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504 Nr. 6. STAHL UND EISEN.“ Juni 1889. sondern auch die Einführung in die Verwaltung nach jeder Richtung hin nach dem Abschlufs der Studien verstanden. Vielleicht würde eine, dem staatlichen Ge richts-, Regierungs- und Bergassessoren- Examen entsprechend, vor einem Ausschufs der deutschen Eisenhüttenleute abzulegende Prüfung, etwa nach Zurücklegung von zwei Jahren auf Hüttenwerken, einen geeigneten Abschlufs geben können und eine Gewähr für die Brauchbarkeit des Prüflings. Ich würde mich freuen, wenn diese Zeilen nicht unbeantwortet den Weg zum Papierkorbe oder zur Bibliothek fänden, sondern Anregung zu Erörterungen von Seiten der Praktiker gäben und schliefslich zu einem einheitlichen Plane führten, auf den der junge Mann verwiesen werden kann, ehe er sein Fach ergreift, und der ihm die Sicherheit bietet, bei dem nöthigen Fleifse und den entsprechenden Fähigkeiten auch wirklich sein Ziel erreichen zu können. Internationale Abmachungen über Arbeiterschutz. Durch ein am 15. März an die europäischen Mächte gerichtetes Rundschreiben hat der Schwei zerische Bundesrath dieselben eingeladen, Delegirte zu einer Conferenz zu entsenden, welche im Sep tember in Bern abgehalten werden soll und welcher die Aufgabe gestellt sein würde, Grundlagen für ein internationales Uebereinkommen zu verein baren , mittels dessen der Arbeiterschutz eine gemeinsame internationale Regelung erhalten soll. Die Arbeiterschutzfrage ist nicht ausschliefslich eine solche der Humanität, in derselben sprechen vollwichtige privatwirthschaftliche Interessen ebenso stark mit wie nationalwirthschaftliche, indem für industriell weiter fortgeschrittene Völker die Verhütung einer Degeneration breiterer Schichten der Bevölkerung mit ihr in Zusammenhang stehen kann. Allgemein wird aber die Arbeiterschutz frage vorwiegend nach humanitären Gesichts punkten beurtheilt und in diesem Sinne hat daher die Initiative der Schweiz vielfachen Beifall ge funden. Von dem humanitären Gesichtspunkte aus wird auch die deutsche Grofsindustrie dem schweizerischen Vorgehen ihren Beifall nicht ver sagen. Wennschon gerade jetzt die Unfall verhütungsausstellung in Berlin zur Genüge zeigt, dafs die deutsche Industrie hinsichtlich des Ar beiterschutzes hinter derjenigen keines anderen Landes zurücksteht, im Gegentheil den meisten derselben vorangeht, so werden auch solche Er fahrungen, welche einem der wichtigsten Zweige unseres Grofsgewerbes bei der Arbeitseinstellung im Dortmunder Kohlenrevier jüngst zu machen vorbehalten war, nicht bewirken können, dafs unsere Industrie jenen humanitären Geist verleugne, der in der Sorge des Arbeitgebers für das persön liche und materielle Wohl des Arbeiters bei uns allezeit bethätigt worden ist. Unzweifelhaft ist es zutreffend, durch gesetz liche, allgemein zu beobachtende Bestimmungen für Gesundheit und Leben der Arbeiter schützende Fürsorge zu treffen. Unfallverhütung, Frauen- und Kinderarbeit, in gewissem Sinne auch Sonn- I tagsarbeit sind Dinge, welche einer Regelung I bedürfen und ja auch bei uns, theils in der Ge werbeordnung, theils durch die Unfallversiche- I rungsgesetze, theils auf anderem Wege und zwar in solcher Weise fanden, dafs manche anderen Länder noch ein tüchtiges Stück Wegs zurück zulegen haben, ehe sie in Hinsicht des Arbeiter schutzes den bei uns bestehenden Stand der Dinge erreichen werden. Wir denken hierbei nicht allein an Inhalt und Umfang der erlassenen gesetzlichen oder sonstigen obrigkeitlichen Bestimmungen, es giebt ja Länder, zu diesen gehören die Schweiz, Oesterreich, in einigen Stücken auch England, deren diesbezügliche Gesetze weiter greifen als die unsrigen. Der Unterschied ist nur der, dafs bei uns einmal gegebene Gesetze auch durchgeführt | zu werden pflegen, worin es hier und da anderen । Ortes doch einigermafsen hapern soll. Vom humanitären Standpunkte aus wird man also Denen beipflichten, welche für weitergreifende Arbeiterschutzmafsregeln eintreten. Lautet die Frage: Arbeiterschutz oder nicht; oder aber lautet sie: wirksamer Arbeiterschutz oder Schein eines solchen, so wird man diese Fragen nur zu gunsten | eines möglichst wirksamen Arbeiterschutzes ent scheiden können, so lange man eben allein die humanitären Impulse sprechen läfst. Aber, wie schon gesagt, kommen nicht diese allein in Frage, sondern auch wirthschaftliche, und in anbetracht dieser wird die Antwort auf obige Fragen zu lauten haben: möglichst weitgehenden Arbeiterschutz d. h. i so weit und nicht weiter gehenden, als dafs dabei die industrielle Henne am Leben bleibe und nicht etwa geschlachtet werde, welche nicht etwa nur für die Unternehmer, sondern vor Allem auch für die Arbeiter goldene Eier legt, — welch letzterer Umstand freilich, sobald vom Arbeiter schutz die Rede ist, in anbetracht der humanitären Regungen gar zu leicht in Vergessenheit geräth. Für das am Leben erhalten der industriellen Henne kommt hinsichtlich des Arbeiterschutzes j jedoch vornehmlich die internationale Goncurrenz