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November 188?. .STAHL UND EISEN. 4 Nr. 11. 805 dagegen—dafs alle 18 im Betriebe siebenden Kessel gleichzeitig explodirt sind, es wird vielleicht einer den Anfang gemacht haben — vielleicht der Kessel Nr. 7, wie der Hei r Verfasser des Berichts nach den Flugbahnen der Kesseltrümmer ermittelt hat, der dann sofort nach dem Bruche der Rundnaht in die Luft flog, dann ist aber auch mit unbestreitbarer Ge- wifsheit anzunehmen, dafs der zuerst auffliegende Kessel das an der Feuerseite (nach der dem Bericht beigelegten Zeichnung auf Tafel 10) fast dicht über den Wasserstands-Vorköpfen angebrachte Gasrohr ab- rifs und wahrscheinlich aus aller Verbindung mit den übrigen Kesseln brachte. Jedenfalls ist in das Gasleitungsrohr eine so grofse Oeffnung gestofsen worden, dafs die Gase ungehindert ins Freie ausströmen konnten, wo sie nicht schadeten, und dafs sie nicht mehr Druck genug hatten, um durch die verticalen Brennerrohre abwärts unter die übrigen Kessel getrieben zu werden. Nach der Schilderung des Herganges am Schlufs des Berichts soll die Zerstörung der Friedenshütter Kesselanlage durch einen Rundnaht- und Stützenbruch eingeleitet sein, dessen Ursache zwar nicht genannt wird, von welcher man aber nach der angeführten Stelle auf Seite 127 vermuthen darf, dafs auch er einer Gasexplosion zugeschrieben werden soll. Es läfst sich diese nur sehr unbestimmt ausgesprochene Behauptung nun wohl abthun, indem man den Kessel- Ueberwachungsverein zur Beweisführung auffordert, allein die Wichtigkeit der hier auf dem Spiele stehen den Interessen erfordert eine schleunige Bekämpfung des bereits zum Dogma erhobenen Glaubens an die Schuld der Gasexplosion. Ich führe deshalb folgen des an: 1. Die Verwendung von Hochofengas zur Kessel heizung in der Art, wie sie in Friedenshütte geschah, ist schon seit wenigstens 25 Jahren allgemein, und es ist kein Fall bekannt ge worden, in welchem eine Beschädigung eines Kessels durch Hochofengasexplosion nachge wiesen wäre. 2. Die bei den Gas-Kesselfeuerungen angewendete Hülfsfeuerung oder an deren Stelle die starke Vorwärmung der Luft und des Gases an dem glühenden Mauerwerk erhitzt das Gas sofort beim Eintritt zur Entzündungstemperatur und leitet die Verbrennung ein, so dafs explosive Gemische überhaupt nicht entstehen können. Aufserdem verhindert der Zug des Schorn steins die Ansammlung von irgendwie erheb lichen Mengen solchen Gasgemisches. 3. Die Wirkungsfähigkeit des Hochofengases als Explosivstoff ist weit geringer als die jedes an dern in der Industrie verwendeten Heizgases und sogar viel geringer, als diejenigen Gase, welche bei gewöhnlicher Steinkohlenfeuerung kurz nach dem Aufgeben frischer Kohlen er zeugt werden. Das Hochofengas aus dem Ofen mit reinem Koksbetriebe enthält mehr als 3/4 seines Gewichts an nicht brennenden, also auch nicht explodirendeGasen und als brennbaren Sub stanz kaum 'I* seines Gewichts an Kohlenoxyd. Die Kraft der Gasexplosion wird aber verringert in dem Mafse, als den beiden in Action treten den Körpern, hier Kohlenoxyd und Sauerstoff der Luft, andere, sich neutral verhaltende Gase, wie Stickstoff, Kohlensäure und Wasserdampf —- wie im Hochofengas — beigemengt sind. Die Entgasungsproducte der Steinkohlen bei der Rostfeuerung, welche sich kurz nach dem Auf geben frischer Kohlen so massenhaft ent wickeln, enthalten fast in allen ihren Bestand theilen explosionsfähige Körper der schlimmsten Art, welchen im Stadium der Entgasung der auf gegebenen Kohlen kaum nennenswerthe Men gen Kohlensäure, Stickstoff u. s. w. beigemengt sind, welche die Wirkung etwaiger Explosionen zu mildern geeignet wären. Trotzdem nun solche Entgasungsproducte leicht entzündlich und eher zur Explosion zu bringen sind, als Hochofengas und trotzdem die Explosion sol cher Gase nachgewiesenermafsen von viel hef tigerer Wirkung sein werde, als eine Hochofen gas-Explosion, wird der Schlesische Dampfkessel- Ueberwachungsverein die Feuerung mit Stein kohlen, welche in viel allgemeinerer Anwen dung steht und viel häufiger der Obhut un kundiger Personen anvertraut ist, als die Hoch ofengasfeuerung nicht beanstanden, während er die Hochofengasfeuerung für gefährlich hält. Der Dampfkessel-Ueberwachungsverein mufs doch zugeben, dafs, wenn er die Steinkohlenfeuerung trotz der periodischen massenhaften Entwicklung leicht ent zündlicher Gase überall als ungefährlich gestattet, er dem viel harmloseren Hochofengas nicht zutrauen darf, Kesselbleche eiuzudrücken oder zu zerbrechen und damit solche Unglücksfälle herbeizuführen, wie wir einen solchen in Friedenshütte erlebten. Ich glaube hiermit die Unhaltbarkeit der Gas explosions-Hypothese zur Genüge erwiesen zu haben, und richte schliefslich an die Herren Ingenieure des Dampfkessel-Ueberwachungsvereins die Bitte, die ihnen in ihrem schweren und verantwortungsvollen Berufe vorkommenden Erscheinungen lieber unerklärt zu lassen, wenn sie für ihre Erklärungen keine sicheren Beweise beizubringen vermögen, vor Allem aber keine unbewiesenen Behauptungen und Theorieen aufzu stellen, welche die Industrie, die der Verein zu unter stützen berufen ist, nur beunruhigen und schädigen können.* Mitgetheilt von Dr. Leo.