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Juni 1890. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 6. 495 ursprünglich auch zum britischen Colonialgebiet gehörten, hinzunimmt, sogar die Hälfte dieser Ausfuhr. Aus diesen Gründen haben wir die Errich tung einer subventionirten Postdampferlinie nach Ostafrika auf das lebhafteste befürwortet. Noth wendig erschien uns aber, dafs die Dampfer dieser Linie auf der Hin- und Rückfahrt den Hafen Rotterdam anlaufen. Wir richteten dieserhalb an den Reichstag eine Eingabe, in der wir den von der Mannheimer Handelskammer für das Anlaufen in Rotterdam vorgebrachten Gründen zustimmten und aufserdem noch folgende zwei Gesichtspunkte geltend machten: Bekanntlich erfreut sich die Schiffahrtsstrafse des Rheines auf holländischem Gebiete noch immer nicht der auf der deutschen Strecke vor handenen Tiefe. Gewährt man nun Holland den dort in hohem Mafse gewünschten Vortheil, dafs Rotterdam als Anlaufhafen für die Dampfer der ostafrikanischen Linie gewählt wird, so könnte mit Recht als Aequivalent eine völlige, den heutigen Anforderungen der Schiffahrt entsprechende Re- gulirung des Rheines auf holländischem Gebiete gefordert werden, wodurch auch nach anderer Richtung hin dem deutschen Handel und der deutschen Industrie ein werthvoller Dienst ge leistet würde. Weiterhin ist das Kapital zur Erwerbung und Colonisation der ostafrikanischen Gebiete zum bedeutenden Theile seitens rheinisch-westfälischer Handels- und Fabricanten - Kreise aufgebracht worden, so dafs diese, wie uns dünkt, mit Recht den Anspruch erheben können, dafs eine nach den dortigen Gebieten subventionirte Linie so ein gerichtet werde, dafs sie thunlichst den Interessen auch jener Kreise entspricht. Wir richteten daher an den Reichstag das Ersuchen, dafs der § 1 der in Rede stehenden Vorlage folgende Fassung erhalte: „Die Unternehmer der Linie sind ver pflichtet, bei der Hin- und Rückfahrt den Hafen Rotterdam anzulaufen.“ Bezüglich des Ausstellungswesens haben wir den Standpunkt der Gruppe in einem »Wider die deutsch-nationale Ausstellung in Berlin« be titelten Artikel im Aprilheft von »Stahl und Eisen« dargelegt. Der Kopf der deutschen In dustriellen ist z. Z. mit ganz anderen Gedanken angefüllt als mit solchen, die sich auf Ver anstaltung von prunkhaften Schaustellungen be ziehen, die zudem in den letzten Jahren einander in einem Tempo gefolgt sind, dafs ein Bedürfnifs nach einer Fortsetzung derselben vor der Hand durchaus nicht vorliegen dürfte. Auf dem Gebiete des Unterrichtswesens steht eine Enquete bevor, in der gutem Ver nehmen nach aufser Schulmännern auch die jenigen Kreise gehört werden sollen, bei denen man ein Interesse und Verständnifs für die Ge staltung unseres Schulwesens voraussetzen darf. Der Hochmuth gewisser Schulmonarchen ist wohl durch keinen andern Umstand mehr als durch die seit Jahren in den Kreisen derselben gang und gäbe gewordene Behauptung in die Erschei nung getreten, dafs die aufserhalb der Schule stehenden Kreise, d. h. also alle Nichtschulmänner, von der Schule nichts verständen, daher über die Gestaltung des Schulwesens nichts mitzureden hätten. Wollte man solchen Stimmen Gehör geben, so hiefse dies, in denselben Fehler ver fallen, als wenn man etwa die Gesetzgebung eines Landes lediglich in die Hände von Juristen legen wollte. Erfreulicherweise zeigt denn auch der Entschlufs zu der in Rede stehenden Enquete, dafs man mafsgebenden Ortes ohne Sorge um diesen Schulmeisterhochmuth die Bedürfnisse unseres Schulwesens durch Befragung weiterer Kreise zu erforschen und darnach die weiteren Mafsnahmen zu treffen gesonnen ist. Dafs letztere die Berechtigungsfrage in einem der realgymna sialen Bildung gebührend Rechnung tragenden Sinne ausführen werden, dafür scheint uns die Reform zu bürgen, welche von Seiten des Kaisers auf dem Gebiete des Cadettenunterrichts angebahnt worden ist und welche den Bedürfnissen des modernen Culturlebens in erfreulicher Weise auch auf dem Gebiete der Schule gerecht wird. Wenden wir uns zum Gebiete des Verkehrs wesens, so haben nach dem amtlichen Bericht für 1888/89 die preufsischen Staatseisen bahnen am Schlüsse des Betriebsjahres eine Länge von 23 020,72 km. Aufserdem befand sich noch im Besitz des Staates ein Netz von schmalspurigen Zweigbahnen im oberschlesischen Bergwerks- und Hüttenrevier mit einer Gesammt- länge von 110,72 km sowie eine Anzahl von Bahnstrecken für nicht öffentlichen Verkehr, deren Gesammtlänge sich auf 197,92 km beläuft. Das für die am Schlüsse des Betriebsjahres 1888/89 seitens des preufsischen Staates für eigene Rech nung betriebenen normalspurigen Eisenbahnen verwendete (statistische) Anlagekapital betrug 6081 365014 •46. Hierzu tritt das Anlage kapital für die Wilhelmshaven-Oldenburger und für den preufsischen Antheil an der Main-Neckar- Eisenbahn mit zusammen 1283595046, so dafs sich für die Gesammtbahnlänge von 23 020,74 km ein Anlagekapital von 6 094 199 964 16, d. i. für 1 km Bahnlänge von 264 705 •N ergiebt. Es wurden vereinnahmt für Personen Güter Sonstige Zusammen Einnahmen 1888/89 •% 194722936 599319202 25504759 782516897 1887 88 „ 184630171 517511179 28380861 730522511 1888/89 -1+10092765 +81807723 - 2876102 + 52 024386 Mithin sind die Einnahmen um 7,1 % gestiegen. Die Vermehrung der Verkehrseinnahmen ist theil weise der im Berichtsjahre eingetretenen Vergröfse-