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Mürz 1893. .STAHL UND EISEN.* Nr. 6. 261 Bücherschau. Handbuch des Eisengiefsereibetriebes. Unter Be rücksichtigung verwandter Zweige. Von Dr. Ernst Friedrich Dürre, Professor an der Technischen Hochschule zu Aachen. Dritte, gänzlich umgearbeitete Auflage. Erster Band. Mit Textillustrationen und einem Atlas von 32 Tafeln in Imperialformat. Leipzig 1892. Verlag von Arthur Felix. Die Bedeutung des vorliegenden Buches läfst sich am besten verstehen, wenn man höit, was der Ver fasser selbst in der Vorrede darüber sagt. „Das Buch soll alle 1 hatsachen auf dem weiten Gebiete der Giefserei- technik thunlichst berücksichtigen und in erster Linie als ein Sammel- und Nachschlagebuch für den Tech niker gelten. Ausführlich, ohne weitschweifig zu sein, verfolgt es in Anlage und Ausführung durchaus nicht die Ziele eines knapp zu haltenden Hand- oder Lehr buches, sondern will eine möglichst vollständige Dar stellung des heutigen Standes der Giefsereitechnik geben. Aelteres wurde insoweit berücksichtigt, als es für die Entwicklungsgeschichte einzelner Einrichtungen und Betriebe wichtig schien; im übrigen ist auch eine übersichtliche Schilderung von wichtigeren Neben verhältnissen nicht vergessen worden.“ Dem in diesen Worten gekennzeichneten Ziele ist der Verfasser bei der Bearbeitung des bis jetzt erschienenen ersten Bandes unentwegt treu geblieben. Der Band zerfällt in zwei Hauptabschnitte, erstes und zweites Buch genannt. Im ersten Buche sind die Rohstoffe oder Materialien des Giefsereiwesens behan delt, und zwar zunächst die zur Gufswaarenerzeugung benutzten Metalle: Roheisen, Flufseisen, Kupfer- legirungen (Bronzen, Tombak, Messing u. a. m ), Zink und Zinklegirungen, Zinn und Zinnlegirungen, sodann die Formmaterialien (Formsand, Masse, Lehm), schliefs- lieh die Brennstoffe. Das zweite Buch umfafst die Besprechung der Betriebsvorrichtungen: Schmelzöfen nebst Gebläsen, Hebevorrichtungen, Zerkleinerungs vorrichtungen für Formmaterialien, Trockenkammern, Dammgruben, Giefspfannen, Vorrichtungen zum Putzen, Schleifen, Tempern der Gufswaaren u. s. f. Das Werk ist mit einer Ausführlichkeit geschrieben, dafs es wenige Fragen im Giefsereibetriebe geben dürfte, über die man nicht insoweit Belehrung finden wird, als es der jetzige Stand der Wissenschaft ge- j stattet. Hier und da ist der Verfasser in seinem Bestreben, möglichst vollständig den Gegenstand zu behandeln, vielleicht sogar weiter gegangen, als gerade nothwendig war. Die Besprechung der Roheisen darstellung im Hochofen ist z. B. Gegenstand der Eisenhüttenkunde und hätte ohne Nachtheil für den Werth des Buches fortbleiben können; auch die sehr ausführlichen Auslassungen über Brennstoffe, z. B. Holz, Torf, Braun- und Steinkohlen sind in einem Handbuche des Giefsereibetriebes kaum an ihrer rich tigen Stelle. Sie schaden zwar nicht dem Werthe des Buches, vergröfsern aber unnöthigerweise den Umfang. Dagegen kann man nicht in Abrede stellen, dafs die ebenfalls ausführlichen Abschnitte über Gebläse und Hebevorrichtungen der Giefsereien, obschon streng genommen in das Gebiet der Maschinenlehre und nicht in das eines technologischen Werkes gehörend, vielen Lesern willkommen sein werden. Wir besitzen leider noch kein Werk über Maschinenlehre, welches diesen Gegenstand mit der für den Giefsereimann wünschenswerthen Ausführlichkeit