Volltext Seite (XML)
itr Stäat-MinistN' Morgi ermächtigt, dir Mnkommensteue, zu Prveent aü-zuschreidrn. T-nstittririefive NalivnatversaMmiung. — Die Sitzung am 7. wgp dtt stürülischste/die seit «dem Zusammentritte dn Natto- nalversginüllung Stattgefundeü. An dn Tagesordnung war dn Bericht'stbn Amnestie. Die Worte des Abg. Brentano: „Wol len Sie die Männer, welche in Baben die Waffen ergriffen ha ben, zurücksetzen gegen einen Prinzen von Preußen?" riefen eine unbeschreibliche Scene wirren Tumultes hervor; die Linke ruft dem Redner stürmisch Beifall zu; auf den andern Seitm deS Hauses erhebt sich wirrer Gegenruf; der Ruf: „Der Redner her unter!" braust auf der Rechten gewaltig auf; die Linke ant wortet: „Nein, nein, bleiben, fortreden, Redefreiheit!" Alles er hebt sich von den Sitzen, Viele springen auf die Bänke, dichte Gruppen drängen sich um die Tribüne, üuf der Brentano trotz deS tobenden RufeS „herunter" bald heftig nach der Rechten ge- sticulirend, bald mit ruhigem Lächeln die Arme kreuzend, sich be hauptet. Alle Anstrengungen des Vicepräfidcnten v. Soiron, die Ordnung wieder herzustellen, bleiben ohne Erfölg; sein gewal tiges Organ, der heftigste Gebrauch der Schelle wird von dem Sturm übertönt, der das HäUS durchbraust, und den verworrenes« Schreien von den Gallerien immer mehr steigert. Nachdem der Tumult so mehre Minuten lang angedauert und immer heftiger zu werden drohte, tobende Gruppen die Rcdnerbühne umdräng- ten, bedeckt sich endlich der Bicepräsident v. Soiron und erklärt die Sitzung für geschlossen; er verläßt mit den Secretairen das Bureau. Noch lange tobt der Tumult in dem Hause fort; end lich begibt sich Brentano von der Rednerbühne herab; nur lang sam leeren sich die Räume des Hauses. —Bei gedrängt vollem Hause begann daher unter allgemeiner ängstlicher Spannung auf die Entwicklung dieser Vorfälle die Sitzung am 8. Aug. Der Bicepräsident wollte den Abgeordneten Brentano zur Ordnung rufen; doch die Linke ließ ihn dieses Wort nicht aussprcchen, fuhr wuthentbrannt empor und protestirte unter wildem Geschrei gegen den Ordnungsruf. Soiron ging nicht darauf ein, und da der Tumult immer stärker wurde und dem Präsidenten kein Ge hör mehr verliehen wurde, so hob er die Sitzung abermals auf. Um 11 Uhr eröffnet er sie wieder und wiederholt den Ord nungsruf gegen den Abg. Brentano. Die Linke protestirt aufs Neue. Vergebens erklärt v. Gagcrn, über den Ordnungsruf könne nicht discutirt, sondern nur mittels schriftlichen Antrags an die Versammlung apellirt werden. Vicepräsident v. Soiron will die Sache kurz abschneiden und gibt dem Abg. Brentano das Wort, „zur Fortsetzung seines gestrigen Vortrags." Dieser wird lange von seinen College» voll der Linken zurückgchalten, besteigt endlich die Rednerbühne und wird von der Linken und der Gal- lerie mit einer rauschenden Beifallssalve empfangen. Der Vice- präfident erklärt, er werde die Verhandlung nicht fortsetzen, bis die Ruhestörer von der Gallerte entfernt seien. Auch die untern Zuhörerräume, dir Plätze der Damen und die der Journalrefe renten werden geräünti. Die Räumung geht jedoch nur langsam von Statten; das Publicum sammelt sich vor der Kirche, und ein zelne Redner sprechen an die Menge. Es wird u. A. ein Pro test gegen jeden in geheimer Sitzung gefaßten Beschluß verlesen. EMich sind die Tribunen geräumt, Stadtwehrmänner besetzen dit Kirchthüren, welche von innen verschlossen werden. In der Versammlung selbst protestiren die Abgg. Vogt, Wigard u. A. gegen jede Berathung in geheimer Sitznng. Die Wiederzulas sung der Journalisten wird auf Anttag deS Abg. Zimmermann gestattet, jene deS Publikums aber mit 390 gegen 91 Stimmen verworfen. Abg. Brentano erhält daö Wort; er schreibt die l^rpfindltchkeit der Preußen über seine gestrige Aeußerung dem Gerüchte nach von einer Partei betriebenen Plane zu, den