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tretenden Zerstörung des Eisenoxyduls vollständig aus dem Metalle ausgeschieden werde. Ich glaube, dafs die meisten Eisenhüttenleute noch jetzt die gleiche Meinung hegen. Wäre sie richtig, so würde man durch das von mir angewendete Ver fahren der Sauerstoffbestimmung — Glühen der vollständig trockenen Eisenspäne im vollständig trockenen und reinen Wasserstoffstrome —, bei welchem anwesendes Eisenoxydul unter Bildung von Wasser zerlegt wird, auch den gesammten Sauer stoffgehalt des Eisens finden. Spätere Erwägungen haben mir jedoch die Ueberzeugung beigebracht, dafs eine Zerlegung von gelöstem Eisenoxydul nicht auch eine sofortige und vollständige Aus scheidung des ihm entzogenen Sauerstoffs aus dem Eisenbade zur Folge zu haben brauche, sondern dafs auch die bei jener Zerlegung ent standenen neuen Sauerstoffverbindungen — Mangan oxydul, Kieselerde, Thonerde — ganz oder theil weise in dem Metalle Zurückbleiben können, zumal wenn dieses bald nach der besprochenen Zerlegung zum Erstarren gebracht wird. Die Eigenschaften des Eisens werden infolge der eintretenden Zer legung gelösten Eisenoxyduls zwar geändert, Roth bruch, welchen das Eisenoxydul erzeugte, wird beseitigt, aber auch jene neugebildeten und nicht vollständig ausgeschiedenen Oxyde vermögen un willkommene Einflüsse auszuüben. Vorzugsweise waren es die Abweichungen in den Einflüssen eines im Flufseisen gefundenen Siliciumgehalts, je nachdem dieser schon in dem sauerstofffreien Eisen zugegen war (bei dem Bessemerverfahren mit siliciumreichem Roheisen, Tiegelstahlschmelzen) oder je nachdem er erst dem entkohlten und sauerstoffhaltig gewordenen Metalle zugesetzt wird, welche jene Anschauung in mir wachriefen. In dem ersteren Falle kann das Metall 0,5% und mehr Silicium enthalten, ohne seine Schweifsbarkeit einzubüfsen, und viele Bessemerleute legen sogar Werth darauf, dafs ein gewisser Siliciumgehalt neben dem Kohlenstoff gehalt im Stahle zurückbleibt; im andern Falle kann schon ein Siliciumgehalt von 0,2 % das Metall vollständig unschweifsbar machen. Man benutzt daher, wie bekannt, niemals Siliciumeisen allein als sauerstoffentziehendes Mittel, sofern man gut schweifs- und schmiedbares Eisen erhalten will, sondern daneben Eisenmangan, dessen Mangangehalt den üblen Einflufs des Silicium gehalts abmindert. Eine Erklärung dieser Abweichungen erhält man nur, wenn man annimmt, dafs die bei dem Zusatz des Siliciums entstandene neue Sauerstoff verbindung ebenfalls zunächst in dem flüssigen Metalle zurückbleibt und nur in anderer Weise als das zuvor anwesende Eisenoxydul dessen Ver halten beeinflufst. Das Hörder Entschweflungsverfahren kann als ein Beispiel eines ganz ähnlichen Falles, d. h. einer erst ganz allmählich sich vollziehenden Aus scheidung einer im Eisen neu entstandenen Ver bindung gelten. Das ursprünglich vorhandene und leicht im Eisen lösliche Schwefeleisen wird durch das Mangan zerlegt; aber das entstehende, weniger oder gar nicht lösliche Schwefelmangan tritt nicht sofort, an die Oberfläche, sondern eine längere Zeitdauer ist erforderlich, um es zur Ausscheidung zu bringen. Man mischt daher grofse Mengen flüssigen Metalls, damit es lange Zeit flüssig bleibe und so das Schwefelmangan abscheide. Dafs das Mischen daneben einen Aus gleich der Abweichungen in dem Schwefel- und Mangangehalte verschiedener Abstiche herbeiführt, ist zwar nützlich und zur Erreichung des Ziels förderlich, aber die Schwefelabscheidung würde trotzdem ungenügend bleiben, wenn dem Metalle nicht eine lange Spanne Zeit dafür gegeben wäre. Fragt man nun, in welcher Form jene bei dem Zusatze von Mangan, Silicium oder anderer auf Eisenoxydul reducirend wirkender Körper neu gebildeten Oxyde vom Eisen zurückgehalten werden können, so wird man zunächst geneigt sein, an- znnehmen, dafs sie im flüssigen Metalle ebenso wie zuvor das .Eisenoxydul löslich sind. Ich will die Möglichkeit dieser Löslichkeit nicht in Abrede stellen; wahrscheinlicher deucht mir jedoch eine andere Erklärung zu sein. Es ist bekannt, dafs, wenn wir in kaltflüssigen Lösungen Niederschläge bilden, diese nicht immer rasch sich absetzen, sondern oft Stunden, ja Tage dafür gebrauchen. Brächten wir eine solche Flüssigkeit, bald nachdem der Niederschlag ge bildet worden ist, zum raschen Gefrieren, so würde die erstarrte Masse ebenso wie zuvor die Flüssigkeit den gebildeten Niederschlag als mechanisch eingemengten Fremdkörper enthalten, welcher wohl imstande sein kann, Einflüsse auf ihr Verhalten auszuüben. Mir scheint kein Grund zu der Annahme vorzuliegen, dafs feuerflüssige Lösungen sich anders verhalten sollten, zumal da bei diesen der Unterschied in den specifischen Gewichten der Lösung und der „Niederschläge“ geringer zu sein pflegt, als bei der Bildung zahl reicher, langsam sich absetzender Niederschläge aus kaltflüssigen Lösungen (z. B. schwefelsauren Baryums aus wässriger Lösung). Dafs die aus feuerflüssigen Lösungen gebildeten Absonderungen leichter, die as wässrigen Lösungen entstehenden schwerer zu sein pflegen als die Flüssigkeit, aus der sie austreten, ist hierbei ohne Belang. Verschieden zusammengesetzte Niederschläge aber verhalten sich in jener Beziehung verschieden; nicht selten ist auch ein dritter in der Lösung enthaltener Körper, obwohl er chemisch unthätig | bei dem ganzen Vorgänge sich verhält, doch von Einflufs auf das raschere oder langsamere Ab- . setzen. Der nämliche Unterschied wird bei Aus- | Scheidungen aus feuerflüssigen Lösungen obwalten. | Vielfach ist bereits in der Literatur eines von Po urcel | angestellten Versuchs Erwähnung geschehen, bei