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Uns ist ein weiterer Fall bekannt geworden, in welchem der Vertreter eines Betriebsamtes ein Werk aufforderte, behufs Verlegung des Anschlufsgeleises einen Theil der bisherigen Gebäude niederzulegen und, als ihm nachgewiesen wurde, dafs dies völlig unthunlich sei, nur die einfache Antwort hatte: »Dann müssen Sie Ihren Betrieb einschränken!“ Wir können nicht denken, dafs der Herr Arbeits minister und der Herr Minister für Handel und Gewerbe mit so summarischen Antworten, die den Grundsatz von der Förderung der nationalen Arbeit in eigenthümlicher Weise illustriren, ein verstanden sein sollten. Wir können in dieser Beziehung dasjenige, was in dem Organ des Vereins für die bergbaulichen Interessen im Ober- bergamtsbezirk Dortmund, »Glückauf«, vom 9. Febr. er. gesagt wurde, nur vollinhaltlich billigen. „Was befürchtet wurde, ist nur zu sehr eingetreten: die Bahnverwaltungen machen von den neuen Bedingungen schorr jetzt vielfach eine Anwendung, welche es den industriellen Werken zum Bewufstsein bringt, in welche Ab hängigkeit sie von der monopolistischen Stellung der Transportanstalten gerathen sind. Dafs die industriellen Werke ihre besten Kunden sind, denen sie einen grofsen Theil ihrer Einnahmen verdanken, und die sie deshalb allen Anlafs hätten auf das entgegenkommendste zu behandeln, diese Einsicht scheint den Bahnver waltungen ganz abhanden gekommen zu sein. Wie fern liegen heute die Zeiten, in denen die früheren Privatbahnverwaltungen durch Zugeständ nisse und Erleichterungen aller Art sich den An- schlufs industrieller Unternehmungen an ihre Linie zu verschaffen suchten I Heute dagegen überall Klagen über die bureaukratische Behand lung aller Fragen, die auf die Anschlufsbahnen Bezug haben! Auf Grund des § 6 der Allge meinen Bedingungen, welcher den Bahnen das Recht zuspricht, »jederzeit die aus Betriebs- und Verkehrsrücksichten erforderlichen Aenderungen und Erweiterungen der vorhandenen Einrichtungen sowohl der Hauptbahn, wie der Anschlufsanlagen anzuordnen«, werden Anforderungen an die Werke gemacht, die oft genug über jedes billige Mafs hinausgehen. Oder ist es etwa in der Billigkeit begründet, wenn den Werken zugemuthet wird, die Kosten für Aenderungen der vorhandenen Einrichtungen der Anschlufsgeleise auch dann zu übernehmen, wenn diese Aenderungen nur im Interesse der Bahnverwaltungen, nicht aber in dem der Werke vorgenommen werden? Oder wenn gar von den Werken Aenderungen verlangt werden, die auszuführen diese überhaupt gar nicht imstande sind? Von dem endlosen Hin- und Herverhandeln, von der zum Unmafs gesteigerten Schreiberei, welche die nothwendige Folge solchen Vorgehens sind, wollen wir gar nicht reden. Bei der Feststellung der Abhole- gebühren wiederholt sich dasselbe Schauspiel. Im Frühjahr 1888 wurden die Anschlufsgebühren auf Anordnung des Herrn Ministers ermäfsigt. Die Einführung der bescheidenen Ermäfsigung ward aber sofort von den Bahnverwaltungen be nutzt, um die Werke zur Annahme der Allge meinen Bedingungen zu nöthigen. Kaum sind die neuen Sätze der Anschlufsgebühren festgesetzt, so wird den Werken im Herbst die Mittheilung gemacht, man habe sich geirrt, den soeben fest gesetzten Gebühren lägen falsche Entfernungen zu Grunde, die Länge der Anschlufsbahnen be trage nicht die früher angenommene Meterzahl, sondern das Zwei- und Dreifache derselben, und demgemäfs müsse auch die Anschlufsgebühr wieder erhöht werden I Ob für die Bemessung der Länge der Anschlufsgeleise neue Grundsätze zur Anwendung gebracht werden und worin diese bestehen, erfährt man nicht. Die Werke haben die neue Anordnung einfach hinzunehmen. Schon in der letzten Generalversammlung des Vereins für die bergbaulichen Interessen in dem dies seitigen Bezirke wurde mit Recht darauf hin gewiesen, dafs derartige Vorgänge, wie die an gedeuteten, nothwendig dahin führen müfsten, das Verhältnifs zwischen der Industrie und den Transportanstalten, die doch auf einander an gewiesen sind, gründlich zu vergiften und eine Mifsstimmung hervorzurufen, die beiden Theilen nur zum Nachtheil gereichen kann. Angesichts solcher betrübender Wirren mufs die Industrie das Verlangen erheben, dafs ein Forum geschaffen werde, vor welchem diezwischen ihr und den Trans portanstallen entstehenden Streitigkeiten durch eine objective und unparteiische Prüfung der Streitpunkte zum Austrag gebracht werden können. “ Dem Bezirkseisenbahnrathe Köln gehörten seitens der Gruppe Hr. Director Servaes als Mitglied und Hr. Director G. Lueg als Stell vertreter, dem Bezirkseisenbahnralh Hannover Hr. Generaldirector Brauns als Mitglied und Hr. Generaldirector Kamp als Stellvertreter an. Vorbenannte Herren sind für die neue dreijährige Wahlperiode der genannten Körperschaften ein stimmig wiedergewählt worden. Auf dem Gebiete des Schiffahrtswesens beschäftigte die Gruppe zunächst wiederholt das Project der Kanalisirung der Mosel. Für die Nothwendigkeit dieses Projectes sprechen die oben bezüglich der Eisenbahnfrachlermäfsigung für Minette angeführten Gründe. In einer am 31. August 1888 abgesandlen Denkschrift haben wir die uns vom Königl. Oberpräsidium der Rheinprovinz vorgelegten Fragen eingehend be antwortet und dieser Denkschrift am 19. October desselben Jahres einen Nachtrag folgen lassen, in welchem wir Se. Excellenz den Wirkl. Geh. Rath Dr. v. Bardeleben ersuchten, bei der bevor stehenden Moselenquete die Frage stellen zu wollen: »Beruht die Zukunft des deutschen Exportes wesentlich auf dem Thomasverfahren oder nicht?“