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WHeritz-Mung. Anzeiger für Dippoldiswalde nnd Umgegend. .. - U»«Mltz.Z«U««' «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donnea- taa und Sonnabend und wird anden vorhergehen- denMrnden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern K Pfg. — All^Pöstan- galten, Postboten, sowie UnsereAustrSgernehmen Bestellungen an. Inserate werden mit II Pw , solche aus unsere» Amtstzauptmunnschast mit 12 Pfg. die Spalyell« oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen aus der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. 3V Pfg. - Tabellarische und komplizierteJnserat« mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 30 Pfg. Amt«Pfaii für di- Königliche Amtshauptmannschaft, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtseMgem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land, und hauswlrtschaftticher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Lage« wird keine Garantie übernommen. Verankworklicher Redakteur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. 75. Jahrgang. Dienstag, den 19. Oktober 1909. Nl. 121. Freitag und Sonnabend, den 22. und 23. Oktober 1909, werden die Geschäftsräume des unterzeichneten Amtsgerichts gereinigt; es können deshalb an diesen beiden Tagen nur wirklich dingliche Geschäfte erledigt werden. Dippoldiswalde, am 4. Oktober 1909. V Keg. 385/08. Königliches Amtsgericht. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Fahrrad- und Maschinenhändlers M« Eduard Wirthgen in Höckendorf wird infolge eines von dem Gemeinschuldner gemachten Vorschlages zu einem Zwangsvergleiche Bergleichstermin auf den 8. Rovomdor 1909. vormittag» '/211 vdr, vor dem hiesigen Königlichen Amtsgerichte anberaumt. Der Bergleichsvorschlag ist auf der Gerichtsschreiberei des Konkursgerichts zur Einsicht der Beteiligten niedergelegt. Dippoldiswalde, den 15. Oktober 1909. Das Königliche Amtsgericht. Landtagswahl. Unter Hinweis auf die Bekanntmachung vom 12. d. M. —Amtsblatt Nr. 119 — wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß die Wahlhandlung nicht nachmittags 2 Uhr sondern nwvkmüttag» 5 llkn endet Dippoldiswalde, am 16. Oktober 1909. Der Stadtrat. Landtagswahl. Nachdem vom Königlichen Ministerium des Innern als Tag der Wahl der Ab geordneten für die zweite Kammer der Ständeoersammlung äor 21. vktodor 1999 festgesetzt worden ist, wird dies hierdurch mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß die Wahlhandlung an dem vorbezeichneten Tage um 10 Ahr vormittag» beginnt und Punkt 5 Ahr nachmittag» geschlossen wird, sowie, daß die Stadt Dippoldis walde in zwei Wahlbezirke geteilt worden ist. Der I. Bezirk wird gebildet von den bewohnten Gebäuden Nr. 1 bis 185 de» Brandkatasters, Abteilung L, während der >1. Bezirk alle übrigen bewohnten Ge bäude von Nr. 188 bis 315/16 des vrandkatasters Abteilung L und Nr. 1 bi» 112 de« Brandkatasters Abteilung v umfaßt. Die im I. Bezirk wohnhaften Stimm- berechtigten haben ihre Stimmzettel im «tv» kwbkauwv», die im II. Bezirke wohnhaften Stimmberechtigten dagegen ihre Stimmzettel im Sw»I» Aakksusv« während der oben angegebenen Zeit abzugeben. Als Wahlvorsteher bezw. Stellvertreter sind ernannt worden: Herr Stadtrat Reichel als Wahlvorsteher für den l. Bezirk, Herr Stadtrat Jehne als dessen Stellvertreter und Herr Stadtrat Liebel als Wahlvorsteher für den ll. Bezirk, Herr Stadtrat Standfuß als dessen Stellvertreter. Dippoldiswalde, am 12. Oktober 1909. Der Ttadtrat. Unter Bezugnahme auf 8 4 Ziffer I der Verordnung zur Ausführung des Lehrer- pensionsgesetzes pp. vom 24. Mai 1892 — Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 209 folgende — werden die Schulvorstände des hiesigen Bezirks veranlaßt, bis zum 25. November dieses Jahres hierher anzuzeigen, ob im laufenden Jahre an den die Höhe des Schulgelde« betreffenden ortsstatutarischen Bestimmungen etwas geändert worden ist oder nicht. Aoniglivk« vvLinKssokuIinspviklion 1182 K. am 12. Oktober 1909. