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328 Nr. 7. „STAHL UND EISEN. 4 April 1892. Darniederliegens der Textilindustrie und des da durch bedingten schlechten Geschäftsganges in allen Färbereien, ferner durch die allseitige Ab nahme des Eisenvitriolverbrauchs für Desinfections- zwecke, denen bekanntlich gegenwärtig haupt sächlich Carbolsäure und Chlorkalk dienen, er heblich geringer geworden und dürfte zur Zeit nach Schätzung von unterrichteten Personen höchstens 2 300 000 kg (gegen 3 000 000 kg in 1887) betragen. Das für uns zunächst weiter in Frage kommende Absatzgebiet kann man begrenzen durch eine Linie von Hamburg über Berlin—Mühlhausen i. Th.—Mannheim rheinabwärts bis Rotterdam und zurück bis Hamburg. Nach den Plätzen an dieser Peripherie konnte aber schon seit lange, wenn überhaupt, nur mit gröfseren Verlusten geliefert werden, und nach denen darüber hinaus war der hohen Frachten bezw. der durch diese bedingten zu grofsen Nachtheile wegen ein Vertrieb kaum noch oder gar nicht mehr möglich. Für den weiteren Absatz ist die Production auf Süddeutschland und die östlicheren Provinzen angewiesen, und endlich auf die Ausfuhr ins Ausland. Im Inlande haben wir concurrirende Eisen vitriol - Gewinnung bei den Drahtwerken in Oberschlesien, bei den fiscalischen Gruben in Oker sowie den chemischen Fabriken in Chemnitz, Schönebeck, Charlottenburg und bei Berlin. Die oberschlesischen Drahtwerke werden gleich uns eine Frachtermäfsigung für Eisenvitriol be dürfen und freudig begrüfsen, wenngleich die selben bedeutende Consumplätze durch den billigen Wasserweg bequem erreichen können und solchen auf lange Strecken zur Verfügung haben, uns gegenüber also für den Vertrieb in günstiger Lage sich befinden. Auch den gedachten chemischen Fabriken wird durch die erbetene Detarifirung ein Nachtheil nicht erwachsen, denn sie haben billigere Herstellungskosten und einen unserer seits durch die Preisstellung nicht ausgleichbaren zu bedeutenden Frachtvorsprung bis zu ihren natürlichen Absatzgebieten, welche ihnen also ungeschmälert verbleiben, abgesehen davon, dafs auch sie von einer Frachterleichterung Vortheil haben werden. Diese chemischen Fabriken, daran zweifeln wir nicht, werden übrigens eine ermäfsigte Tari- firung auch schon durch die Geringwerthigkeit des Artikels gleichfalls als geboten und berechtigt erachten; zum Theil haben sie aber auch (z. B. von Sachsen nach Berlin) billige Schiffsgelegen heiten zur Verfügung. Im Norden, an der Nord- und Ostsee, beson ders in Hamburg, beherrscht England den Markt. Vermöge der der englischen Goncurrenz ab Werk zu Gebote stehenden billigen Wasserwege (sie schickt den Eisenvitriol meist mit den Kohlen- schiffen) kann dieselbe hier zu geringen Preisen liefern. Sie bot in letzter Zeit frei Bord England zu 2 sh. pro 100 kg an, und in Hamburg betrug der gleichzeitige Preis einschliefslich Fafs nur 3,20 6. Rechnen wir die Fafspackung zu 70 8 pro 100 kg Eisenvitriol, so erübrigen nur noch 2,50 •6, so dafs als Fracht ab England bis Hamburg 50 8 pro 100 kg übrig bleiben, wogegen die uns bewilligte Fracht des Seehafen- Ausnahmetarifs (-Sp.-T. III), z. B. von dem günstig gelegenen Hamm nach Hamburg 79 8 pro 100 kg, also noch viel zu theuer ist. Ziehen wir aber die Ausfuhr in Betracht, und hierfür ist Hamburg der Hauptplatz, so gestaltet dies Verhältnifs sich nochungünstiger. Der Preis frei Bord Hamburg (oder auch Rotterdam oder Antwerpen) beträgt, gegeben durch die englische Goncurrenz, nur 3 6 pro 100 kg einschliefslich Fafspackung, macht also Netto 2,30 •6 pro 100 kg und be ziffert sich in diesem Falle der englische Fracht vorsprung z. B. gegen ab Hamm (0,79 6 — 0,20 Spesen = 0,99 Hamm, f. o. b. Hamburg, ab England bis f. o. b. Hamburg = 0,30) auf 0,69 6 pro 100 kg. Wir haben in Erfahrung gebracht, dafs ein gröfserer Auftrag nach Brasilien im Herbst 1891 sogar zu 2,80 •6 einschliefslich fester Fässer frei Bord Hamburg von England ausgeführt worden ist. Bei den gegenwärtigen Frachten erübrigt also, wenn das Beispiel von Hamm festgehalten wird, für Netto 100 kg Eisenvitriol ab Productions- steile Hamm: Preis in Hamburg am Orte 2,50 •K — Bahnfracht ” f.o.b. ” 2,30 ” “(spesen „ » Rotterdam 2,30 » — Fracht u. Spesen „ Antwerpen 2,30 , — „ „ , 0,79 = 0,79 \ _ 0,20 J “ 1,09 = 1,20 = 1,71 1,31 1,21 1,10 •4 » n n Diese Erlöse in Hamburg sind aber nur erst infolge der für Sendungen dorthin (wie schon erwähnt) bewilligten Fracht- ermäfsigungen (Sp.-T. III ab Hamm 0,40 •6 billiger als Sp.-T. II) möglich. Das sind Berechnungen auf Grund der allge meinen Notirungen aus nicht gerade der aller letzten Zeit. Leider sind sie schon nicht mehr zutreffend, denn es wird neuerdings Eisenvitriol schon zu 2,90 c6 pro 100 kg einschliefslich Fafs frei Hamburg angeboten. Wenn man diese Preise, — und in binnenländischen Consum- plätzen sind sie unter Berücksichtigung der Frachten kaum besser — von welchen auch