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15. October 1895. Actenstücke zur Frage der J/erabsetzung der Tarife u. s. w. Stahl und Eisen. 961 es ist ja bekannt, dafs die aus früheren Zeiten angesammelten Schlackenhalden nicht blofs im hiesigen Revier, sondern auch in den anderen in- und ausländischen Bezirken, wo gepuddelt wurde und welche unseren Hochöfen als Bezugsquelle dienten, fast alle erschöpft sind; die wenigen jetzt noch im Betrieb befindlichen Puddelöfen vermögen nur einen sehr geringen Bruchtheil des laufenden Bedarfs zu liefern, so dafs der bei weitem gröfste Theil der heute zur Verfügung gelangenden Puddel- schlacke aus dem Auslande bezogen werden mufs. Rechnet man nun, dafs der Preis der Puddel- schlacke vor 10 Jahren 6 • war und heute 16 AC f. d. Tonne loco Hochofen beträgt, und bedenkt man ferner, dafs man früher 50 % Puddelschlacke dem Möller zusetzen konnte, was der Verwendung von 1 t Puddelschlacke zur Erblasung von je 1 t Thomasroheisen entspricht, so stellt der Betrag von 10 K f. d. Tonne Roheisen den Unterschied dar, um welchen allein durch die in 10 Jahren erfolgte Werthsteigerung der Puddelschlacke die Grundlage der niederrheinisch-westfälischen Hoch öfen zur Darstellung von Thomasroheisen sich zu ihren Ungunsten verschoben hat. Die Preis steigerung der Puddelschlacke in den letzten drei Jahren vertheuerte somit das Roheisen bei gleicher Möllerzusammensetzung um 4508 f. d. Tonne. Die Rasenerze, welche theils aus dem nörd lichen Westfalen, vornehmlich aber aus Holland und Belgien kommen, sind wegen ihres hohen Phosphorgehalts, welcher bis 11/4 % und darüber geht, gesucht; sie haben den Nachtheil, dafs sie viel Wasser enthalten, schwer schmelzbar sind und dafs ihre Zusammensetzung je nach ihrem Fundort stark schwankt, so dafs selbst bei vor sichtigster Betriebsführung es schwierig ist, ein Thomasroheisen von gleichmäfsiger Zusammen setzung zu erhalten. Es ist dieser Umstand bei der jetzt mehr und mehr auf kommenden, so genannten directen Verarbeitung des Thomasroh eisens unter Benutzung der Schmelzwärme des Hochofens für Aufrechterhaltung eines geordneten Stahlwerksbetriebs aufserordentlich störend; auch werden dadurch die Stahlfabricationskosten erhöht. Die besten Lager sind bereits abgebaut, die noch vorhandenen sind geringmächtig und nicht grofs; der Preis für Rasenerze ist etwa gleich dem der lothringer Minette. Als Ersatz für die fehlende Puddelschlacke kann Rasenerz sowohl wegen seines eigenen hohen Preises, zu welchem noch die höheren Schmelzkosten treten, als auch aus dem durchschlagenden Grunde nicht in Aussicht ge nommen werden, dafs es nicht in genügenden Mengen erhältlich ist. Vornehmlich sind die Rasenerze beliebt, um als Zusatz zu den billigen, aber nicht genügend phosphorhaltigen schwedischen Erzen von Gränges- berg und Gellivara zu dienen. Die Grängesberg- Erze halten etwa 60 % met. Eisen und bis 1 % Phosphor. Die Gellivara-Erze schwanken zwischen XX.15 C5 und 69 % in Eisen- und von 0,1 bis 1 % in Phosphorgehalt; sie werden zwar angeblich auf den Gruben je nach ihrem Phosphorgehalt sorg fältig geschieden, es wird aber zunächst — und die Gellivara-Erze kommen erst seit verhältnifs- mäfsig kurzer Zeit nach hier — darüber geklagt, dafs die Scheidung keine zuverlässige sei. Beide Erze sind schwerschmelzig, erheischen hohe Schmelzkosten und können dem Möller nur bis zu höchstens 1/3 zugesetzt werden, da sonst nicht hinlänglicher Phosphorgehalt erzielt wird. Als Ersatz für die fehlende Puddelschlacke schwe dische Erze zu nehmen, ist daher nicht ausführbar. Für lothr.-luxemb. Minette erweist sich die im Mai v. J. gewährte Frachtermäfsigung, nämlich auf den Satz von: „bis zu 100 km Rohstofftarif (2,2 8 per tkm +6 Expeditionsgebühr und über 100 km für jeden tkm ist 1,5 8 zuzurechnen“ als zu gering bemessen, um den vom Rhein ab gelegenen Werken gröfsere Bezüge zu ermöglichen. Die am Rhein gelegenen Werke, welchen die Ermäfsigung für die Umschlagstationen versagt worden ist, beziehen bei den heutigen Frachtsätzen überhaupt nur geringe Mengen von Minette und finden z. Z. ihre bessere Rechnung bei dem Bezug ausländischer Erze. Gerösteter Spath und manganhaltige Braun eisensteine finden bei der Thomasroheisen- Fabrication naturgemäfs nur in geringen Mengen Verwendung; sie kommen als Ersatz für die hoch phosphorhaltigen Puddelschlacken überhaupt nicht in Betracht, da in den neuesten Bedingungen, welche für den Verkauf von rhein.-westf. Thomas roheisen hier allgemein angenommen sind, der Mindest - Phosphorgehalt auf 1,8 % normirt ist- Früher wurde von den Käufern von Thomasroh eisen mindestens 21/2 % Phosphor bedungen. Dies war den Betriebsleitern bedeutend lieber, da ein phosphorreicheres Roheisen den Betrieb in der Thomashütte wesentlich erleichtert und eine er heblich werthvollere Thomasschlacke liefert. Durch die neuesten Bedingungen ist daher das Roheisen bedeutend weniger werthvoll geworden. Andere Erzsorten, als die vorbenannten, kommen hier kaum in Betracht. Auch den bereits wesentlich herabgesetzten Antheil der Puddelschlacke können unsere Hoch öfen im nächsten Jahr nicht mehr einhalten, weil so viele Puddelschlacke nicht mehr zur Ver fügung steht. Welches andere Schmelzmaterial als lothrin gische Minette als Ersatz für die Puddelschlacke können aber unsere Hochöfen nehmen? Keines, wie oben nachgewiesen. Ihrer Verwendung in gröfserem Mafse steht aber die erhebliche Ent fernung entgegen, welche die Minettegruben von den niederrheinisch-westfälischen Hochöfen trennt und auch bei niedrigen Einheitssätzen hohe Be förderungskosten bedingt. Trotz der gewährten 4