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1. October 1895. Neuere in- und ausländische Stahhoerke. Stahl und Eisen. 903 Die vorgeblockten Schienen, welche vom Scheerentisch kommen, gleiten auf Wagen, die je nach der Länge der Stücke auf ein oder zwei Geleisen laufen. Diese Wagen haben Rollen und sind für sechs Knüppel eingerichtet. Sie werden vermittelst hydraulischer Kraft am Scheeren tisch entlang bewegt, um einen Knüppel nach dem andern zu empfangen. Die Einrichtung ist ähnlich derjenigen, welche die Blockwagen im Gonverterhaus fortbewegt. Ein Hammer an der Seite der Scheere dient dazu, schadhafte Knüppel zu überschmieden, und zwei hydraulische 5-t- Drehkrähne unterstützen die Handhabung des Materials. Bevor wir dem Knüppel zum Schienenwalz werk folgen, wollen wir noch erwähnen, dafs die Transporteinrichtung unter dem Scheerentisch die abgeschnittenen Enden auf einen Wagen bringt, der sich auf einem unterirdischen Geleise fort bewegt. Der Antrieb der Transporteinrichtung erfolgt durch eine kleine Dampfmaschine. Wenn Drahtknüppel gewalzt werden, dann wird eine Weiche eingeschoben, um dieselben zu einem 61 m langen Transporteur zu bringen, welcher sie alsdann nach einer beliebigen Stelle seiner Linie weiterbefördert. Schweifsöfen. Die Schienenknüppel werden, sobald sie von der Scheere kommen, in das Ge bäude gebracht, in welchem sich die Wärmöfen befinden, und welches 83 m lang und 24 m breit ist. Es enthält drei Schweifsöfen von 4,26 X 10 m Herdfläche und acht Arbeitsthüren auf jeder Seite. Sowohl auf der Lade- als auch auf der Abfuhrseite befinden sich Krähne von 10,5 m Spannweite zur Bedienung der Oefen. Alle Bewegungen derselben und der Knüppel zangen werden elektrisch bewirkt. Das Schienenwalzwerk. Von den Schweifs öfen werden die Knüppel auf die mittels einer Reihe angetriebener Rollen versehenen Walzen tische gebracht, welche sie bis zu der Walzen- strafse befördern. Die letztere befindet sich in einem Gebäude von 76 m Länge und 15,5 m Breite. Die Anordnung dieses Walzwerks weicht wesentlich von den verschiedenen in Amerika üblichen Typen ab. Die auffallendste Eigen- thümlichkeit ist die Art und Weise, wie das Walzgut bewegt wird, und diese bildet in der That den einzigen Punkt der Anlage, der nicht durch praktische Erfahrungen in Amerika gründ lich erprobt worden ist, wenngleich Vorversuche, welche in Johnstown gemacht wurden, so er- muthigend waren, dafs man ihre Annahme billigen mufste. Wie wir hier gleich vorausschicken wollen, ist nach einer uns freundlichst von Hm. Gh. Kirchhoff in New-York direct zu gegangenen Nachricht die ganze Wageneinrichtung sehr bald wieder aufser Betrieb gekommen. Es stellten sich Schwierigkeiten ein, deren Ueber- windung Zeit gekostet hätte; diese konnte man sich aber nicht gönnen, da das Werk inzwischen 50 000 t Aufträge auf rasche Lieferung über nommen hatte. Man baute daher zunächst die alten Tische ein, will aber später in ruhigerer Zeit erneute Versuche mit den Wagen machen. Ein Bild von der Einrichtung zeigt der Licht druck auf Tafel X; sie ist in „Iron Age“ wie folgt beschrieben: „Auf jeder Seite der Walzenstrafsen sind drei Wagen. Sie bestehen aus Tischen mit einer Reihe von angetriebenen Rollen, welche in einem Rahmen gelagert sind, der quer vor der ganzen Walzenstrafse von einem Stich zum andern bewegt werden kann. Am vorderen und hinteren Ende des Wagens sind kurze Gylinder, in denen Ringe angeordnet sind, welche mit Rollen ver sehene Führungen tragen, die unter sich eine quadratische Oeffnung bilden. Durch Drehung dieser Gylinder kann der Knüppel, der zwischen den Rollen festgehalten wird, gewendet werden. Sobald der heifse Knüppel von dem kurzen Rollen- tisch kommt, auf welchen er gelegt wird, wird er zwischen die Rollen des ersten kurzen Gylinders eingeführt, dann mittels der angetriebenen Rollen so weit vorwärts bewegt, bis er in den zweiten kurzen Gylinder am andern Ende des Wagens eintritt, von wo er in das erste Kaliber der Vor walze gelangt. Auf der anderen Seite der Walze wird er von einem gleichartigen Wagen in Empfang genommen und zu dem nächsten Kaliber gebracht, durch welches er wieder geht, um dann auf den zweiten Wagen auf der Vorderseite der Walzen zu gelangen, woselbst er nach Er- fordernifs gedreht wird. Auf jeder Seite der Walzenstrafse sind drei von diesen Wagen; der erste für die Vorwalze ist 7,6 m lang, der zweite und dritte Wagen für das zweite Gerüst und die Fertigwalze ist 13,7 m lang. Alle Be wegungen werden von elektrischen Motoren aus geführt, welche auf den Wagen angeordnet sind, und von zwei Bühnen aus, die sich an den beiden Seiten der Walzenstrafse befinden, geregelt. Es sind drei Bewegungen auszuführen: die Zu führung durch die angetriebenen Rollen, das Verschieben des Wagens von einem Kaliber zum andern und das Wenden der Knüppel. Im ganzen genommen bilden diese Wagen die sinn reichste der bisher in dem amerikanischen Walz werksbetrieb eingeführten Einrichtungen. Ob es, wenn die Arbeiter gelernt haben werden, damit umzugehen, möglich sein wird, drei Stücke gleich zeitig in den Walzen zu handhaben, ist noch abzuwarten. Wenn es aber der Fall sein sollte, so würde dies die gröfste Vollendung auf diesem Gebiet bedeuten.“ Die Walzenstrafse selbst bat früher jahrelang auf dem Johnsonwerk Dienste gethan. Es ist eine 711 -mm-Strafse mit drei Gerüsten, zwei Vor- und einer Fertigwalze, welche imstande ist, aus Knüppeln von 178X 228 mm in 11 bis