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bau, insbesondere die Leistungen beim Oberbaulegen — es wurden bis 41/2 km in einem Tage verlegt — ganz aufserordentlich seien und ohne Beispiel dastehen. Diese Leistungen verdienten die höchste Anerkennung, selbst wenn man die den Bau erleichternden Umstände — günstige Neigungs- und Krümmungsverhältnisse, geringe Zahl der Stationen u. s. w. — in Betracht ziehe. Verein deutscher Ingenieure. (Ausflüge der XXIX. Hauptversammlung nach den Industriebezirken in Niederschlesien und Oberschlesien.) Von den 5 Tagen, an welchen die 29. Haupt versammlung des Vereins deutscher Ingenieure in Schlesien weilte, waren 3 Tage, der 21. August einem Ausfluge nach dem Waldenburger Kohlenrevier, der 23. und 24. August einem Ausfluge in den Oberschlesischen Industriebezirk gewidmet. Die Industriellen und Gewerken des Nieder schlesischen Kohlenreviers hatten die Theilnehmer der 29. Hauptversammlung für den 21. August zu Gaste geladen und so führte ein Sonderzug die Theil nehmer dieser Ausfahrt früh aus Breslau zunächst bis Station Saarau, wo ein Theil der Ingenieure den Zug verliefs, um die Werke der Ida- und Marienhütte der Silesia-Actiengesellschaft sowie die Chamottefabrik von G. Kulmiz nebst der sehenswerthen Kaolingrube zu besuchen. Die übrigen Insassen des Zuges verliefsen denselben erst theils in Altwasser, um die Werke der dortigen Spiegelfabrik-Actiengesellschaft, die Porzellan fabrik von G. Thielsch und die Fuchs-Grube zu be sichtigen, theils in Waldenburg, wo die verschiedenen Gruppen sich zum Besuche der daselbst belegenen Bahn schachtanlage der Hochberg-Grube, der Kristerschen Porzellanfabrik zu Waldenburg vertheilten oder zu Wagen nach der Friedenshoffnung- und Glückhilf- Grube abgeholt wurden. Es galt hier mehr einen allgemeinen Eindruck von der Bedeutung und Aus dehnung des Grubenbetriebes des Waldenburger Beviers und der durch die Vorzüge der Kohlenqualitäten beding ten, daran sich knüpfenden Fabricationen zu empfangen, als in die Besonderheiten dieser verschiedenen Betriebe einzudringen. An allen Stätten liefsen es die em pfangenden Besitzer und Betriebsleiter sich nicht nehmen, zugleich die Führer und den aufmerksamen Wirth ihrer Gäste zu machen und nach dem Rund gang in den Werken Erfrischungen darzubieten. Für das Mittagessen kamen die sämmtlichen Fest gäste in Salzbrunn zusammen und waren daselbst, wenngleich auf 3 Gasthäuser des Raumes wegen ver theilt. ebenfalls die Gäste der Gewerken, in erster Linie des Hrn. Fürsten von Plefs. Die Fahrt führte weiter zum Fürstenstein, dieser Perle der nördlichen Gebirgsabdachung, wo der Kaffee auf der »Alten Burg« genommen wurde, während nach dem Hinabstiege zum »Grunde« und der Erreichung des Schlosses Fürstenstein in der dortigen Restauration ein Imbifs seitens der Fürstl. Verwaltung gespendet wurde. Die Fahrt nach Oberschlesien am Donnerstag den 23. ging gleichfalls im Sonderzuge von Breslau zunächst nach Oppeln, wo etliche Theilnehmer sich trennten, um unter Führung des Hrn. Dr. Tomei die dort belegenen Portland-Cementfabriken zu besuchen. Der übrige Zug gewann seine erste Station in Zabrze; hier stiegen alle Diejenigen aus, welche theils eine nörd liche Linie von Werken — Donnersmarckhütte, Borsig werk, Julienhütte, — theils eine südlich gelegene Reihe — Grube Königin Luise, Koksanstalt von Friedländer in Zabrze besichtigen wollten; Ihr Berichterstatter gehörte zu der ersteren Partie. Der weitergehende Zug ermög lichte den Theilnehmern programmmäfsig den Besuch der Friedenshütte sowie der Werke der