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. In der am Freitag in der Reichs- kröne stattgesundenen Wähleroersammlung gab Herr Land tagskandidat Bürgermeister Wittig-Rabenau Bericht über den letzten Landtag und die Aufgaben der kommenden Landtage. Aus den vielen Beratungsgegenständrn der letzten Sitzungen greift Redner besonders die Besoldungs regulierungen, das Jugendsürsorgegesetz, das Wahl- und da» Wasscrrecht heraus. Redner habe lich stets für Besser stellung der unteren und mittleren Beamten bemüht und habe auch mit vr. Spieß und Nudelt eine gerechtere Ver teilung der staatlichen Schulunterstützung beantragt. Bei Besprechung des Eisenbahnwesens sei er für Beseitigung von Uebelständen auf den Sekundärbahnen eingetreten, wie er überhaupt bei Beschlüssen über Bahnbauten mehr das volkwirtschaftliche, als das finanzielle Interesse in den Vordergrund stelle. Zum Ausgleich der Lasten durch Schneeauswerfen und Wegebau seien auf seine Anregung für erstere» 5000 Mark mehr und für letzteren 100 000 Mark eingestellt werden. Das Fürsorgegesetz teilt das Land nach den sünf Kreishauptmannschaften in fünf Fürsorge- verbände. Für die Unterbringung geistig und leiblich verwahrloster Kinder zahle die Staatskasse die eine HStfte, der Fürsorgeoerband die andere Hälfte. Nach dem Wasser recht stehen in Zukunst alle fließenden Gewässer unter der Aufsicht des Staates. Jeder, der ein Recht am Wasser laufe habe, könne es bis 1911 zum Eintrag ins Wasser- buch anmelden. Die Erhaltung der Ufer ist zur Entlastung der Einzelnen Genossenschaften auferlegt. Das Stempel sleuergesetz ist durch die Notwendigkeit, Geld zu schaffen, entstanden. Die Verhandlungen über das neue Wahl gesetz haben sich lange Zeit hingezogen, weil es eine schwierige Lösung war, ein gerechtes Wahlgesetz zu schaffen, das auch vor der Ueberfüllung der Kammer mit, Sozial demokraten schütze. Nachdem Redner noch der Novelle zürn Berggesetz, der Aufnahme von Explosionsschäden in die Brandversicherung und der Entschädigung von um gestandenen Pferden und Rindern gedacht, sprach er von seiner eigenen Tätigkeit in der Kammer im allgemeinen. Mit gutem Gewissen konnte Herr Wittig behaupten, daß er sich für die Interessen unseres Wahlkreises verwendet und sich bestrebt habe, nach dem Grundsätze der Gerechtig- keit seine Pflicht zu erfüllen, für die Wünsche, soweit er sie als berechtigt erkannt, rinzutreten, nicht nur im Interesse de» Mittelstandes, sondern auch der Arbeiter. Redner hat es stet» für seine Aufgabe gehalten, den Mittelstand gegen Auswüchse auf wirtschaftlichem Gebiet, z. B. gegen die Ueberwucherung der großen Geschäfte mit ost 120 Filialen zu schützen, denn diese unterdrücken gar viele kleine selb- ständige Existenzen Auch der Arbeiter müsse an dieser Bekämpfung teilnehmen, denn er müsse doch für seine Kinder auch Selbständigkeit wünschen. Herr Wittig würde sich nach seiner Wiederwahl der Wirtschaftlichen Bereinigung in der Kammer anschließen. Redner würde auch für Aus bau de» Eisenbahnwesen« sorgen, soweit es unsere finanzi ellen Verhältnisse gestatten. Ferner erklärte er, daß die konservative Fraktion die Forderung der Gewerbe- und Fachschulen so kräftig unterstützt haben, wie keine andere Partei, auch sei die konservative Partei nicht industrie- feindlich. Weiter weist Herr Wittig Borwürfe zurück, als ob er der Malterer Talsperre zugestimmt habe, weil sie Rabenau Borteile bringe. Sodann hält Redner eine Ein- schränkung der Zentralisierung im engeren Vaterlande für notwendig. Wie stellte sich nun der Kandidat der kon servativen Partei zu den Fragen, die den kommenden Landtag beschäftigen werden? Zunächst zur Schulreform. Er erkennt an, daß dieselbe den neuzeitlichen Verhältnissen angepaßt sund daß die Schule der Fachaufsicht unterstellt werden müsse, nur die Aufsicht über den Religionsunterricht, der in wahrhaft christlichem Sinne zu erteilen sei, möge dn Kirche verbleiben. Der konfessionslosen Schule könne er nie seine Zustimmung geben. Der Verminderung der Kinderzahl in den einzelnen Klassen stehe er wohlwollend gegenüber, die Grenze werde aber wohl die Leistungs fähigkeit der Gemeinden und des Staates ziehen. Alle neuentstehenden Lasten müßten vom Staate übernommen werden. In der Gemeindesteuerreform dürfe die Selb ständigkeit der Gemeinden nicht geschmälert, sondern müsse erweitert werden. Er begrüßt, daß die Regierung beab sichtigt, die Benutzung der freiwilligen Abteilung der staat lichen Brandversicherung zu erweitern, weil die Prioat- gesellschasten immer mehr gesteigerte Prämiensätze forderten. Die nationalliberale Fraktion sei bei einer Vorbesprechung in der Kammer allerdings dafür nicht zu haben gewesen. Herr Wittig ging dann noch auf die innerpolitische Lage ein und bedauerte