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Langsam setzte sich der schlankgebaute Schiffskörper in Bewegung und schofs unter dem lauten Hochruf, welcher der Direction der Germania-Werft galt, in die Kieler Bucht. Nunmehr ging es zur Besichtigung der ausgedehnten Werkstätten, der technischen Einrich tungen und der Hellinge. Unweit letzterer war ein mit bewundernswerther Sauberkeit ausgeführtes Modell der früher auf der Werft gebauten Kreuzercorvette »Prinzefs Elisabeth« ausgestellt; be sonderes Interesse erregten zwei ebendaselbst liegende Bronce-Torpedos, deren Erklärung wifs- begierig entgegengenommen wurde. Um 1 Uhr dampfte man weiter zu der in der Swentinemündung gelegenen Werft der Herren G e b r. Howaldt. Hier wurde die Gesellschaft von den Besitzern zunächst in das, durch die Einrichtung seines hellen, geräumigen Zeichensaales bemerkenswerthe Verwaltungsgebäude geleitet. Durch die auf gestellten zahlreichen Modelle, Photographieen und Entwürfe erhielt man bereits einen Vorbegriff von der Leistungsfähigkeit der Anlagen; besonderes Interesse erregten eine Reihe deutscher und englischer Materialproben, deren Ursprung kenntlich gemacht war. Nach Einnahme eines freundlichst dargebotenen köstlichen Imbisses, der die Besucher die culinarischen Eigenheiten der Gegend kennen lehrte, schritt man zur Besichtigung der Maschinen werkstätten, Eisen- und Metallgiefsereien, Bootsbauräumen u. s. w., in denen überall ein erfreuliches reges Leben herrschte. Die Firma beschäftigt sich neben dem Bau von Scliiffsmaschinen-Pumpen aller Art, Dampfwinden, kurz der für die Ausrüstung moderner Dampfer erforderlichen zahlreichen maschinellen Einrichtungen auch mit Erfolg mit allgemeinem Maschinenbau und der Herstellung besonderer Artikel, unter denen die rühmlichst bekannte und viel benutzte Howaldtsche selbst dichtende Metallpackung für Stopfbüchsen aller Art und Speisewasserreiniger nach patentirtem System hervorgehoben zu werden verdienen. Auf der Schiffswerft waren zur Zeit des Besuchs fünf Dampfer aus Flufseisen verschiedener Gröfse, unter ihnen ein für Fiume bestimmter Postdampfer, und je ein für die Tropen und für Kopenhagen bestellter Passagierdampfer, ferner ein Eisbrecher, Leichterschiffe und eine Reihe für die Kaiserliche Werft bestimmter eiserner Pontons im Bau begriffen. Die einzelnen Schiffskörper waren in den verschiedensten Stadien des Baues. Um die aufserordentliche Leistungsfähigkeit der Werft zu kennzeichnen, sei angeführt, dafs die Firma grofse Seedampfer in der kurzen Frist von zwei Monaten vom Tage der Kielstreckung bis zur Abreise in die See fertigzustellen vermag; freilich dürfe er hierbei, meinte Hr. Georg Howaldt lächelnd, bei der Materialanlieferung von den deutschen Hütten nicht im Stiche gelassen werden. Besonderes Interesse erregte ein zum Ablauf fertiger, 1000 t haltender Frachtdampfer, der für die Rhederei der HH. Gebr. Lange bestimmt war. Der Dampfer war der vierte, der in gegenwärtigem Jahre auf derselben Helling erbaut wird! Die zukünftigen Eigenthümer des Schiffs hatten die Freundlichkeit gehabt, den Stapellauf desselben, welcher bereits 8 Tage vorher hätte stattfinden können, bis zum Besuche des Vereins hinauszuschieben. Kurz nach 2 Uhr versammelten sich die in einzelnen Abtheilungen in dem ausgedehnten Etablissement zerstreuten Theilnehmer um diesen Schiffskörper, ein Fräulein Tochter des Hrn. Lange zerschlug hier die Schaumweinflasche am Bug desselben, taufte ihn »Föhr« und gab das Zeichen zum Ablauf. Mit bewundernswerther Präcision glitt der Kolofs in erst langsamer, dann immer schneller werdender Bewegung in die Swentine, deren Wasser hochaufspritzte. Durch Bremsketten wurde er inmitten des Flusses in seinem Lauf gehemmt. Ein tausendstimmiges Hurrah begleitete den Vorgang, der bei den, eines solchen Schauspiels meist ungewohnten Gästen sichtlich einen tiefen Eindruck hinterliefs. Gegen 1/23 Uhr schiffte man sich wieder ein und machte, verlockt durch den prächtigen, in diesem Sommer ungewohnten Sonnenschein einen improvisirten Abstecher in die Wyker Bucht. In Holtenau stieg man aus und besichtigte die historisch denkwürdige Stätte, an welcher unser greiser Heldenkaiser weiland Wilhelm 1. im vorigen Jahre den Grundstein zu dem Nord-Ostseekanal gelegt hatte, und orientirte sich über die Mündung und Richtung des letzteren. Von einer Inangriffnahme des Baues war noch nirgends etwas zu bemerken. Nach Verlauf von einer Stunde traf der Dampfer vor Hotel Bellevue ein, woselbst ein trefflich zubereitetes Mittagsmahl der Gesellschaft harrte. Dasselbe verlief in äufserst animirter Weise, gewürzt von zahlreichen Tischreden und Gesängen. Hr. C. Lueg eröffnete die Reigen der Trink sprüche mit einem kräftigen Hoch auf die deutsche Marine, auf welche die ganze Nation mit Stolz und Zuversicht blickt; Hr. Kaiser). Maschinenbau - Director Meyer liefs in Erwiderung in freund licher Weise die deutschen Eisenhüttenleute leben, während Hr. Brauns auf den um das Arrangement des Tages verdienten Hrn. Kaiserl. Maschinenbau - Ingenieur Busley ein Hoch aus brachte. Die zahllosen folgenden Trinksprüche aufzuzählen, würde selbst einem wenig gewissen haften Chronisten schwer fallen, nur mag nicht unerwähnt bleiben, dafs Hr. Dr. Beumer sich