Aufstand gedämpft. — Die schnell herbeigezognen NeichS- truppen (Preußen, Oesterrcicher, Hessen) haben mit bewunderns würdiger Tapferkeit und Mäßigung gekämpft, und viele Barri kaden ohne einen einzigen Schuß, nur mit dem Bajonett, ge nommen. — Die Bürger Frankfurts nahmen am Kampfe nicht Theil. Am 19. September glich Frankfurt ganz, nur im Kleinen, Paris. Eine ungeheure Truppenmasse (in Allem sind 12,006 Mann hier) campirte auf den Straßen; auf der Brücke nach Sachsenhausen waren Kanonen aufgepflanzt, würtembergische, preussische und hessische Artillerie stand hie und da; auf Stroh lagen Böhmen, Darmstädter, Preußen, Kurhcssen und ruhten nach dem heißen Kampfe aus; kriegerische Gesänge erschallten. Tausende von Zuschauern zählten die Kartätschenschüsse in den Häusern und sammelten Kugeln; hin und wieder stieß man auf eine mehr oder minder große Blutlache und auf die Heber-, reste der eroberten Barrikaden. Die Thore waren gesperrt. Die Stadt ist in Belagerungszustand erklärt und das Kriegsgesetz verkündet. Alle Vereine sind auf gehoben und deren Mitgliedern ist verboten, sich zu versammeln. Dit Entwaffnung aller Einwohner, sofern sie nicht zur organisirteN Bürgerwehr und Schutzwache gehören, ist verfügt. u -