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106 Nr. 3. STAHL UND EISEN.* Februar 1893. jetzt mit Leichtigkeit erreicht, da man regel- mäfsig Thomasroheisen erzeugt, dessen Schwefel gehalt nur Spuren und bis höchstens 0,07 % ! beträgt. Der zulässige Schwefelgehalt im Stahl j hängt hauptsächlich von dem Verwendungszweck desselben ab; bei Maschinentheilen, Platinen und Mistgabeln, d. h. für Stahlsorten, welche eine gröfsere Verarbeitung erleiden sollen, mufs man natürlich etwas vorsichtiger sein, doch ist bei Verwendung von Roheisen von 0,06 % Schwefel nichts zu befürchten. In Hayingen wird das bekannte Entschwefelungs verfahren des Hörder Bergwerks- und Hütten vereins angewendet. Die Betriebskosten dieses Verfahrens sollen bei einer jährlichen Production von 100 000 t nicht mehr als 0,08 •4 für die Tonne betragen. Ein Vortheil dieses Verfahrens I besteht ferner darin, dafs man mit demselben ein ebenso regelmäfsiges und schwefelarmes Roh eisen erzielt, als dies durch die zweite Schmelzung im Cupolofen erreicht werden kann. Phosphor. Der Phosphorgehalt kann sich zwischen 1,80 und 2,40 % bewegen, je nach dem der Hochofen ohne oder mit Puddelschlacken im Möller arbeitet (das llseder Roheisen mit f 2,90 % Phosphor kann natürlich gar nicht in Betracht kommen). Bei 1,80 % Phosphorgehalt mufs das Roh eisen etwa 1,0 % Siliciumgehalt haben, dasselbe mufs stark halbirt oder sogar grau und sehr I manganreich (1,75 bis 2,0 %) sein, da sonst zu | befürchten wäre, dafs der Stahl so kalt würde, | dafs er sich kaum giefsen liefse. Zur zweiten Schmelzung ist ein Roheisen mit 2,30 % Phosphor, 0,70 % Silicium und 1,60 % Mangan geeignet; : in erster Schmelzung wird man ebenfalls mit etwas weniger Silicium (1 bis 2 Zehntel weniger) günstig arbeiten. Der Phosphorgehalt kann auch mehr als 2,30 % betragen, doch würde die Entphosphorung nicht gut stattfinden, wenn in diesem Falle das Bad nicht durch Zusatz von Abfällen oder durch j einen gröfseren Kalkzuschlag abgekühlt würde. Auch mufs hier, um guten Stahl zu erzielen, der Mangangehalt des Roheisens höher gehalten werden. Mangan. Der Mangangehalt darf nicht unter 1,5 % betragen, ein Gehalt von 1,75 % ist als zweckentsprechend anzusehen. Will man extra gute Qualität oder ganz weiches Flufseisen, welches bei der Abnahme starke Biegungsproben in kaltem Zustande auszuballen hat, herstellen, | so mufs der Mangangehalt höher gehalten werden, da es sich hier darum handelt, ein regelmäfsiges und manganarmes Product zu erzielen, was bei Verwendung von Ferromangan stets schlecht gelingt. Kohlenstoff. Der Kohlenstoffgehalt soll demjenigen eines melirten bis grauen Roheisens mit Graphitbildung entsprechen, wenn bei weichem Flufseisen die Qualität von Siemens-Martin-Flufs- eisen erreicht werden soll. Der Graphitgehalt des Roheisens hat sowohl beim Bessemer- als beim Thomasprocefs stets die Eigenschaft, die Qualität des Stahls zu ver bessern ; graphithaltiges Roheisen läfst sich aufser- ordentlich gut blasen und leidet bei demselben das Birnenfutter nur sehr wenig. In früherer Zeit war der Betrieb mit zweiter Schmelzung, weil derselbe den Vortheil bietet, ein Roheisen von gleichmäfsigerer Zusammen setzung zu liefern, sehr beliebt. Es ist in der That bei demselben möglich, das Roheisen vorher chemisch zu untersuchen und die Gattirung genau zu berechnen, während das früher vom Hochofen gelieferte Roheisen oft sowohl in chemischer Zu sammensetzung als auch in physikalischer Hitze sehr unregelmäfsig war. Diese Nachtheile sind jetzt verschwunden, nachdem man, namentlich durch Mischen des Roheisens mehrerer Hochöfen, ein in jeder Beziehung regelmäfsiges Product herstellen kann. Heute arbeiten fast alle gröfseren Thomas werke, wie Longwy, Düdelingen, Hayingen und Joeuf, nach dem directen Verfahren. Der directe Betrieb bietet folgende Vortheile: 1. Das Roheisen ist bei gleicher Zusammen setzung heifser, deshalb geht die Charge heifser; 2. Ersparnifs von 7 bis 11 % Koks und 2 bis 3 % Kalkstein; 3. Wegfall der Löhne für den Cupolofen- betrieb; 4. Wegfall der Unterhaltungskosten der Cupolofen; 5. Vermeidung von Verlust an Silicium und Mangan im Cupolofen; ferner wird eine Wiederanreicherung von Schwefel im Roheisen vermieden. Nach Angabe eines Stahlwerks-Directors soll der directe Betrieb gegen den Betrieb mit zweiter Schmelzung eine Ersparnifs von 8 JI auf die Tonne Stahl bringen. S pi ege lei seu. Beim Schmelzen im Cupol ofen verliert das Spiegeleisen von seinem Mangan gehalt. Diesen Manganverlust haben wir fest gestellt und dabei gefunden: Mangan Vor dem Schmelzen enthielt das Metall . . 13,50 % Nach , » , • ■ 10.89 , Mithin Verlust .... 2,61 % Zur Rückkohlung bei weichem Flufseisen sowie zur Vermehrung des Mangangehalts von Flufsstahl wird Ferromangan verwendet. Die Zusammensetzung des zu Hayingen verwendeten Ferromangans war folgende: Kieselsäure Mangan Kohlenstoff Phosphor Schwefel 3,78 % 60,54 % 5,38 % 0,06 % Spuren In Hayingen wurde, um weiches Flufseisen mit 0,10 bis 0,18 % Kohlenstoff zu erhalten, 2 bis 3 % Ferromangan zugesetzt.