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In der Generalversammlung unseres Vereins am 28. November desselben Jahres erörterte Herr Regierungs- und Baurath Rüppell, damals Oberingenieur der Rheinischen Bahn, in eingehendster Weise die Vortheile und Nachtheile der damals bekannten eisernen Lang- und Querschwellen-Systeme, und geht aus den Erörterungen dieses bedeutenden, mit den reichsten Erfahrungen ausgestatteten Eisenbahntechnikers vollkommen klar hervor, dafs derselbe sowohl bezüglich des Kostenpunktes als besonders der Betriebssicherheit dem eisernen Oberbau gegenüber den Holzsch wellen den Vorzug giebt. Seit diesen Kundgebungen, m. H., haben wir speciell in Deutschland gelernt, den Eisenbahn verwaltungen ein Material zur Verfügung zu stellen, welches wie kein anderes geeignet ist, bei seiner Verwendung zu Eisenbahnschwellen die besten Dienste zu leisten. Die deutsche Eisen- und Stahlindustrie hat den für ihre Verhältnisse werthvollen Thomasprocefs weiter und weiter ausgebildet — sie hat in bezug auf das Quantum des mittels dieses Verfahrens hergestellten Flufseisens alle anderen Länder der Erde weit überholt und es ist auch wohl unbestritten, dafs die Qualität unseres Thomasmaterials im allgemeinen höher steht als die anderer Länder. Das weiche, zähe Material, welches die Walzung zu dünnen Platten, ohne spröde zu werden, aushält, und in welches man die für die Befestigungstheile nöthigen Löcher jeder Form einstanzen kann, ohne befürchten zu müssen, dafs von diesen Löchern aus Risse entstehen, ist — zumal seine Herstellung mindestens ebenso billig wie die des Bessemerstahls zu bewirken ist, in ganz hervor ragender Weise geeignet, alle sonst in Betracht kommenden Materialien und Stoffe bei der Verwendung zu Schwellen zu verdrängen. In gleichem Schritt mit dieser Verbesserung des Materials, welche von den Hüttenwerken bewirkt ist, haben die von den Eisenbahntechnikern durchgeführten Verbesserungen auf constructivem Gebiet sich vollzogen. Die im Laufe der Jahre gemachten Erfahrungen sind allgemein beachtet und eifrig studirt und haben immer mehr und mehr die überwiegende Zweckmäfsigkeit des Querschwellen-Systems klar hervortreten lassen. Bezüglich der Form der Schwellen und der Art der Befestigung sind weitere grofse Fortschritte gemacht und ist also der Boden für eine immer mehr sich ausdehnende Ver wendung von Eisen zu Schwellen wohl in keinem andern Lande besser vorbereitet, wie bei uns. Wenn daher der Verbrauch von eisernen Schwellen auf unseren Bahnen nicht allein nicht fortschreitet, sondern merklich zurückgeht, so dürfte im Obigen der Beweis geliefert sein, dafs nicht üble Erfahrungen, welche man mit dem Material oder den Gonstructionen gemacht hat, als Ursache für diese Erscheinung anzusehen sind. — Ich kann wenigstens nicht annehmen, dafs ein Eisenbahn techniker, welcher irgendwo üble Erfahrungen mit zu schwachem oder zu künstlich construirtem eisernen Oberbau gemacht hat, sich durch solche Erfahrungen bestimmen läfst, dem eisernen Oberbau überhaupt feindlich gegenüberzutreten, wo er doch Gelegenheit hat, sich von der Vortrefflichkeit und Zuverlässigkeit anderer Systeme, selbst den schärfsten Anforderungen gegenüber, ohne jede Mühe zu überzeugen. Die Gründe, welche zu der festgesetzt gesteigerten Verwendung von Holzschwellen und zu dem Rückgang in der Verwendung eiserner Schwellen bei uns geführt haben, liegen also nicht auf eigentlich technischem Gebiet, sondern wir werden dieselben vielmehr auf wirthschaftlichem Gebiet zu suchen haben. Schon Herr Generalsecretär Bueck wies in seinem Vortrage am 13. December 1885, denselben Gegenstand betreffend, darauf hin, dafs die Rücksichten auf die deutschen Waldbesitzer anscheinend zu der damals schon zu beobachtenden Bevorzugung der Holzschwellen geführt haben dürfte. — Herr Bueck berichtete über die Versuche, welche mit der Imprägnirung des Buchenholzes gemacht waren, um dieses, bis dahin für Schwellen untaugliche Material für den Zweck brauchbar zu machen, und constatirte, dafs im Jahre 1883/84 die Zahl der neu eingelegten Buchenschwellen plötzlich auf 46 153 Stück gestiegen war. Er hatte aber ferner ermittelt, dafs trotzdem von dem ganz bedeutenden Bedarf der deutschen Bahnen an Holzschwellen im Jahre 1884 nur ein sehr kleiner Procentsatz aus deutschen Waldungen beschafft werden konnte. Ich bin nun der Meinung, m. H., dafs, wenn es durch Fortschritte in der Technik ermöglicht wird, eine bis dahin unbrauchbare Holzart für Schwellen wirklich tauglich zu machen, es der Eisen industrie nicht wohl anstehen würde, dagegen Einwendungen zu machen. Die Besitzer unserer heimischen Buchenwaldungen haben dasselbe Recht auf Berücksichtigung ihrer Lage seitens der Staatsverwaltung, wie die Besitzer der Eisenwerke, und so sehr wir von unserm Standpunkte aus zu bedauern hätten, wenn uns ein erheblicher Theil des Arbeitsquantums, auf welches zu rechnen wir nach der bisherigen Entwicklung der Dinge, immerhin berechtigt waren, entzogen würde, so wenig würden wir meiner Ansicht nach ein Recht haben, uns hierüber an mafsgebender Stelle zu beklagen, sofern sonst eine, den Verhältnissen angemessene Vertheilung des 'Bedarfs unter die Interessenten nicht aufser Acht gelassen wird und sofern zu constatiren ist, dafs dieser Bedarf über haupt ausschliefslich aus dem Inlande gedeckt wird.