Schlesischen Zinkhütten-Actiengesellschaft zu Lipine. Auf Donnersmarckhütte waren es nächst der Giefsereiund Maschinen werkstatt, wo mächtige Brücken träger geschmiedet wurden, die Hochöfen, wo ein Abstich des dünnflüssigen grauen Giefserei-Roheisens die Aufmerksamkeit fesselte; sehr interessant erschien die Gewinnung von Hochofenblei unter dem Herde des Hochofens, während über dem daselbst erhaltenen Feuer das Kühlwasser der Formen reichlich herabflofs. Die Anlagen über dem Möllerboden mit ihren Zufuhr bahnen auf hohen Gestellen, weiterhin die Appolt- Koksöfen mit den daran sich anschliefsenden Kessel anlagen für die Wasserhaltung der Steinkohlengrube Concordia, während in anderer Richtung eine Rohr leitung von den Koksöfen nach dem Gasreinigungs gebäude zur Gewinnung von Theer und Ammoniak führte, endlich die Förderung der Steinkohlen auf dem Julienschacht in zweistöckiger Förderschale: dies Alles gab ein Bild von der auf diesem Werke geübten Thäligkeit und dessen Leistungsfähigkeit. Auf dem Borsigwerk übernahm Hr. Inspector Thometzek die Führung der Festgäste. Alsbald nach dem Betreten der Halle des grofsen Walzwerks begann daselbst eine wahre Parade der Walzeisenfabrication: auf der ersten Reversir-Grobkaliberstrecke wurde ein 20 Gtr. schweres Packet zu einem | j-Träger von 17 m Länge und 30 cm Höhe ausgewalzt; auf dem mit Reversirmaschine betriebenen Blechwalzwerk von 3 m Ballenlänge wurde ein etwa 12 Gtr. schweres Packet zu einem Blech von 12 m Länge und 2,5 m Breite gestreckt, an welchem den wenigsten der Um stehenden die Ueberzeugung über die vorzügliche Beschaffenheit des Materials sich aufdrängen mochte aus dem Umstande, dafs bei dieser gewaltigen Aus- plattung das Blech ganzrandig blieb. Weiter wurde ein Radreifen aus Martinstahl auf dem betreffenden Walzwerk mit stehender Welle hergestellt und auf der hydraulischen Presse ein Kesselboden von 3 in Durchm. geprefst. Gerechtes Staunen erregte die hydraulisch betriebene Scheere, welche Eisenbleche von 5 cm Stärke kalt durchschnitt. Die Herstellung der Radreifen erfuhr in dem Hammerwerk bezw. in dem daneben belegenen, neu errichteten Martinstahlwerk eine weitere Erläuterung. Ein in letzterem ergossener Block von etwa 10 Gtr. wird warm in 2 Hälften quer zerschnitten, jede Hälfte unter dem Hammer bis zu entsprechender Dicke ausgeplattet und durch diese Platte in der Mitte ein Dorn ein getrieben; dieses gelochte Stück wird über einem Ambofs mit starkem Horn unter dem Dampfhammer ausgeschmiedet, bis die innere Lochung die hin reichende Weite erlangt hat, um den so entstandenen Ring im Walzwerk zum Reifen strecken zu können. Das Martinstahlwerk mit seinen 15 Tonnen-Oefen mit darunter befindlichen Wärmespeichern und dahinter angelegten Siemens-Generatoren war der Gegenstand hohen Interesses; für die Erzeugung basischen Stahls werden dem Roheisen Abfälle von Blechen und anderem Schweifseisen zugesetzt, nachdem ersteres auf dem mit Kalkstein beschickten Herde eingeschmolzen ist, dann wird nach dem jedesmaligen Aufkochen die dünn flüssige Schlacke abgelassen. Vor den Oefen sind die hydraulischen Krahne zum Heben der Giespfanne sowie zum Ausheben der Blöcke aufgestellt. Der weitere Umgang führte nach der neuen An lage der Kammeröfen-Verkokung, mit deren Leistungen die noch vorhandenen alten Meileröfen für die Ver kokung einen sattsamen Vergleich des hier geschehenen Fortschritts darboten, welcher durch die Erteufung der backenden Kohlenflötze mit den Schächten der Hedwigswunsch-Grube erlangt worden ist. Hieran schlofs sich die Besichtigung der Hochöfen.