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M. H., wenn ich Ihnen hiermit einen Ueber- blick über die heutigen Methoden der Eisen erzeugung und die Benennung der daraus hervor gehenden Eisengattungen zu geben versucht habe, so werden Sie vielleicht die Frage aufwerfen: Hätte ein solcher Vortrag nicht besser vor eine eisenhüttenmännische Versammlung, als vor den Eisenbahnverein gehört? Ich bin nicht der An sicht und bin deshalb gern der Anregung Ihres Vorstandes gefolgt. — Die Eisenbahnleute sind es, welche bei weitem das meiste Eisen für ihre Zwecke, sei es unmittelbar zu Schienen, Rad reifen, Achsen, Locomotiven u. s. w., sei es mittelbar zu Brücken, Dächern, Arbeits maschinen u. s. w. brauchen; von ihren rich tigen Namenbezeichnungen in Bestellungsaufgaben wird es daher wesentlich abhängen, dafs diese Namen auch richtig von den Eisenhüttenleuten angewendet werden; Sie, m. H., sind es, die dadurch wesentlich dazu beitragen können, alle absichtlichen oder unabsichtlichen Täuschungen, die sich so leicht hinter falsch angewendeten Waarenbezeichnungen verbergen, aus der Welt zu schaffen. Wissenschaft und Industrie. In der »Contemporary Review« schilderte vor einigen Monaten Sir Lyon Playfair den Ein- Hufs, welchen die Naturwissenschaften auf Handel und Industrie ausüben. Die »Iron and Coal Trades Review« lenkt auf diese Abhandlung von Sir Lyon, aus welcher sie einen Auszug giebt, die Aufmerksamkeit der Industriellen. Weil die von dem Verfasser des Artikels aufgestellten Gesichtspunkte zur Beurtheilung der wirthschaft- lichen Ansichten in England interessantes Material liefern, werden die folgenden Mittheilungen der »Iron and Coal Trades Review« unseren Lesern sicherlich willkommen sein. Das genannte Organ schreibt: »Sir Playfair legt in überzeugender Weise seinen Darlegungen das freilich nur scheinbare Paradoxon zu Grunde, dafs der schlechte Ge schäftsgang, unter welchem bis vor kurzem Handel und Industrie zu leiden hatte, seinen Ursprung in der vorangegangenen Aera der Erfindungen hat, welchen wir einen so grofsen Theil unseres Wohlstands zu verdanken haben. Die Ueber- schwemmungen des Nils oder des Ganges ver ursachen ohne Zweifel Jenen, welche nahe am Ufer dieser Flüsse wohnen, grofsen Schaden; aber im allgemeinen haben diese Ueberschwem- mungen die Wirkung, dafs sie das ganze Land fruchtbar machen. Ebenso verhält es sich mit den grofsen Fortschritten, welche auf dem Ge biet der angewandten Naturwissenschaften gemacht worden sind: sie haben nicht nur dieses Land, sondern die ganze Welt bereichert, aber sie haben zugleich zur Vernichtung grofser Kapitalien geführt und in noch bedeutenderem Umfang Arbeits kräfte überflüssig gemacht. Sir Lyon citirt einige drastische Beispiele: »Durch den Bessemerprocefs wird jetzt Stahl direct aus Roheisen hergestellt, und die Production hat bereits 3 Millionen Tonnen jährlich erreicht; es sind dagegen 41/2 Millionen in Puddelöfen angelegte Kapitalien ver- VII.B nichtet und 39 000 Arbeiter brotlos geworden. Demgegenüber steht die Thatsache, dafs der Preis für Stahl, welcher 1874 12, 1 sh. Id. pro Tonne betragen hat, 1887 nicht einmal 4 £ betrug. Eine ähnliche Entwicklung hat sich in jedem Zweig des Handels vollzogen, wie Jeder be merken wird, der flüchtig eine Preisliste aus dem Anfang der 70er Jahre mit einer solchen aus dem letzten Jahr vergleicht. Die Fracht von New-York nach Liverpool ist während der letzten 7 Jahre von 91/2 d. auf 1 d. für das Bushel Weizen, von 45 sh. auf 7 sh. 6 d. für die Tonne Schmalz und Schweinefleisch, von 3/8 d. für das Pfund Baumwolle auf 7/24 d. zurückgegangen. Der Kohlen verbrauch ist auf der genannten Strecke von 14 500 Pfund pro Tonne Frachtgut im Jahre 1850 auf nahezu 400 Pfund gewichen. Die Einfuhr von Krapp, welche 1872 281/2 Millionen Pfund betrug, hat infolge der Erfindung der Anilinfarben im letzten Jahre nur 2 Millionen betragen. In der That ist niigends die Richtigkeit der Darwinschen Lehre vom »Ueberieben der Tüchtigsten« mehr durch Beispiele erwiesen, als in Handel und Verkehr. Durch jede grofse Entdeckung, welche die Welt reicher macht, wird eine Anzahl Unglücklicher bei Seite geschleudert. Was ge schieht aber mit Jenen, welche arbeitslos werden? Wenn man diese Frage nach allen Seiten be trachtet, so zeigt sich, dafs sie von höchster Wichtigkeit ist. Wie wir bereits gesehen haben, sind solche Fälle, in welchen Kapital und Arbeit überflüssig werden, keineswegs selten; aber eine noch weit gröfsere Umgestaltung ist in der Landwirthschaft eingetreten. Der Rückgang in den Transportkosten von Chicago nach Liver pool ist allein schon genügend, um den Rück gang im Preis für Weizen, wodurch unseren Farmern so grofser Schaden bereitet wird, zu erklären.“ 5