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254 Nr. 4. •n STAHL UND EISEN.“ April 1888. Herr Professor Tetmajer hat durch das Arbeits diagramm die Ingenieur-Wissenschaft bereichert. Ich hoffe, dem Forscher wird es auch noch gelingen, die Veränderungen im Eisenmaterial durch die Benutzung festzustellen und dadurch endlich eine unantastbare Grundlage für die Gonstructionen schaffen. Die bis herigen Sicherheits-Coefficienten sind ungenügend. Welche Bedeutung beispielsweise eine achtfache Sicher heit hat, weifs Niemand, dagegen darf sie als eine Material-Verschwendung angesehen werden. Der Oberschlesische Kesselverein beurtheilt die Kesselunfälle nach folgendem Schema, nämlich: 1. in bezug auf "Wassermangel; 2. in bezug auf übermäfsige Spannung; 3. in bezug auf örtliche Blechschwächung. In eine dieser drei Rubriken sollte sich jeder Unfall einreihen lassen. Dieses Schema erscheint ungenügend und ich finde es für angezeigt, unter Rubrik 4 den „Dehnungs mangel“ aufzunehmen. Es ist dies nöthig, schon um die Benützungszeit der Kessel, wofür keine Bestim mungen bestehen, sachlich zu begrenzen und damit überhaupt die Sicherheit der Kesselanlagen zu er höhen. Will Jemand bei einer Kesselanlage Ruhe haben, * überhaupt vor unangenehmen Ueberraschungen ge schützt sein und ökonomisch wirthschaften, so rathe ich, zu den Kesseln nicht dreierlei Blechqualitäten, wie bisher, zu verwenden, sondern nur eine und zwar die best erhältliche. Die Anschaffungskosten erhöhen sich dadurch zwar um etwa 8 bis 10 % ; dagegen ist die Betriebsdauer bedeutend gröfser. Ferner soll eine einfache und verständige Construction gewählt werden; denn je weniger an den Kesseln gerichtet, genietet und gestemmt zu werden braucht, desto besser, zu verlässiger und haltbarer sind sie. Bei den Her stellungskosten soll wegen einiger Franken nicht ge feilscht, sondern der Auftrag tüchtigen und verläfs- lichen Fabricanten ertheilt werden, welche die Bleche schonend behandeln. Endlich ist bei den gelieferten Kesseln für sachgemäfse Bedienung und Unterhaltung Sorge zu tragen. Die Vortheile guter Kessel lassen sich, gegenüber schlechten, allgemein in Zahlen nicht angeben; der billigste, aber schlecht hergestellte Kessel ist immer noch zu theuer bezahlt, schon wegen der öfteren Betriebsstörungen, die er herbeiführt. In betreff des Submissionsverfahrens ist noch heute das alte Sprüch- wort: „Wie das Geld, so die Waare“, zutreffend. Jeder mufs verdienen, um zu existiren. Zürich, den 8. März 1888. * In derselben Angelegenheit gingen uns im An schlusse an die Verhandlungen auf der Generalver sammlung des Vereins deutscher Eisenhüttenleute vom 5. Febr. d. J. noch nachfolgende Schreiben zu: Sehr geehrter Herr Redacteur! Der Königliche Kesselrevisor Hr. Prött bemafs in seiner meinem Anträge gegenüber gehaltenen Rede am 5. Februar (vergl. unsere Zeitschrift Nr. 3, S. 176) die Leistungsfähigkeit der in den Kesseln der Friedens hütte aufgespeicherten Wärmemenge auf 7 bis 8 Millionen Pferdestärken. Später sah Hr. Prött sich veranlafst, seinen Worten den Zusatz „für ‘diese Zeit“ zu geben und (vergl. S. 177) in einer Anmerkung den Beweis für die Richtigkeit der genannten Zahl, die sich sogar auf 10,2 Millionen erhöht, anzutreten. Ich kann diesen Beweis