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September 1887. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 9. 635. durch die Thatsache unterstützt wird, dafs Wellen aus verschiedenen Stahlsorten und von leistungs fähigen Fabriken hergestellt, nach kurzer Zeit wegen der bekannten Langrisse in den Lager stellen ausgewechselt werden mufsten — oft mehrere hintereinander in derselben Maschine — während die schliefslich zum Ersatz eingelegten und nicht stärkeren Eisenwellen, die wegen der geringeren Festigkeit des Eisens obendrein noch aufsergewöhnlich stark beansprucht waren, seit Jahren zur Zufriedenheit laufen. Nach den Aeufserungen des Mr. Mac Coll, zu denen wir jetzt zurückkehren, scheint man in England solche Erfahrungen in ähnlicher Weise gemacht zu haben, worauf wir später zurück kommen. Auf die Form der Kurbelwellen übergehend, spricht Genannter seine Ansicht dahin aus, dafs gegenwärtig diejenigen Wellen, welche Zweckmäfsigkeit und Billigkeit am'besten vereinigen, die zusammengebauten Wellen sind und zwar solche, deren Schaft und Zapfen aus Siemens-Martin-Stahl mit geringem Kohlen stoffgehalt geschmiedet und deren Arme aus Schmiedeisen gemacht sind. Diese Empfehlung der zusammengebauten Wellen verdient ganz besondere Unterstützung sowohl vom Standpunkte des Fabricanten wie des Consumenten. Dem Fabricanten bieten die zusammengebauten Wellen den Vortheil, dafs das unverhältnifsmäfsige Risico fortfällt, welches die Wellen aus einem Stück ihm aufbürden, weil sie in kleinere, mit gröfster Sicherheit her zustellende Stücke zerlegt werden und dadurch die ganze Fabrication, welche nur bei der schliefs- liehen Zusammensetzung aufsergewöhnliche Auf merksamkeit verlangt, sehr vereinfacht und ver billigt wird. Der Consument aber bekommt für weniger Geld etwas zweifellos Besseres, d. h. bei richtiger Zusammensetzung. An die Unbequemlichkeit, dafs die Wellen etwas mehr Raum beanspruchen, wird sich der Constructeur der anderen Vortheile wegen bald gewöhnen. Mr. Mac Goll kritisirt nun weiter die ge bräuchlichen Formen der Kurbelwellen und die Gröfse und Anordnung der Lager, wobei er flachen breiten Kurbelarmen vor dickeren mit mehr quadratischem Querschnitt den Vorzug giebt wegen der gröfseren Biegsamkeit bei ungleichem Tragen der Lager; bei den flachen Armen wird gleichzeitig ein Zusammenrücken der Lager, also eine Verminderung der Biegungsmomente über haupt, erreicht. Bei Besprechung der Lager wird besonders hervorgehoben, wie wichtig es sei, dieselben mög lichst gleichmäfsig zu beanspruchen bezw. ihre Gröfse den Beanspruchungen anzupassen, um einen gleichmäfsigen Verschleifs und damit stets gleich mäfsiges Tragen der Wellen zu erzielen. UngleichmäfsigerLagerversChleifsund dadurch ungleichmäfsiges Tragen der Wellen sei die häufigste Ursache von Wellenbrüchen nach des Verfassers Erfahr ungen. Welche Fehler in Beziehung auf gleichmäfsige Beanspruchung der Lager noch immer gemacht werden, belegt der Verfasser durch eine Tabelle, in welcher Beispiele von verschiedenen Maschinen gattungen ohne Auswahl zusammengestellt sind und welche ergiebt, dafs die schlimmsten Fälle bei Dreikurbelmaschinen vorkommen. Ueber die Gonstruction der Lager, Schmie rung u. s. w. verbreitet sich der Vortrag noch in eingehender Weise; da dies aber für die Leser von »Stahl und Eisen« nicht von allgemeinem Interesse ist, so gehen wir zu den Aefserungen über „Risse und Brüche“ über. Eisenwellen zeigen ihren Mangel an Homo genität durch schieferige Stellen und Risse auf der Zapfenoberfläche und sind selten ganz frei davon. Solche Stellen zeigen sich gewöhnlich wäh rend des Abdrehens der Wellen, werden dann aber so geschickt behandelt, dafs sie bei der fertigen Welle meistens unsichtbar sind, manch mal um nach kurzem Gebrauch der Welle wie der zu erscheinen. Die häufigste Ursache des Auftretens von Rissen ist ein heifs gelaufenes Lager, denn es öffnet nicht nur solche, welche sorgfältig begraben waren, sondern bringt auch solche an die Oberfläche, deren Existenz bis da hin unbekannt war. Ein Längsrifs beeinflufst das »Leben« der Welle nicht; ist er von gröfserer Ausdehnung, dann werden seine Enden sorgfältig angekörnert und der Rifs mit einer feinen Feile abgeflacht ; wenn er sich dann ausdehnt, so wird eine Zeich nung desselben angefertigt und auf derselben seine Geschichte und seine Fortschritte vermerkt. Ist solch ein Fehler ernsthaft, dann beginnt er früher oder später diagonal zu laufen und gebt schliefslich quer durch die Welle. Ein Rifs, welcher gleich bei der Entdeckung quer oder diagonal läuft, ist bedenklich, denn bei einiger Ausdehnung beeinträchtigt er direct die Festig keit der Wehe, nicht nur durch Reduction des effectiven Querschnitts, sondern auch durch Bil dung eines schwachen Punktes, auf den sich die Beanspruchung mehr oder weniger concentrirt. Stahlwellen sind gewöhnlich ohne Fehler und Schlacken auf ihrer Oberfläche und wegen der Festigkeit des Materials wäre zu erwarten, dafs sie bei genügendem Durchmesser länger halten würden, wie eiserne Wellen. Bis jetzt ist dies aber nicht der Fall gewesen und in ver schiedenen Fällen, die zu des Ver fassers Kenntnifs gekommen sind, haben die Stahlwellen nicht annähernd 1X.7 4