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Auf dem Gebiete der Handelsgesetz gebung beschäftigte sich die Gruppe mit der Entwicklung des Gesellschaftsrechts für w i rth s ch aft 1 ic he Zwecke. Sie an erkannte eine Ergänzung des bestehenden Rechts durch Einführung neuer Rechtsformen für gesell schaftliche Privatunternehmungen als ein drin gendes Bedürfnifs und war der Meinung, dafs diesem Bedürfnifs eine Gesetzgebung abzuhelfen geeignet sei, welche die Errichtung von Erwerbs gesellschaften auf der Grundlage der in Antheile zerlegten Mitgliedschaft und der beschränkten Haftbarkeit der Mitglieder zuläfst und welche gleichzeitig die Vertragsfreiheit möglichst wenig einschränkt. Insbesondere wurde es für noth wendig erachtet, dafs die Gesetzgebung über solche neue Gesellschaftsformen es gestattet, durch den Gesellschaftsvertrag Bestimmungen zu treffen, nach welchen sowohl die Erhöhung als auch die Verminderung der Einlagen durch Mehrheits- beschlufs mit zwingender Wirkung für die Minder heit eingeführt und der letzteren im Falle eines auf die Erhöhung der Einlagen gerichteten Be schlusses das Recht zum Ausscheiden aus der Gesellschaft mit Verlust ihres Antheils eingeräumt werden kann. In diesem Sinne ist auch seitens des Deutschen Handelstages, dessen Ausschufs die Verhandlungen angeregt, unter dem 7. December 1888 an den preufs. Handelsminister Reichskanzler Fürsten v. Bismarck ein eingehend begründetes Gesuch gerichtet worden. Eine Novelle zum Genossenschafts- gesetz liegt dem Reichstage vor. Der Erlafs eines Warrantgesetzes wurde in der Reichstagssitzung vom 14. März 1887 von dem Mannheimer Freiherrn v. Buol befür wortet. Dem gegenüber beschlofs die Gruppe in der Vorstandssitzung vom 15. November 1887, „dafs eine Nothwendigkeit zu einer Warrant gesetzgebung seitens der Einsenindustrie nicht anerkannt werden könne, ein Warrantgesetz vielmehr unter Umständen als schädlich erachtet werden müsse“. In der darauf am 22. November 1887 ab gehaltenen Vorstandssitzung des Hauptvereins ge langte folgende Resolution einstimmig zur Annahme: „Der Verein spricht seine Ansicht dahin aus, dafs die Eisen- und Stahlindustrie an der Emanirung eines Warrantgesetzes kein Interesse hat und die eventuelle Anwendung desselben auf ihre Erzeugnisse für schädlich hält. Er beschliefst, eine entsprechend motivirte Eingabe an den Herrn Reichs kanzler zu richten.“ Diesen Standpunkt nehmen wir auch heute noch ein. Das Warrantsystem hat in England zu einer Speculation im Eisengeschäft geführt, welche fast alle Kreise der Bevölkerung in ungesundesterWeise erfafst hat. Die durch das Warrantsystem erleich terte Beleihung von Waaren würde auch bei uns, ganz besonders bei der Roheisenerzeugung, zu einer Ueberproduction führen, unter welcher die Eisen- und Stahlindustrie schwer zu leiden haben würde. Es ist dies mit um so gröfserer Sicher heit zu erwarten, als die Natur des Hochofen betriebes es schon an sich sehr erschwert, diesen den wechselnden Bedürfnissen der schwankenden Conjuncturen anzupassen. Erleichtert man die Beleihung, so ist zu erwarten, dafs bei sinkender Conjunctur die Production unverändert fortgesetzt und dann das gesammte Eisen- und Stahlgeschäft schwer geschädigt wird. Dasselbe Verhältnifs würde sich auch in bezug auf Fabricate heraus stellen, was nicht weniger eine Benachtheiligung der Eisen- und Stahlindustrie mit sich bringen müfste. Weil daher durch die Warrants nur eine Ueberproduction gefördert und ein unausgesetzter Preisdruck sowie eine Störung jedes regulären Geschäfts hervorgerufen werden würde, ist die Gruppe nach wie vor gegen eine derartige Einrichtung für die deutsche Eisen- und Stahl industrie. Für eine Abänderung des Markenschutz gesetzes besondere Anträge zu stellen, sah sich die Gruppe nicht veranlafst, da diese Frage für ihre Mitglieder eine untergeordnete Bedeutung hat. Auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens bildete, wie seit langen Jahren, die Frage der Frach ter niäf sigunge n für Massengüter den Gegenstand eingehendster Berathungen seitens der Gruppe. Bei der Einführung des Staatseisen bahnsystems herrschte zwischen Landesvertretung und Staatsregierung völliges Einverständnifs dar über, dafs die Ueberschüsse der Staatseisenbahnen wesentlich der Enwicklung der Bahnen selbst und den wirthschaftlichen Interessen des Landes dienen sollten. Es ist ein Unrecht gegen unser Land und gegen die Zukunft unseres Landes, wenn die Eisenbahnüberschüsse zur Deckung der Staats bedürfnisse im allgemeinen und nicht wesentlich für die Hebung der wirthschaftlichen Interessen des Landes verwerthet werden, ebenso wie es ein Unrecht ist, wenn man diese Ueberschüsse auf Kosten der Industrie zu erzielen sucht, die der Frachtermäfsigungen nicht entbehren kann, wenn ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem aus ländischen Markte nicht ernstlich in Frage gestellt werden soll. Es gilt dies für sämmtliche Roh materialien der Eisenindustrie, deren Kampf mit der ausländischen Concurrenz sich von Tag zu Tage schwieriger gestaltet. Insbesondere ist dies bezüg lich der niederrheinisch-westfälischen Hochofenindu strie der Fall. Ihr ist es gelungen, mit Ausnutzung aller, auch der kostspieligsten technischen Mittel und jedes sich bietenden wirthschaftlichen Vor theils die Selbstkosten allmählich mehr und mehr herabzusetzen, und wäre das nicht geschehen, so wäre unsere einheimische Industrie durch die Concurrenz des Auslandes längst erdrückt worden.