Volltext Seite (XML)
226 Nr. 4. „STAHL UND EISEN.“ April 1888. Unmittelbar unter dem Boden des Gestells, im Anschlufs an dessen unteren Panzer, ist ein Rohr von 6" lichter Weite um das Gestell gelegt. Das eine Ende dieser Rohrleitung soll mit dem Schornstein der Kessel und Winderhitzer, und das andere Ende mit einem besonderen Heiz ofen in der Giefshalle verbunden sein. Wenn der Herd zu heifs ist, soll kalte Luft durch dieses Rohr geleitet, das Mauerwerk abgekühlt und das Eisen da am Durchbrechen verhindert werden, wo die Wandungen unterhalb der Umgebung liegen, also nicht mehr durch die äufsere Luft gekühlt werden können. Wenn das Gestell und der Herd sich dagegen abkühlen, sollen aus der besonderen Feuerung die heifsen Verbrennungs- producte durch das Rohr geleitet werden, um so der Abkühlung durch Strahlung und Leitung vorzubeugen. (!) Ein heifses Gestell ist auch nach Hartmann eine Nothwendigkeit für den guten Gang des Ofens und es mufs alles aufgeboten werden, was möglich ist, um dasselbe warm zu halten, wenn die Hitze sich zu mindern beginnt.* Seit dem raschere Betriebe für die Hochöfen in all gemeine Aufnahme gekommen sind, soll es schwie rig geworden sein, die Durchbrüche des Eisens zu verhindern, weil die Gestellwandungen nun durch die grofsen Mengen Eisen und Schlacken wesentlich heifser als früher gehalten würden. Dünne, feuerfeste Wandungen, gufseiserne Ein fassungen mit Wasserkühlung sollen diese Durch brüche verhindern; aber man habe in Amerika gefunden,** dafs das flüssige Eisen durch die Fugen in der Mauerung dringe, das Gufseisen trotz der Wasserkühlung schmelze, mit dem Wasser zu Explosionen Veranlassung gebe, Arbeiter tödte und die Gestelleinfassungen zerstöre. Der Boden des Herdes wird mit der Zeit 2 bis 3 Fufs (600 bis 900 mm) tiefer, um welches Mafs also auch das flüssige Eisen tiefer steht, so dafs der Fassungs raum für das Eisen entsprechend vergröfsert ist. Es ist nach Hartmann nicht- richtig, dann auch das Stichloch entsprechend tiefer zu legen, viel mehr besser, den Vorrath an flüssigem Eisen im Ofen stehen zu lassen, also in der ursprünglichen Höhe und Zwischenzeit abzustechen. Erst am Ende der Hüttenreife würde man das Stichloch niedriger legen, um die Gröfse der sich bildenden Sau zu vermindern. Das Stichloch werde dadurch sehr angegriffen, dafs 60 bis 70 t Eisen in 15 Minuten durch dasselbe ablaufen müfsten, so dafs das Eisen auch hier häufig die Kühlungen zerstöre und durch die entstehenden Explosionen umherge schleudert würde. Hartmann meint, ein geschickt * Es gilt beim Menschen wie beim Hochofen die Lebensregel: „Kalter Kopf und warme Füfse“. Ob die angegebene Wärmequelle aber viel zur Ausführung derselben beiträgt, mufs bezweifelt werden. ** In Deutschland haben wir diese Erfahrung schon vor mehr als 20 Jahren gemacht. geleiteter Abstich von 60 bis 70 t, ausgebreitet auf einer Oberfläche von 30X100 Fufs (etwa 275 qm), sei ein grofsartiger Anblick; wenn diese glühendflüssige Masse aber durchbreche, Alles überschwemme, den Schmelzern Tod und Ver derben bringe, so sei das schrecklich. Hartmann führt diese Vorkommnisse weiter aus. Die nun folgenden theoretischen Betrachtungen über die chemischen Vorgänge im Gestell können wir übergehen. Hartmann giebt an, dafs die Lürmannsche Schlackenform am besten im hinteren Theile des Gestells angeordnet werde, weil die vorderen Windformen dann zu heifs gingen, wenn Eisen abstich und Schlackenform in demselben ange ordnet seien. In diesem Falle würde nicht nur das vordere feuerfeste Mauerwerk rascher aufge löst, sondern die vorderen, dann heifser gehenden Windformen würden auch in den Stand gesetzt, mehr Wind einzuführen, so dafs der Ofen auf der vorderen Seite rascher niederginge. Demnach müfste ein solcher Ofen mindestens immer schief gehen, was nicht mit der Erfahrung stimmt. Man ordnet die Lürmannsche Schlacken- form jedoch darum gegenüber dem Stichloch an, weil man dann unabhängig in der Eisen- und Schlackenabfuhr und unabhängig in den, an beiden Abstichen nöthigen Arbeiten ist. Nach Hartmann sollten die Windformen im Lichten nicht weiter als etwa 115 mm für An- thracit, und 140 mm für Koks sein, was Düsen von 100 bezw. 130 mm Weite entspräche. Die Windmenge soll 15000 Cubikfufs oder etwa 425 cbm in der Minute für Anthracit, und 10 000 Cubikfufs oder etwa 280 cbm (Kolbenfläche X Kolbenweg) für Koks betragen. Bei geringeren Windmengen sollen sich die Windformen leicht durch Schlacken verschmieren. Hartmann kommt nochmals auf den oben erwähn ten Umstand zurück, dafs eine oder mehrere der nebeneinander liegenden Windformen wärmer gehen, als die übrigen, dem Ofen also von der be treffenden Seite mehr Wind zuführen, mithin ein Schiefgehen der Gichten veranlassen. Eine Form soll unter solchen Umständen doppelt so viel Wind einführen können, als eine andere; dadurch werde dann an der betreffenden Seite des Ofens ein gröfserer Strom von Gas erzeugt, welches nicht ausgenutzt wird, die Hitze steige auf, unter Umständen bis an die Gicht, der Umstand ver anlasse unregelmäfsigen Gang u. s. w. Die Gefahr dieser Betriebsstörungen soll nach Hartmann bei kleinen Düsen geringer sein. Das Vorhandensein verschiedener Gasströme im Hoch ofen soll durch Einführung von etwa 6 Pyro metern in gleichen Abständen im Umfange des Schachtes festgestellt werden können. Diese Pyrometer sollen unter Umständen Temperatur unterschiede bis 200 0 zeigen; dafs sich beim Ausblasen der Hochöfen in der Schachtfläche