König von Preußen zur Abdankung zu Gunsten deS Prinzen von Preu«- sm zu veranlassen. GS sei da- ^Unerhörte geschehen, daß man auf der Tribune an einen Volksvertreter Hand angelrgj habe (v, Soiron: Ich habe nichts davon gesehen. LinkS: Ja, ja, Plathner!) Er sei sogar durch Graf Wärttn^leVett'und Plath- ner wegen seiner Aeüßerung auf dieser Tribune auf Pistolen ge fordert worden. Die Mehrheit beschloss, die persönliche Frage vorläufig unerledigt zu lassen und die Amnestie Wetter zu berathen. Die Linke protestirte dagegen und erklärte, unter dem Schutze der Bayonnete (eS war zu Entfernung der Volksmaffen Militair und Stadtwehr vor der Kirche aufgestellt worden) und 'in geheimer Sitzung nicht abstimmcn zu wollen, und verließ größtentheilS den Saal. Die Amnestie wurde bei namentlicher Abstimmung mit 370 gegen 90 Stimmen verworfen. - — Der Rcichstagsabgeordnete Gritzner aus Oesterreich hat mit 111 Genpssen den Antrag auf Abschaffung der Ehelostgkrit der kathol. Geistlichen gestellt. Drei römische Bischöfe nebst 65 anderen Abgeordneten reichten sofort eine Verwahrung ein gegen diese Einmischung der Nationalversammlung in „innere Verhält nisse" der römischen Kirche. — In der Sitzung am 10. Aug. ward die von Thiengen in Ba den ausgegangene Wahl Heck erst berathen, mit Stimmenmehr heit für ungiltig erklärt und die badische Regierung ersucht; eine neue Wahl zu veranstalten. — , Am 10. Aug. hat das Reichsministerium seinen ersten Ge- . sandten ernannt, und zwar v. Auerswald für Petersburg. Man Ist mit dieser Ernennung aber keineswegs einverstanden „ indem man behauptet, daß v. Auerswald, der außerordentlich feinen Di plomatie Rußlands gegenüber, zu dieser Stellung nicht paßt. In der Sitzung v. 11. Aug. entschied sich die Mehrheit für den monatlichen Gehalt des Präsidenten zum Betrage von 2000 Fl. Der so viel besprochene und in gewisser Beziehung gefürchtete 6. August im Jahre I des neuen deutschen Reichs ist im Ganzen genommen glücklich, d. h. ohne Störungen, vorübergegangen. Fast in allen deutschen Staaten, wenigstens in allen kleinern, hat dieHuldigungsparade desMilitairs mit der größ te» Feierlichkeit Statt gefunden, und die Zeitungen sind voll von Berichten darüber. I» Dresden nahmen auch Prinz Albert-als Artilleriehauptmann und Prinz Georg als Lieutnant der Gardc- reiter an der Ceremonie Theil. Die dem Reichsverweser ausgc- brachten Hochs wurden jcdeSmal von einer Batterie Zwölfpfündcr durch ein Lagerfeuer unterstützt. — Auf die glänzendste Weise ward diese Feierlichkeit in Drannschweig begangen. Den einzelnen Abtheilungen der Bürgcrwehr, den Turnern und dem Militair schlossen sich auch die wegen der Messe gerade dort anwesenden Fremden mit rühmlichstem Pattiotismus an. In Lasset stand der Churfürst selbst an der Spitze der Truppen, und brachte dem Rcichsverweser mit gezogenem Degen ein lautes Hoch. In dem Hafen von Hamburg waren an diesem Tage zum ersten Male die Kriegsschiffe mit der deutschen Kriegsflagge geschmückt. In Kayern jedoch wurde das erste Hoch dem Könige gebracht, das zweite erst dem Reichsverweser. In Preußen brachten nur die Bürgerwehren dem Reichsverweser ihre Huldigung dar, da nach einein Schreiben des KrtegSmtnisterS v. Schreckenstein an die verschiedenes, GencralcommandoS „es nach Lage der Um stände angemessen erscheine, den Armeebefehl des Königs wegen Errichtung der provisorischen Centtalgewalt in Deutschland nicht am 6. August bekannt zu machens noch weniger eine Parade dabei Statt finden zu lassen." (Doch ist jetzt der Rcichsverweser durch den General Below eingeladen, bei Gelegenheit deS DombaufesteS in Cöln die Huldigung der preußischen Truppen persönlich entge gen zu nehmen.) In Hannover feierte das Militair den 6. Au gust, den Tag der deutschen Einheit, im Innern der Casernen ; desgleichen steckte die Wienrr Garnison in ihren Casernen die