Volltext Seite (XML)
822 Stahl und Eisen. Ausflüge. 15. October 1896. bei dessen Versammlung in Siegen gemacht habe, die Mühen kenne, welche die Vorbereitungen zu solchen Versammlungen verursachen; hier in Oberschlesien seien sie um so schwieriger gewesen, als die Theilnahme eine grofse sei und die Quartiere räumlich auseinanderlägen; er betont das aus gezeichnete Gelingen der Veranstaltung und sagt dem Festausschufs und seinen einzelnen Mitgliedern, in erster Linie dessen unermüdlichem Vorsitzenden, Generaldirector Mei er-Friedenshütte, herzlichen Dank. Die Wogen der Festfreude gingen bereits hoch, als der Vereinsvorsitzende sich nochmals das Wort erbat, um ein an seine Adresse soeben aus Friedrichsruh als dringend aufgegebenes Telegramm zu verlesen: „Ich bitte Sie, der Festversammlung für die ehrenvolle Begrüfsung und für das Fest halten an der Interessengemeinschaft aller heimischen Erwerbsstände meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. von Bismarck.“ Mit sichtlicher tiefer Bewegung hatte der Vorsitzende diese Kundgebung verlesen; mit lautloser Stille hatte die Versammlung ihr gelauscht — alsdann brach sie in stürmischen, nicht enden wollenden Beifall aus. Unter dem Eindruck dieser begeisterten Stimmung trug Landtagsabgeordneter Dr. Beumer nach bekannter Melodie in ebenso schlagfertiger wie witziger Weise dichterische, auf die Ereignisse des Tages Bezug habende Improvisationen vor, welche Lachsalven hervorriefen und schliefslich unter noch maligem elementarem Hervorbruch des Jubels der bedeutsamen Antwort aus Friedrichsruh gedachten. Erst in vorgerückter Stunde suchten die Theilnehmer ihre Quartiere auf, für welche die ober schlesische Gastfreundschaft in trefflicher Weise gesorgt hatte. — * * * Am folgenden Morgen, Montag den 21. September, zertheilte sich nach wohlüberlegtem Plan die Gesellschaft in drei Gruppen zur Besichtigung der hervorragendsten Hütten. Die erste Gruppe besuchte Marthahütte (der Kattowitzer Actiengesellschaft) und die Baildonhütte (der Oberschlesischen Eisenindustrie-Act.-Ges.), nahm dann im Hütet Wiener in Kattowitz ein freundlichst angebotenes Frühstück ein, ging Nachmittags in die ausgedehnten Hüttenwerke und Fabriken der Vereinigten Königs- und Laurahütte und ruhte sich schliefslich von den Anstrengungen des Tages bei fröhlichem, von dieser Gesellschaft dargebotenen Mahle im Parkhötel in Königshütte aus. Die zweite, die an Zahl stärkste Gruppe, stattete zunächst der Königl. Hütte und den Huldschinskyschen Hüttenwerken, beide in Gleiwitz, Besuch ab, frühstückte dann trefflich in der Loge daselbst, fuhr hierauf nach Donnersmarckhütte und Borsigwerk und war am Abend bei den Verwaltungen dieser beiden Werke zu Gast. Die dritte Gruppe wurde von Morgenroth mittels der Oberschlesischen Dampfstrafsenbahn nach Lipine befördert, besichtigte daselbst die Hüttenanlagen der Schlesischen Actiengesellschaft für Bergbau und Zinkhüttenbetrieb, erfrischte sich dort durch ein Frühstück und machte sich alsdann zum Besuch der Hüttenwerke der Friedenshütte auf, um sich schliefslich im gastlichen Hüttenhause derselben zu köstlichem Mahle einzufinden. Was die besichtigten Werke, deren Leistungen und technischen Einrichtungen betrifft, so beab sichtigt die Berichterstattung, hierauf später noch eingehend zurückzukommen; es erübrigt ihr noch, den ausgezeichneten Empfang, welcher den Besuchern überall zu theil wurde, die liebenswürdige Bereitwilligkeit, mit welcher die Führer überall ihre Erklärungen abgaben, und die überaus herzliche, gastfreie Aufnahme, welche allenthalben gespendet wurde, hierdurch actenmäfsig festzulegen. Dank erfüllt schied man daher an allen Orten von den Gastgebern, mit ihnen überzeugt, dafs die gemeinsam verlebten Tage wesentlich zur Festigung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Ostmark und den übrigen eisenerzeugenden Bezirken unseres Vaterlandes beigetragen haben. * * * Am Dienstag, den 22. September, führte ein von der „Eisenhütte Oberschlesien“ gestellter Sonderzug die ganze, aus rund 250 Köpfen bestehende Gesellschaft über die Grenze nach Wilkowitz zum Besuch der Hüttenwerke der Witkowitzer Bergbau- und Hüttengesellschaft. Wie aus einer, den Theilnehmern von der Werks Verwaltung freundlichst überreichten, dem Verein gewidmeten Schrift zu entnehmen ist, umfafst diese Gesellschaft das Eisenwerk Witkowitz, die gewerkschaftlichen Steinkohlengruben und Koksanstalten in der Umgebung von M.-Ostrau, zwei Eisen steinbergbaue in Oberungarn, Roth- und Magneteisensteingruben in Mähren und Rasenerzberechtsame in Galizien. Das Eisenwerk ist im Jahre 1829 durch Se. Kaiser!. Hoheit den Erzherzog Rudolf begründet, es wurde im Jahre 1843 durch das Bankhaus S. M. von Rothschild angekauft und ging