behandelt; daher besitzt das Vorgehen des Verfassers hier vollständige Berechtigung. Grofs ist die Zahl der mitgetheilten, aus Zeit- [ Schriften und anderen Werken entnommenen Analysen von Roheisen und anderen Materialien. Einige davon, aus früherer Zeit stammend, sind freilich geeignet, berechtigte Zweifel an ihrer Richtigkeit zu erwecken, . und der unkundige Les r erhält dadurch leicht irrige i Anschauungen. So z. B. ist auf Seite 40 die Zu- ; sammensetzung eines .sehr grauen“ Roheisens mit- ; getheilt worden, welches neben 4,50 Hunderttheilen । Gesammtkohle 2,72 Hunderttheile Silicium und 1,26 (!) Hunderttheile Schwefel enthalten haben soll; ein lichtgraues soll 1,14 Hunderttheile Schwefel enthalten. Ob wohl im neunzehnten Jahrhundert noch Roheisen mit mehr als 1 Hunderttheil Schwefel dargestellt i worden ist? Es ist zu bezweifeln; sollte es aber der i Fall sein, so hat es keinesfalls 4,50 Hunderttheile Kohle und noch 2,7 Hunderttheile Silicium enthalten, ist auch nicht sehr grau gewesen, sondern weifs, dickflüssig und für die Giefserei gänzlich unbrauchbar. Dieselbe Analyse ist übrigens seit mehreren Jahr zehnten bereits durch zahlreiche andere Werke hin durchgegangen; es ist hohe Zeit, dafs sie begraben wird. Die Ausstattung des Buches ist vorzüglich. Die in grofsem Mafsstabe ausgeführten Tafeln werden insbesondere beim Entwerfen Manchem nützlich sein. Das Werk ist nicht nur eine neue, sondern seinem Inhalte und seiner Ausstattung nach eine er heblich vervollkommnete Ausgabe des bekannten früheren Handbuchs. Man darf mit Freude dem Er scheinen des zweiten Bandes entgegensehen. A. Ledebur. Herstellung von Gufsstald in Masseformen. Prak tisches Handbuch für Ingenieure, Meister, Schmelzer und anderweitige Betriebsbeamte. Von Ed. Breslauer. Polytechnische Buch handlung A. Seydel, Berlin 1892. Kl. 8°, Vll und 93 Seiten. Das recht brauchbare Büchlein ist leider mit einem unzutreffenden Titel ausgestattet, da es nicht die Herstellung von Gufsstahl, sondern von Stahlgufs behandelt. Es ist vom rein praktischen Standpunkte aus geschrieben und soll auch nur der Praxis dienen. Auf 66 Seiten werden sehr ausführlich die Gaserzeuger nebst ihrem Betrieb, sowie der Martinofen und dessen Schmelzbetrieb behandelt; die Tiegelschmelzerei ist nur nebenbei erwähnt, und der Verwendung von Flufseisen, das in der Birne erzeugt ist, sind nur einige Seiten des Anhanges gewidmet, so dafs man meinen sollte, es finde überhaupt nur Martintlufsstahl zum Stahlformgufs Verwendung, was doch keineswegs der Fall ist. Auch die Mischungen, welche in ihrer Zusammensetzung dem Roheisen nahestehen, wie sie z. B. für Roststäbe vielfach im Herdofen erzeugt werden, und der Mitisgufs sind unbeachtet geblieben. Ab gesehen von diesen Auslassungen ist das, was der Verfasser in den Kreis seiner Betrachtungen gezogen hat, klar und übersichtlich behandelt, zuweilen aber zu eingehend. Denn dafs ein Schmelzer oder selbst ein Meister mit allen Ansichten der Gelehrten über die Wirkung des Aluminiums, welche 61/2 Seiten be anspruchen, bekannt sein müsse, ist doch wohl etwas viel verlangt. Der Verfasser selbst verheimlicht uns seine Ansicht über diesen Punkt. Etwas kurz (ver- hältnifsmäfsig) ist die Formerei besprochen, sehr kurz die Calculation. Ob das, was über letztere auf zwei Seiten gesagt wird, zutrifft, müssen wir den Erzeugern von Stahlgufswaaren zu beurtheilen überlassen.