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476 Nr. 10. „STAHL UND EISEN.“ October 1882. Neben diesen beiden Methoden darf eine dritte, und zwar fehlerhafte, nicht unberührt bleiben, nämlich die Lufterhitzung mittelst der Arbeitsflammen. Hier läfst man die Flammen oder glühenden Gase, noch ehe sie im Ofen gewirkt haben, durch einen Lufterhitzer gehen, sei es in constanter Richtung durch einen zwei räumigen oder alternirend durch zwei zweiräumige. So überträgt man einen Theil von der Arbeits wärme auf die Verbrennungsluft, und der Effect dieser Einrichtung mufs im günstigsten Falle gleich Null bleiben. Auch die Entzündbarkeit der Gase bei directer Gasfeuerung wird auf diesem Wege nicht vermehrt, sondern vermindert, da die erstrebte gleichmäfsige Temperatur von Gas und Luft unter den Entzündungspunkt zu liegen kommt. Denselben theoretischen Fehler besitzen auch die in die Ofenwandung gebauten Luftkanäle. Sie entziehen dem Ofen so viel Wärme, als sie ihm in der erwärmten Luft wieder zuführen. Allerdings beabsichtigt man angeblich nicht sowohl die Luft erhitzung als Kühlung, und damit längere Haltbar keit, des Mauerwerks. Auffallend ist aber, dafs man diese Kühlung meistens den am wenigsten gefähr deten Theilen angedeihen läfst, wie den Wandungen des Generatorschachtes. Die Art und Weise, einen zweiräumigen Lufterhitzer durch die aus dem Ofen abziehenden Feuergase zu betreiben, ist überaus einfach, dagegen führen die einräumigen wegen ihres alternirenden Betriebs zu verschiedenen sich keineswegs leicht ergebenden Anordnungen. In erster Linie steht hier der allbekannte Siemens ofen mit der Methode der Zugumkehrung. So genial dieser Ofen an und für sich erdacht ist, so setzt er doch eine indirecte Gasfeuerung vor aus, deren Nachtheile im vorigen Paragraphen ein gehend besprochen wurden. An Versuchen, die Siemensschen Lufterhitzer in der Weise durch die Abhitze zu heizen, dafs eine Zugumkehrung im Ofen nicht erforderlich und damit eine directe Feuerung leicht einzurichten ist, hat es nicht gefehlt. Wir erwähnen in der Hinsicht die Feuerung von Pütsch, welche unseres Erachtens eine der vollkommensten Generatorfeuerungen erster Ordnung mit einräumigen Lufterhitzern darstellte. Alle Lufterhitzer stehen hinsichtlich des Nutz- effects nicht günstig da. Denn die Luft ist ein sehr voluminöser Körper und dabei ein äufserst schlech ter Wärmeleiter, weshalb nur die mit den heifsen Steinen in unmittelbarer Berührung befindlichen Theile Wärme aufnehmen. Dies bedingt eine im Vergleich zur übertragenen Wärmemenge unver- hältnifsmäfsig grofse Heizfläche, also grofse kost spielige Apparate, deren Wärmeverluste nach aufsen hin nicht unbedeutend sein können. Nach Perisse hat ein nach dem System Ponsard construirter Schweifsofen mit 20 t Ausbringen und 4200 kg Kohlenverbrauch, bei einem für die Gasverbrennung erforderlichen Luftquantum von etwa 18 cbm pro Minute, einen Lufterhitzer von 10,8 cbm, 126 qm I wirksamer Oberfläche und 9400 kg Gewicht der Faonsteine. Damit wird die Luft durch die Ofen abhitze bis gegen 1000 0 erwärmt, wobei die aus ’ dem Recuperator entweichenden Feuergase noch 600 0 warm bleiben. Der Ponsardsche zweiräumige Lufterhitzer hat aber sicherlich von allen bis jetzt construirten Lufterhitzern den kleinsten Gubikinhalt im Vergleich mit der Heizfläche. Gleichwohl findet Perisse den Wärmeverlust desselben zu 8 °/o. Obgleich ausgedehnte für diePraxis brauchbare, experimentelle Feststellungen darüber fehlen, wie schnell und nach welchen Gesetzen sich die Luft bei gegebener Geschwindigkeit in einem Kanal von s gegebener Temperatur erwärmt, steht von vorn herein doch so viel fest, dafs in Uebereinstimmung mit den in § 2 entwickelten Gesetzen die Schnellig- I keit der Wärmeübertragung mit der Temperatur- i differenz zwischen Luft und Wandung des Lüfter- I hitzers asymptotisch abnimmt. Demgemäfs wird in einem Kanal mit 1000 0 eine Lufterwärmung von 0 bis 100° etwa 8 mal schneller erfolgen als eine solche von 800 bis 900 °. Dies ist sehr wich- j tig. Es zeigt, dafs, wo man mit einer Lufterwär- I mung bis zu 400 0 ausreicht, der Lufterhitzer weit weniger als die halbe Grofse von einem solchen für ’ 800° zu haben braucht, dafs ebenso das doppelte Luftquantum weit schneller auf 400 °, als das ein fache auf 800 °, zu bringen ist. Nun aber ist leicht zu zeigen, dafs bei guter Feuerung der zweiten Ordnung, d. h. bei Entgasung durch Abhitze oder eine besondere Feuerung, eine Lufttemperatur von 400 0 nicht allein ausreicht, sondern die Ofen temperatur bereits an die Grenze bringt, welche i praktisch nicht überschritten werden kann. Wohl durften wir als theoretisches Ziel jeder Intensitäts- I feuerung die Erreichung der höchsten Tempera turen hinstellen, indessen wird diesem Streben eine Grenze gesetzt durch die Besehaffenheit des feuer festen Materials. Diese Grenze ist erreicht, wenn feuerfeste Ziegel, wie sie für den Gebrauch iin Grofsen hergestellt werden, auch trotz der Anwesen heit Wärme absorbirender Heizobjecte, im Ofen zu schmelzen beginnen. Dies geschieht beim Siemensofen, wenn Luft und gute Generatorgase auf 1000° vorgewärmt sind. Derselbe Effect mufs aber auch eintreten, wenn die Gase 1400°, die Luft 400° haben. Heifsgehende Generatoren der zweiten Ordnung können aber Gase von 1400° und darüber liefern, wie im vorigen Paragraphen eingehender gezeigt wurde. Der heifse Gang ist aber weiter nichts als eine Goncentration des Generatorprocesses auf einen kleinen Raum durch energische Luftzufuhr. Diese Verkleinerung des Generators bezeichnete für uns den Fortschritt der Generatorfeuerung, und wie wir soeben sahen, führt sie auch zur Verkleinerung des Lufter hitzers und verringert so die Kosten und die Wärmeverluste dieses Nebenapparats. Damit ist deutlich der Weg bezeichnet, welchen