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554 Nr. 7. „STAHL UND ESEN. Juli 1891. den Schlackenabflufs durch die selbst erweiterten Oeffnungen unmöglich machten. Mit diesen häufig wiederholten, immer aber vergeblichen Versuchen vergingen mehrere Monate, welche meinen Vorgesetzten und meiner Um gebung die Ueberzeugung beibrachten, dafs die dafür aufgewendeten Kosten für gekühlte Platten u. s. w. ,* sowie die Mühen vergeblich seien. Auch von den mir am nächsten stehenden Per sonen wurde ich gebeten, diese aufreibende Thätig- keit aufzugeben. Diese Mahnungen wurden durch den Umstand unterstützt, dafs ich bei einem dieser Versuche mit heifsem Wasser so verbrüht wurde, dafs ich 9 Wochen bettlägerig war. Trotzdem blieb ich als zäher Westfale meinen Vorsätzen getreu, unterstützt durch die Ueber zeugung, dafs diese Einrichtungen für den Koks- Hochofenbetrieb von Wichtigkeit werden würden, und hatte nach mifslungenen Versuchen auf etwaige Fragen nur die Antwort: „So ging es zwar nicht, aber es geht doch.“ Die Oeffnung für den Schlackenabflufs mufste, das hatten diese mifslungenen Versuche gelehrt, stark gekühlt sein, damit die Oeffnung sich nicht vergröfsere, und mit ihrer hinteren Fläche mufste diese Oeffnung dem Innern des Ofens, also der flüssigen Schlacke, so nahe als möglich gebracht werden, damit der Abflufs der flüssigen Schlacke durch diese Oeffnung auch immer gesichert sei. Der ersten dieser Bedingungen entsprach nun meine erste Schlackenform; bei derselben war ein zu drei Spiralwindungen gebogenes Gas rohr so mit Gufseisen umgossen, dafs innerhalb dieser Windungen die Schlackenabflufsöffnung ausgespart war (siehe Fig. 4). Nachdem mit der Fig. 4. ersten der so eingerichteten Schlackenformen fest gestellt war, dafs das Kühlwasser dem Metall genügend Wärme entziehe, so dafs sich die Ab- flufsöffnung nicht vergröfsere, die Wärme-Ent ziehung jedoch auch nicht so stark sei, dafs die Schlacke in der Oeffnung erstarre oder Dampf bildung eintrete, wodurch der Wasserzuflufs ge hindert worden wäre, konnte am 20. Febr. 1867 * Diese Kosten betrugen etwa 2400 •«. zu wirklichen Versuchen der Anwendung dieser Schlackenform übergegangen werden. Auch die erste in Fig. 4 gezeichnete An ordnung der Schlackenform, unter der bisherigen Tümpelplatte, litt noch sehr an der Störung des Schlackenabflusses durch Ansätze in dem Winkel zwischen Tümpelplatte und Schlacken form. Diese Versuche ergaben jedoch, dafs der von mir beabsichtigte Zweck der Schlackenform, die Schlackenabflufsöffnung dauernd oder »Con stant« zu machen, vollkommen erreicht sei. Darauf sollte - sich in der Ueberschrift der damaligen Veröffentlichungen : „Hochöfen mit ge schlossener Brust und »constantem« Schlacken abflufs“, der Ausdruck »constant« beziehen. Von den meisten Zeitgenossen ist dieser Ausdruck jedoch auf das Abfliefsen der Schlacken bezogen; man glaubte demnach, meine Schlackenform solle dazu dienen, die Schlacken »immerwährend« ablaufen zu lassen, was durchaus nicht meine Absicht sein konnte. Dies Mifsverständnifs ist, wie so viele, unter der Herrschaft der Fremd wörter entstanden. Die erste Anordnung der Schlackenform inner halb des alten Vorherdes (Fig. 4) war die zu nächstliegende, hatte aber, wie schon oben er wähnt, sehr viele Unbequemlichkeiten im Gefolge; trotzdem arbeitete diese erste so angeordnete Schlackenform vom 20. Februar bis 20. April 1867 beim damaligen Hochofen IV der Georgs marienhütte. Gröfsere Schwierigkeiten, als die Einrichtung und Anordnung der Schlackenform, bereiteten die Schmelzer der Einführung derselben in den Hochofenbetrieb, weil sie das richtige Gefühl hatten, dafs ihre Wichtigkeit geringer werde durch Fortfall der früher nach jedem Abstich regelmäfsig wiederkehrenden, 1/2 bis 1 Stunde und oft noch länger dauernden schweren Arbeit der Ausbesserung des Vorherdes, sowie durch Fortfall des grofse Vorsicht nöthig machenden Schlackenaufbrechens nach etwa einstündigem Blasen. Die Einführung meiner Schlackenform wäre, wie die Einführung meiner Koksöfen mit Druck ausübung, oder wie diejenige der Gröbe-Lürmann- Generatoren in die Eisenindustrie, unterblieben, wenn ich nicht Hochofenbetriebsleiter auf Georgs marienhütte gewesen wäre. Die widerstrebenden Schmelzer wurden als Koksbrenner verwendet, und Schlackenfahrer wurden zu Schmelzern gemacht. Dafs auch damit viele Aufregung für für mich, von unten und oben herrührend, ver bunden war, ist leicht zu begreifen. Ich erreichte es trotzdem, dafs schon am 1. October 1867 eine neue Zustellung des Hoch- ofens II der Georgsmarienhütte in vollkommenster Weise mit geschlossener Brust, mit vier gleich- mäfsig vertheilten Windformen und meiner Schlackenform versehen, in Betrieb gesetzt werden