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234 Nr. 4. „STAHL UND EISEN.“ April 1888. daher bei der Meinung, dafs diese Zollerhöhungen möglicherweise nur als etwaige Austauschobjecte für die Ermäfsigung anderer deutscher Zollsätze dienen sollen, für welche der Export der schweizerischen Industrie sich besonders interessirt. — Der Handelsvertrag mit Oesterreich-Ungarn ist auf ein weiteres Jahr verlängert worden, doch waren für einige Positionen der Eisen industrie, deren Zollsätze uns gegenüber nicht gebunden waren, unliebsame Erhöhungen mit in den Kauf zu nehmen. — Das Russische Reich hat seine für unsere Ausfuhr ungünstige Tarif polilik nicht geändert, vielmehr durch weitere Erhöhungen die Einfuhr deutscher Artikel noch mehr erschwert, nicht selten geradezu unmöglich gemacht. Nachdem der Export aus Rheinland- Westfalen nach Rufsland schon früher fast ganz aufgehört hatte, ist nunmehr auch die Ausfuhr aus Oberschlesien sehr stark eingeschränkt und letzteres gezwungen worden, für den Ausfall Ersatz auf dem deutschen Markte zu suchen. — In Nordamerika hat es wiederum nicht an Bestrebungen der dortigen Werke gefehlt, für gewisse Artikel (Draht, Billets, Schienen) Zoll erhöhungen zu erlangen, doch scheint die Regierung der Vereinigten Staaten geneigter zu sein, in Zukunft Zollermäfsigungen eintreten zu lassen, als die an und für sich schon übertrieben hohen Schutzzölle noch zu steigern. — Serbien ge stattet, dafs ungarisches Eisen im sogenannten Grenzverkehr, der aber auf das ganze Gebiet von Oesterreich-Ungarn ausgedehnt zu werden scheint, nur mit der Hälfte der Zollsätze vernommen wird, die für deutsche Eisenartikel zu zahlen sind. Da das Deutsche Reich mit Serbien einen Meist begünstigungs-Vertrag abgeschlossen hat, ist das Auswärtige Amt auf diesen Widerspruch auf merksam gemacht worden und hoffen wir auf eine befriedigende Erledigung dieser Angelegenheit. Wiederholt ist im letzten Jahre an den Verein die Aufforderung herangetreten, sich an den internationalen Ausstellungen — u. A. in Melbourne, Buenos-Aires, Barcelona — von Vereins wegen zu betheiligen und sind derartige Anträge und Gesuche mit aller Sorgfalt geprüft worden. Seitens des Vorstandes hat man sich jedoch in allen Fällen darauf beschränkt, die Mitglieder über die betreffenden Ausstellungen zu orientiren, auch solchen Mitgliedern, welche sich für die Ausstellung interessiren sollten, zu gemeinsamer Besprechung und Weiterverfolgung ihrer Interessen Gelegenheit zu geben, eine weitergehende Be theiligung jedoch abgelehnt. Ein ähnliches Verfahren hat in betreff der Musterlager stattgefunden, die gleichzeitig an mehreren Orten des Auslandes — Belgrad, Bukarest, Assuncion, Buenos-Aires, — in Vor schlag gebracht waren und zum Theil noch vorgeschlagen sind. Auch hier ist der Vorstand der Meinung gewesen, dafs es nicht Aufgabe des Vereins sein könne, derartige Musterlager selbständig ins Leben zu rufen, kaufmännisch zu leiten, überhaupt Handelsgeschäfte zu treiben. Dagegen hat der Verein auch hier nicht unter lassen, seine Mitglieder auf derartige Bestrebungen aufmerksam zu machen und den betreffenden Firmen eine Verständigung unter sich nahezulegen. Dankend haben wir hervorzuheben, dafs wir auch im verflossenen Jahre den deutschen Gonsulaten mancherlei sehr schätzenswerthe Mittheilungen darüber verdanken, wie sich inner halb ihrer Bezirke der Absatz deutscher Waaren gestaltet hat, an welchen Mängeln derselbe zu leiden scheine und wodurch eine Hebung des Exports zu erzielen sein werde. Dies gilt u. A. von China, Ostindien, Griechenland, Tunis, den La-Platastaaten, Paraguay, Nordamerika, Mexico und Brasilien. — In gleich dankenswerther Weise haben uns das Königl. Preufs. Handels ministerium und das Ministerium der öffentlichen Arbeiten Kenntnifs verschafft von den Resultaten der technischen Versuche über die Festigkeit des Eisenbahnmaterials, wie über literarisch - technische Werke, die zunächst nicht für den Buchhandel bestimmt waren. Selbstverständlich sind auch hiervon unsere Mitglieder in Kenntnifs gesetzt worden. In betreff der von uns beantragten Aufhebung des preufsischen Landesstempels von 1/2 % des Kaufpreises für die im kauf männischen V erkehr abgeschlossenen Kauf- und Lieferungsverträge bringt der Bericht des Hrn. Dr. Rentzsch die bereits im Märzheft dieser Zeitschrift mitgetheilte Ent scheidung des Ministers der Finanzen in dieser Angelegenheit. Als im Herbst vorigen Jahres verlautete, dafs die Reichsregierung sich mit dem Plane trage, über eine einheitliche gesetzliche Regelung der Creditgewährung mittels Warrants dem Reichstage einen Entwurf vorzulegen, sprach sich der Vorstand des Vereins einstimmig dahin aus, dafs die Eisen- und Stahlindustrie an der Emanirung eines Warrantgesetzes kein Interesse habe und die eventuelle Anwendung desselben auf ihre Erzeugnisse für schädlich halte. Die gleichfalls beschlossene Eingabe an das Ministerium für Handel und Gewerbe lautet: Berlin, den 12. December 1887. Dem Hohen Ministerium erlauben wir uns die ganz ergebene Mittheilung zu machen, dafs der Verein Deutscher Eisen- und Stalilindustrieller in seiner Vorstandssitzung am 22. November er., angeregt durch den dem Vernehmen nach höheren Orts in Aussicht genommenen Erlafs gesetzlicher Bestimmungen über die Einführung und Anwendung des Warrant-Credits, einstimmig folgenden Beschlufs gefafst hat: „Der Verein Deutscher Eisen- und Stahl industrieller spricht seine Ansicht dahin aus, dafs die Eisen- und Stahlindustrie an der Emanirung eines Warrant-Gesetzes kein Interesse