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Diese können verlangen, dafs das Zeugnifs nicht an den Minderjährigen, sondern an sie ausgehändigt werde. Mit Genehmigung der Gemeindebehörde kann auch gegen den Willen des Vaters oder Vormundes die Aushändigung unmittelbar an den Arbeiter erfolgen. § 114. Auf Antrag des Arbeiters hat die Ortspolizei behörde die Eintragung in das Arbeitsbuch und das dem Arbeiter etwa ausgestellte Zeugnifs kosten- und stempelfrei zu beglaubigen. § 115. Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet, die Löhne ihrer Arbeiter in Reichswährung zu berechnen und haar auszuzahlen. Sie dürfen denselben keine Waare creditiren. Die Verabfolgung von Lebensmitteln an die Arbeiter fällt, sofern sie zu einem die Anschaffungskosten nicht übersteigenden Preise erfolgt, unter die vorstehende Bestimmung nicht; auch können den Arbeitern Wohnung, Feuerung, Landnutzung, regelmäfsige Be köstigung, Arzneien und ärztliche Hülfe, sowie Werk zeuge und Stoffe zu den ihnen übertragenen Arbeiten unter Anrechnung bei der Lohnzahlung verabfolgt werden, soweit die dafür angerechneten Beträge die Selbstkosten nicht übersteigen. § 116. Arbeiter, deren Forderungen in einer dem § 115 zuwiderlaufenden Weise berichtigt worden sind, können zu jeder Zeit Zahlung nach Mafsgabe des § 115 ver langen, ohne dafs ihnen eine Einrede aus dem an Zahlungsstatt Gegebenen entgegengesetzt werden kann. Letzteres fällt, soweit es noch bei dem Empfänger vorhanden oder dieser daraus bereichert ist» der jenigen Hülfskasse zu, welcher der Arbeiter angehört, in Ermangelung einer solchen einer andern zum Besten der Arbeiter an dem Orte bestehenden, von der Ge meindebehörde zu bestimmenden Kasse und in deren Ermangelung der Ortsarmenkasse. § 117. Verträge, welche dem § 115 zuwiderlaufen, sind nichtig. Dasselbe gilt von Verabredungen zwischen Ge werbetreibenden und den von ihnen beschäftigten Arbeitern über die Entnahme der Bedürfnisse der letzteren aus gewissen Verkaufsstellen, sowie über haupt über die Verwendung des Verdienstes derselben zu einem andern Zweck als zur Betheiligung an Ein richtungen zur Verbesserung der Lage der Arbeiter oder ihrer Familien. § H8. Forderungen für Waaren, welche dem § 115 zu wider creditirt worden sind, können von dem Gläu biger weder eingeklagt, noch durch Anrechnung oder sonst geltend gemacht werden, ohne Unterschied, ob sie zwischen den Betheiligten unmittelbar entstanden oder mittelbar erworben sind. Dagegen fallen der gleichen Forderungen der im § 116 bezeichneten Kasse zu. § 119. Den Gewerbetreibenden im Sinne der §§ 115 bis 118 sind gleich zu achten deren Familienglieder, Ge- hülfen, Beauftragte, Geschäftsführer, Aufseher und Factoren, sowie andere Gewerbetreibende, bei deren Geschäft eine der hier erwähnten Personen unmittel bar oder mittelbar betheiligt ist. Unter den in §§ 115 bis 118 bezeichneten Ar beitern werden auch diejenigen Personen verstanden, welche für bestimmte Gewerbetreibende aufserhalb der Arbeitsstätten der letzteren mit der Anfertigung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt sind, und zwar auch dann, wenn sie die Roh- und Hülfsstoffe selbst beschaffen. § 120. Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, ihren Arbeitern unter 18 Jahren, welche eine von der Ge meindebehörde oder vom Staate als Fortbildungs schule anerkannte Unterrichtsanstalt besuchen, hierzu die erforderlichenfalls von der zuständigen Behörde feslzusetzende Zeit zu gewähren. Als Fortbildungsschulen im Sinne dieser Be stimmung gelten auch Anstalten, in welchen Unterricht in weiblichen Hand- und Hausarbeiten ertheilt wird. Durch Ortsstatut (§ 142) kann für Arbeiter unter 18 Jahren die Verpflichtung zum Besuche einer Fort bildungsschule, soweit diese Verpflichtung nicht landes gesetzlich besteht, begründet werden. Auf demselben Wege können die zur Durchführung dieser Ver pflichtung erforderlichen Bestimmungen getroffen werden. Insbesondere können durch das Ortsstatut die zur Sicherung eines regelmäfsigen Schulbesuchs den Schulpflichtigen sowie deren Eltern, Vormündern und Arbeitgebern obliegenden Verpflichtungen be stimmt und diejenigen Vorschriften erlassen werden, durch welche die Ordnung in der Fortbildungsschule und ein gebührliches Verhalten der Schüler gesichert wird. § 120a. Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, die Arbeitsräume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Geräthschaften so einzurichten und zu unterhalten und den Betrieb so zu regeln, dafs die Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, wie es die Natur des Betriebes gestattet. Insbesondere ist für genügendes Licht, ausreichen den Luftraum und Luftwechsel, Beseitigung des bei dem Betriebe entstehenden Staubes, der dabei ent wickelten Dünste und Gase, sowie der dabei ent stehenden Abfälle Sorge zu tragen. Ebenso sind diejenigen Vorrichtungen herzustellen, welche zum Schutze der Arbeiter gegen gefährliche Berührungen mit Maschinen oder Maschinentheilen oder gegen andere in der Natur der Betriebsstätte oder des Betriebes liegende Gefahren, namentlich auch gegen die Gefahren, welche aus Fabrikbränden er wachsen können, erforderlich sind. Endlich sind diejenigen Vorschriften über die Ordnung des Betriebes und das Verhalten der Ar beiter zu erlassen, welche zur Sicherung eines gefahr losen Betriebes erforderlich sind. § 120 b. Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, die jenigen Einrichtungen zu treffen und zu unterhalten und diejenigen Vorschriften über das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, welche erforderlich sind, um die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des An standes zu sichern. Insbesondere mufs, soweit es die Natur des Be triebes zuläfst, bei der Arbeit die Trennung der Ge schlechter durchgeführt werden. In Anlagen, deren Betrieb es mit sich bringt, dafs die Arbeiter sich umkleiden und nach der Arbeit sich reinigen, müssen ausreichende, nach Geschlechtern getrennte Ankleide- und Waschräume vorhanden sein. Die Bedürfnifsanstalten müssen, so eingerichtet sein, dafs sie für die Zahl der Arbeiter ausreichen, dafs den Anforderungen der Gesundheitspflege ent sprochen wird und dafs ihre Benutzung ohne Ver letzung von Sitte und Anstand erfolgen kann. § 120 c. Gewerbeunternehmer, welche Arbeiter unter 18 Jahren beschäftigen, sind verpflichtet, bei der Ein richtung der Betriehsstätte und bei der Regelung des