aus dem Grunde nicht für ge lungen erachten, als die Methode der Berechnung sich mit dem üblichen Begriff der Pferdestärke nicht deckt. Nach der von dem Hrn. Prött angegebenen Darstellungsweise kann man alles Mögliche heraus rechnen, da beispielsweise nicht der geringste Grund vorliegt , statt einer Secunde eine halbe Secunde an zusetzen — wer hat das gemessen? —, in welchem Falle sogar 20,4 Millionen Pferdestärken heraus kommen. — Hr. Prött wird sicher imstande sein, ein Gewicht von 7,5 kg, welches vor ihm auf dem Tische steht, 1 m hoch zu heben. Er hat dann eine Arbeit von 71/2 mkg geleistet. Dieselbe Arbeit wird frei, wenn Hr. Prött das Gewicht niederfallen läfst; sie wird in dem Moment aufgezehrt, in welchem das Ge wicht, den Tisch treffend, zur Ruhe kommt. Dort macht es einen Eindruck, zerstört einige Fasern, ent wickelt Wärme u. s. w., giebt also in einem aufser- ordentlich kurzen Zeitraum, den wir in 1/1000 Secunde annehmen wollen, die von Hrn. Prött eingeleitete Arbeit von 71/2 mkg ab. P 5 Nach der Formel: HP = ' , würde die Lei- 75. t 7.5 1 stung sich auf e‘ = 100 Pferdestärken be- / 0 . 11000 Ziffern. — Ich glaube, dafs Hr. Prött selbst gegen die Zumuthung protestiren wird, dafs er 100 Pferde stark sei. Rechnerisch ist gegen die Methode des Hrn. Prött nichts einzuwenden. Es ist aber nicht üblich, der artige momentane Leistungen durch Pferdestärken auszudrücken. Es dürfte die richtige Auffassung einer Pferdestärke keine andere sein, als die einer dauernden Leistung, oder: das mechanische Aequivalent der Wärmeeinheit wird durch Meter kilogramm und nicht durch Secundenmeterkilo- gramm bezw. Pferdestärken ausgedrückt. Beide Einheiten aber verhalten sich schon zu einander wie die Volumeneinheit zur Flächeneinheit. Remscheid, im März 1888. Hochachtend! Haedicke. Sehr geehrter Herr Redacteur! Auf die Ausführungen des Hrn. Haedicke erlaube ich mir ergebenst folgendes zu erwidern. Zunächst ist es nicht richtig, dafs ich „erst später“ den Zusatz „für diese Zeit“' gemacht habe, sondern ich habe von vornherein, wie Jeder, der zugehört hat, wissen wird, die Leistung für den Zeitraum einer Secunde geschätzt bezw. berechnet. Bezieht man die Leistung nur auf eine halbe Secunde, so ergiebt sich allerdings eine solche von 20,4 Millionen HP. Die Zeitdauer einer Secunde für den eigentlichen Vorgang der Explosion eines Kessels ist jedenfalls lang genug, vielleicht zu lang angenommen, gemessen ist sie allerdings nicht. Die Berechnung in HP habe ich gewählt, weil meiner Aussicht nach es so am anschaulichsten wird, welch ungeheure Arbeit, für die kurze Zeit der Ex plosion, von der im Wasser aufgespeicherten Wärme menge geleistet werden kann. Ob diese Art der Be rechnung allgemein gebräuchlich ist oder nicht, ist n.m.M. Nebensache und kommt es lediglich darauf an, ob sie richtig ist, und das giebt selbst Hr. Haedicke zu. Wünschte Hr. Haedicke nur das mechanische Aequivalent der aufgespeicherten Wärmemenge, so braucht er nur die für eine Secunde ermittelten HP, also 10,2 Millionen mit 75 zu multipliciren und er hat es; auch ist in meiner Berechnung diese Zahl bereits zu 765 Millionen mk ermittelt. Es kam mir nur darauf an, nachzuweisen, dafs die von der aufgespei cherten Wärmemenge des Kesselwassers zu leistende