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284 Nr. 7. .STAHL UND EISEN.* April 1893. in allen Ländern mehr und mehr das Bedürfnifs hervortreten, den basischen Procefs zu benutzen. Obwohl man bei geeignetem Material von Roh eisen in der Thomasbirne genau ebenso gute Producte erzielt, wie in einem Flammofen, giebt man dem Flammofen doch in drei Fällen den Vorzug, nämlich: 1. und ganz besonders, wenn man ein Material hat, welches zu arm an Phosphor ist, um in der basischen Bessemerbirne verarbeitet zu werden, aber zu reich daran, um für den sauren Procefs Verwendung finden zu können, mit anderen Worten, für ein Roheisen, welches zwischen 0,1 und 1,5 % an Phosphor enthält. Lange Zeit ist dieses Material gar nicht zu Flufseisen verarbeitbar ge wesen, und man hat es nur im Puddelofen zu Schweifseisen verarbeiten können. Das ging so lange, als das erpuddelte Eisen erheblich nie driger im Preise stand als das basische Flufs eisen. Die Sachlage hat sich heute umgekehrt, und der Puddelprocefs geht schneller und schneller seinem Ende entgegen. 2. Der zweite Fall, in dem man dem basischen Flammofen den entschiedenen Vorzug giebt, ist der, wenn man aus anderen Gründen, als wegen des Phosphorgehalts, ein nicht ausreichend - für den Thomasprocefs geeignetes Eisen verwenden mufs, z. B. ein zu siliciumreiches oder zu mangan armes Roheisen, oder aber bei Verwendung eines in der Zusammensetzung oft wechselnden Schrotts (Abfalleisen). Dann kann man dennoch im Flamm ofen ein vorzügliches Product erzeugen, zumal seine Beschaffenheit durch beständige Probenahme controlirt werden kann, sowohl in Bezug auf Reinheit von fremden Substanzen, als in Bezug auf Höhe des Kohlenstoffgehaltes. 3. Ein dritter Vorzug des basischen Flamm ofens aber bildet sich in allerneuester Zeit immer stärker heraus. Es ist die Benutzung dieses Flamm ofens zur Herstellung von Flufswaaren, d. h. von Waaren aus Flufseisen, welche denselben Zweck haben sollen wie Waaren aus Gufseisen, aber welche dadurch, dafs sie aus Flufseisen gegossen worden sind, viel höhere Festigkeitseigenschaften als jene erhalten. Sie bestehen ja aus schmied barem Eisen, besitzen daher an sielt schon eine etwa viermal höhere Festigkeit als Gufseisen und sind infolgedessen für alle Maschinentheile, welche hoher Inanspruchnahme unterliegen müssen, be sonders geeignet. Gerade für diesen letzten Fall ist die Zukunft des basischen Flammofens eine ungemein grofse, und viele Giefsereien legen sich bereits verhält- nifsmäfsig kleine Flammöfen für einen Fassungs raum von 1 bis 2 Tonnen Eisen an, um mit ihnen den steigenden Bedarf an Flufswaaren zu befriedigen, ein Verfahren, welches unzweifel haft richtiger ist, als etwa für den gleichen Zweck kleine Bessemerbirnen (Kleinbessemereien) ein zurichten. Uebrigens hat die Magnesia nicht nur Be deutung für die Flufseisenerzeugung im Flamm ofen und in der Birne, sondern auch andere Theile der Eisenerzeugung, Hochofen, Cupolofen, Eisenmischer und Entschwefelungsapparat ziehen davon Nutzen, und auch in anderen Zweigen, wie Kupfer-, Blei- und Nickelhüttenwesen, findet ' Magnesia noch ein weites Feld. Fassen wir noch einmal die Vorzüge des Magnesits gegenüber anderen Materialien zu sammen : Man benutzt gegenwärtig zur Ausfütterung basischer Oefen aufser Magnesia noch oft ge brannten Dolomit, zuweilen Chromeisenerz. Chromeisenerz, welches an sich alle Eigen schaften eines guten Materiales für einen basischen Herd einschliefst, ist von vornherein wegen seines überaus hohen Preises und der infolge seines sehr hohen specifischen Gewichtes entstehenden bedeutenden Frachtkosten auf den meisten Hütten werken ausgeschlossen. Die Versuche, die damit ganz besonders in Frankreich angestellt worden sind, haben zwar einen guten technischen, aber im Laufe der Zeit nirgends einen günstigen finanziellen Erfolg gehabt, und man hat es selbst da aufgegeben, wo Lagerstätten desselben in der Nähe sind.* Nur noch als Trennungsschicht zwischen Herd und saurem Gewölbe findet I es dann Anwendung, wenn der Herd aus Dolomit besteht; ist er aus Magnesit hergestellt, so ist die trennende Chromerzschicht ganz entbehrlich. • Unter den beiden anderen Zustellungsmaterialien ist der Magnesit dem Dolomit erstens beim Kaltlegen des Ofens wegen des Fehlens ■ aller hygroskopischen Eigenschaften vorzuziehen. I Ferner läfst sich gebrannter Dolomit längere Zeit nicht aufbewahren, ohne aus der Atmosphäre Feuchtigkeit aufzunehmen und unverwendbar zu werden, und zwar in um so stärkerem Mafse, je mehr Kalk er enthält. Selbst wenn der Ofen in beständigem Betriebe bleibt, wirken die Temperaturschwankungen erheblich auf Dolomit . ein und die Reparaturen nehmen viel Zeit und I eine Menge Material in Anspruch. Sodann kann der Dolomit nicht in unmittelbare Berührung mit Kieselsäure, also mit dem sauren Gewölbe des Flammofens gebracht werden, ohne zu' Ver schlackungen Veranlassung zu geben. Der Mag nesit dagegen vereinigt sich auch bei den höchsten Temperaturen der Praxis nicht mit Kieselsäure. Dagegen kann man anführen, dafs Magnesit theurer sei als Dolomit. Das ist zwar zu treffend, aber ein guter Dolomit ist auch nicht häufig und im Laufe der Zeit wird der Magnesit trotz seiner höheren Anschaffungskosten billiger, weil man die bereits gebrauchten und bei Haupt- *Z. B. in Ungarn trotz der benachbarten bos nischen Lagerstätten. Uebrigens wechselt die Zu sammensetzung des Chromeisenerzes auch sehr.