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404 Stahl und Eisen. Bertrand- Thiel-Procefs. 15. Mai 1897. Diese Nachtheile, die nun der Verarbeitung eines hohen Procentsatzes an Roheisen oder nur von Roheisen beim gewöhnlichen Martinbetrieb entgegenstehen, werden durch das combinirte Martin ¬ verfahren beseitigt, und kann man bei Anwendung desselben mit beliebig hohem Procentsatz an Roheisen, sowie einem Roheisen von beliebiger Zusammensetzung arbeiten bei gleichzeitig hoher Erzeugung. Das Verfahren besteht im wesentlichen darin, dafs zwei oder je nach dem zu verarbeitenden Roheisen drei Martinöfen in der Weise zusammen arbeiten, dafs die ganze Schmelz- und Frischarbeit einer Charge nicht in einem Ofen durchgeführt, sondern auf zwei oder drei Oefen vertheilt wird, wodurch das Frischen in energischerem und schnellerem Mafse vollzogen wird. Dieses Zusammen arbeiten wird dadurch ermöglicht, dafs die einzelnen Oefen in verschiedenen Niveaus liegen, so dafs der höherliegende seinen Inhalt unter gleichzeitiger Entfernung der Schlacke in den tieferliegenden Ofen entleeren kann, welch letzterer dazu bestimmt ist, die Charge fertig zu machen. An der Hand nachstehender Zusammenstellung will ich Ihnen die Art und Weise vor Augen führen, wie in Kladno auf dem Eisenwerke der Prager Eisenindustrie-Gesellschaft nach dem Verfahren gearbeitet wird. Es befinden sich daselbst zwei basische Martinöfen in Betrieb von je 13 und 24 t Fassungsinhalt, und sind dieselben durch eine Rinne von 33 m Länge miteinander verbunden. Der 13-t-Ofen ist der höherliegende Ofen I, der 24-t-Ofen der tieferliegende Ofen II. Der Betrieb erfolgt nun in der Weise, dafs Ofen I das Roheisen, Ofen II den Schrott einsetzt. Soll mit sehr hohem Procentsatz an Roheisen gearbeitet werden, so mufs auch der untere Ofen Roheisen erhalten, und zwar wird demselben in diesem Falle, vorausgesetzt, dafs man verschiedene Roheisenmarken zur Verfügung hat, das silicium- und eventuell phosphorärmere Roheisen als Einsatz gegeben. Hat nun Ofen I eingeschmolzen, so wird die Charge in Ofen II abgestochen, und zwar erfolgt der Abstich etwa zwei Stunden nach dem Einsetzen des letzteren. Das durch den theilweise durchgeführten Frischprocefs sehr hoch erhitzte Metall von Ofen I gelangt auf den in Schmelzung begriffenen Einsatz von Ofen II, es entsteht eine scharfe Reaction,. und wird dadurch die Schlackenbildung und das Frischen ungemein gefördert. Die hohe Temperatur des abgestochenen Metalls von Ofen I kenn zeichnet sich äufserlich beim Herunterfliefsen ähnlich wie beim Thomasprocefs durch einen starken braunen Rauch. Nach 1 bis 2 Stunden ist die im Ofen II vereinigte Charge fertig und wird in gewöhnlicher Weise zu Ende geführt. Eine Störung in dem Zusammenarbeiten beider Oefen kommt beinahe nie vor, und kann im gegebenen Falle durch kleine Aenderungen am Einsatz, ohne dafs jedoch der volle Einsatz vermindert wird, sofort beseitigt werden. Ofen I setzt natürlich nach dem Abstechen sogleich wieder ein. Bodenreparaturen sind keine vorzunehmen, da ja die Chargen nur kurze Zeit in den einzelnen Oefen verbleiben und die Böden daher nicht angegriffen werden. In Tabelle I finden Sie eine gröfsere Anzahl von Chargen, bei denen mit Roheisen von verschiedenster chemischer Zusammensetzung und in einem Procentsatze bis zu 94 % gearbeitet wurde. Der Kalk- und Erzzuschlag für die einzelnen Oefen richtet sich natürlich nach dem Procentsatz des Einsatzes an Roheisen, nach der Zusammensetzung des letzteren und je nachdem man die Entphosphorung im oberen Ofen theilweise oder ganz durchführen will. In allen Fällen erfolgt die Entsilicirung im oberen Ofen vollständig. Tabelle 1. Chargen - Nr. Einsatz Ausbringen und Abbrand Chem. Zusammen setzung Schmelz dauer Zerreifs- resultate Production in 24 Stunden Production beider — Oefen. wenn jeder Ofen für sich allein arbeitet Ofen I* Ofen 11 Summa des Einsatzes von Ofen I des abgestoch. Metalls von Ofen I des Total-Einsatzes des Fertigproductes Ofen I Ofen 11 Festigkeit Dehnung 86079 5,51 Steir. Roheisen 2,0 t Puddeleisen 2,51 Stahl 3,01 Schrott 13,0t 0,5 t Magneteisenst. 0,2 t Kleinkoks 5,0 t Stahl 4,51 Schrott 9,5 t 0,3 t Magnet eisenstein 0,651 Kalkstein 22,5 t 0,2 t Spiegeleis. 0,12 t Fe Mn 22,82t 33,3°lo Roheisen 33,3 ,, Stahl 33,4 „ Schrott f)6,21°lo Ausbr. 3,73 „ Abbr. incl. Erz 5,900l 0 C P Mn Si 2,20 0,31 1,40 0,41 — 1,39 0,20 1,02 0,23 0,062 0,044 0,288 4" 05 4’-00 1 1 1 E 31,0 110 100 86150 5,51 Steir. Roheisen 3,01 Puddeleisen 3,0 t Stahl 2,01 Schrott 13,5 t 0,3 t Kiesabbrände 0,11 Kleinkoks 5,0 t Stahl 4,5 t Schrott 9,5t 0,21 Kiesabbr. 0,81 Kalkstein 23,0 t 0,2 t Spiegeleis. 0,06 t Fe Mn 23,26t 37,O Q lo Roheisen 34,8 „ Stahl 28,2 „ Schrott 97,520,0 Ausbr. 2,48 „ Abbr. incl. Erz V“/o : Mn Si 2,44 0,44 1,43 0,48 Illi 1,51 0,26 1,04 0,27 0,099 0,050 0,239 31'40 4h 05 38,4 8 ! 1 1 HO 100 * Bei einigen Chargen ist dem oberen Ofen ein Zuschlag an Kleinkoks gegeben. Dies geschah, um infolge Mangels an Roheisen dadurch gewissermalsen künstlich den Roheisensatz der Chargen zu erhöhen.