dabei außerordentlich, daß sich die Ordnungsparteien beim jetzigen Wahlkampfe so heftig be fehdeten. Der Erfolg falle der Sozialdemokratie zu. Die äußere Politik streifte er nur mit wenigen Worten. Mit der Versicherung, falls er als Abgeordneter gewählt werde, für das Wohl des Vaterlandes und die wirtschaftliche Aufbesserung unseres Wahlkreises kräftig eintreten zu wollen, schloß Herr Bürgermeister Wittig seine Wahlrede, die durch Ruhe und Sachlichkeit ausgezeichnet war. Darauf entspann sich eine lebhafte Aussprache, die von einem Vertreter der nationalliberalen Partei, Herrn vr. Mittelmann-Berlin, eröffnet wurde. Derselbe bedauerte zunächst, daß ihm nur 20 Minuten Redefreiheit gewährt seien und besprach dann längere Zeit die Reichsfinanzreform. Er bedauerte hierbei auch ganz besonders, daß durch die Ablehnung der Erb schaftssteuer des Reiche» vierter Kanzler habe weichen müssen und Zentrum wieder Trumpf sei. Am Schlüsse seiner Ausführungen, die er wegen Ablaufs der Redezeit beenden mußte, berührte er noch die Einteilung der Wahl- kreise, die er al» ungünstig bezeichnete. Ihm trat Herr Stadtgutsbesitzer Otto Müller entgegen. Er besprach die Aussührungen des Herrn Or. Mittelmann über die Liebes- gaben an die Brennereien und über die Entschädigung der Pferdeversicherung. Herr Oberinspektor Claren aus Hilders- dorf bei Freiberg entgegnete Herrn l)r. Mittelmann, die Steuerlast im Reiche wäre noch größer geworden, wenn sich die Wünsche der Nationallibrralen erfüllt hätten. Lr trat für Herrn Bürgermeister Wittig ein und hoffte zu versichtlich, daß die Konservativen siegen würden. Herr 0r. Mittelmann ergriff noch mehrmals das Wort, um - seine vorhergehenden Ausführungen weiter zu belegen. Er verlas auch fünf an Herrn Wittig gestellte Fragen des Gegenkandidaten. Herr Schulrat Bang konnte es nicht gutheißen, daß Nichtsachsen in der Art und Weise de» Herrn vr. Mittelmann in die Debatte eingrifsen, doch schien eine große Anzahl nationalliberaler Wähler nicht seine Ansicht zu teilen. Nach Rede und Gegenrede be antwortete im Schlußwort Herr Wittig noch die sünf Fragen, die der Errichtung eines Seminars im Bezirk Dippoldiswalde, der Weiterführung der Bahnen im hiesigen Bezirke, der Verbesserungen auf den Kleinbahnen, den Talsperren im Müglitz- und Gottleubatale und den Schnee- aurwurf-Unterstützungsgeldern galten. Hierbei gab auch Herr Superintendent Hempel noch Erläuterungen. Erst nach 12 Uhr fand die bewegt verlaufene Versammlung ihr Ende. — Am Sonntag nachmittag fand dann eine weitere nationalliberale Versammlung statt, in der der Landtage- abgeordnete Herr Or. Vogel-Dresden sprach. In etwa 5/4stündiger ruhiger und äußerst sachlicher Weise betonte er, nachdem er kurz das jetzige Wahlrecht gestreift, alle die Momente, die den kommenden Landtag in dieser ersten oder einer der nächsten Sessionen beschäftigen würden. Er sprach zunächst von der Reform der ersten Kammer» die, wie wohl niemand leugnen wird, dringend notwendig ist, er besprach die Wahikreiseinteilung, bei der der Unter schied zwischen ländlichen und städtischen Bezirken aufge hoben werden müsse, er ging weiter näher ein auf da» Gemeindesteuerwesen, das einer Reorganisation dringend bedürftig sei und besprach die sicher kommende Schulreform, wobei er die Stellung der nationallibrralen Partei zu der selben klar darlegte. Mit Bedauern konstatierte er, daß sich Nationalliberale und Konservative in einer derartig scharfen Weise, wie sie jetzt üblich sei, befehdeten. Man solle niemals den Boden verlassen, auf dem eine Einigung noch zu erzielen sei. Hierauf ging der Herr Redner näher auf die Reichsfinanzreform ein, deren Vorteile und Nachteile er in jeder Weise beleuchtete, wie er auch die Siellung der einzelnen Parteien zu dieser in jeder Weise kennzeichnete. Endlich besprach Herr vr. Vogel auch noch die Stellung der Reform- und Mittelstandspartei zur kon servativen Partei. Wie er sich nicht wundere, wenn die erstere Gefolgschaft leiste, um so mehr müsse er sich über die letztere wundern. Nimmermehr sei die konservative Partei diejenige gewesen, bei der der Mittelstand Ent gegenkommen und Würdigung seiner Wünsche gefunden. Er berührte dann noch die Gründung des Bauernbundes und des Hansabundes, bei dem auch der Mittelstand auf seine Rechnung komme und schloß mit einem warmen Appell an die Wähler, ja ihrer Pflicht nachzukommrn,