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Nachweisung der in den Berufsgenossenschaften bezahlten anrechnungsfähigen Löhne ergiebt für die die sämmtlichen Zechen des Oberbergamtsbezirks Dortmund umfassende Section II der Knappschafts berufsgenossenschaft einen Durchschnittslohn von 9 1 0,23 46, während der Durchschnittslohn der Bergarbeiter im Deutschen Reiche nach der selben Nachweisung nur 777,86 •6 beträgt. Während des laufenden Jahres hat auf den bei weitem meisten Gruben eine weitere Steigerung der Löhne stattgefunden und es lag in der vielen Bergleuten bekannten Absicht der einzelnen Ver waltungen, hiermit fortzufahren. Diese Absicht fand ihren wesentlichen Stützpunkt in der nach jahrelangem Daniederliegen im Jahre 1888 be gonnenen Aufbesserung der Kohlenpreise und deren Zusammenhang mit der Verbesserung der Lage der Arbeiter. 3. Die älteren und ernsteren Bergleute ver trauten deshalb mit Grund der naturgemäfsen Entwicklung der Lohnverhältnisse und der Ver ständigung mit der Verwaltung der einzelnen Zechen. Sie sind vorwiegend nur durch die Auf hetzungen und Drohungen jüngerer Arbeiter in den Strom der Bewegung hineingezogen worden. 4. Im Interesse der zukünftigen Entwicklung der Arbeitsverhältnisse innerhalb des Bezirks und zur Aufrechterhaltung der festen Grundlagen, auf denen dieselben beruhen müssen, könnten wir in dem uns jetzt von den Arbeitern ungesetzlich aufgenöthigten Kampf lediglich die Machtverhält nisse entscheiden lassen. Wir erwägen jedoch die ungewöhnlich ernsten Folgen, welche die längere Fortdauer der Arbeits einstellung nicht nur für unsern Bezirk, sondern auch für die weitesten Kreise des Vaterlandes hat, und erklären deshalb rückhaltlos, dafs jede einzelne Grubenverwaltung unseres Bezirkes bereit und ernstlich entschlossen ist, denArbeitern, wenn sie die Arbeit wieder aufgenommen haben werden, erhöhte Löhne zu be willigen. Es ist unmöglich und widersinnig — wie jeder Bergmann weifs — eine allgemeine Lohnerhöhung in bestimmter procentualcr Höhe für den Berg arbeiter vorzunehmen, und deshalb sinnlos, eine solche zu versprechen. Wir beanspruchen aber für unsere feierliche Lohnerhöhungszusage das volle Vertrauen, welches dem Ernste und den Schwierigkeiten der Lage entspricht. 5. Was das Verlangen, die zur Zeit 8 Stunden unter Tage betragende Arbeitszeit abzukürzen, betrifft, so entbehrt dasselbe jeder sachlichen Be gründung. Essen, 11. Mai 1889. Der Vorstand des Vereins für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund.“ Inzwischen hatten sich die ausständigen Ar beiter an Se. Majestät den Kaiser mit der Bitte um Gewährung einer Audienz gewendet. Dieser Bitte wurde entsprochen und eine Abordnung der Arbeiter am 14. Mai von Sr. Majestät empfangen. Nachdem der Bergmann Schröder als Sprecher der Deputation Seiner Majestät den Dank für die Gewährung der Audienz ausgesprochen, die Grüfse der Knappenvereine überbracht und das Wohlwollen des Kaisers für die Wünsche der Arbeiter erbeten hatte, erklärte derselbe auf die Frage Seiner Majestät, was für Forderungen von den Arbeitern erhoben würden: „Wir fordern, was wir von unseren Vätern ererbt haben, nämlich eine achtstündige Schicht. Auf die Lohnerhöhung legen wir nicht Werth. Die Arbeitgeber müssen mit uns in Unter handlungen treten: wir sind nicht starrköpfig; sprechen Majestät nur ein Wort, so würde es sich gleich ändern; manche Thräne würde getrocknet sein.“ Hierauf erwiderte Se. Majestät der Kaiser ungefähr Folgendes: „Jeder Unterthan, wenn er einen Wunsch oder eine Bitte vorbringt, hat selbstverständlich seines Kaisers Ohr. Das habe Ich dadurch gezeigt, dafs Ich der Deputation gestattete, hier her zu kommen, um ihre Wünsche persönlich vorzutragen. Ihr habt euch aber ins Unrecht gesetzt, denn die Bewegung ist eine ungesetz liche schon deshalb, weil die vierzehntägige Kündigungsfrist nicht innegehalten wurde, nach deren Ablauf die Arbeiter gesetzlich berechtigt gewesen sein würden, die Arbeit einzustellen. Infolgedessen seid ihr contractbrüchig. Es ist selbstverständlich, dafs dieser Contractbruch die Arbeitgeber reizte und schädigte. Ferner sind die Arbeiter, welche nicht streiken wollten, mit Gewalt oder durch Drohung verhindert worden, die Arbeit fortzusetzen. Sodann haben sich einzelne Arbeiter an obrigkeitlichen Organen und fremdem Eigenthum vergriffen, sogar der zu deren Sicherheit herbeigerufenen militärischen Macht in einzelnen Fällen thätlichen Wider stand entgegengesetzt. Endlich wollt ihr, dafs die Arbeit erst dann gleichmäfsig wieder auf genommen werde, wenn auf allen Gruben eure sämmtlichen Forderungen erfüllt sind. Was die Forderungen selbst betrifft, so werde Ich diese durch Meine Regierung genau prüfen und euch das Ergebnifs der Untersuchung durch die dazu bestimmten Behörden zugehen lassen. Sollten aber Ausschreitungen gegen öffentliche Ordnung und Ruhe vorkommen, sollte sich ein Zusammenhang der Bewegung mit socialdemokratischen Kreisen herausstellen, so würde Ich nicht imstande sein, eure Wünsche mit Meinem Königlichen Wohlwollen zu er wägen, denn für Mich ist jeder Socialdemokrat