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Falle, wo er in Ermangelung des richtigen Materials 3/16 Zoll = 4,762 mm dicke Bleche zum Nothfall verwendete und keinerlei Ungelegenheiten dadurch hervorrief. Man kann die Thatsache nicht oft genug wiederholen, dafs, wo alle anderen Umstände die gleichen sind, zu dicke Bleche in einem flufs- eisernen Kessel bald die Unbrauchbarkeit des Kessels und theure Reparaturen herbeiführen. Von der Beschaffenheit des Wassers hängt ferner viel für die Lebensfähigkeit eines Locomotivkessels ab. Säure- und alkalienhaltiges Wasser zerstört das Metall; fleifsiges Auswaschen und Neutralisiren der schädlichen Substanzen durch Zinkspäne oder Chemicalien sind dann nothwendig. Vor kurzer Zeit hörte ich von einer westlichen Bahn, wo fortwährend Klagen über die unrichtige Beschaffenheit des verwendeten Flufseisens einliefen. Nach mehrfachen Versuchen stellte es sich jedoch heraus, dafs nicht die Beschaffenheit des Metalls die Schuld trug, sondern die unrichtige Behand lung der Kessel in Bezug auf Auswaschen. Nach dem andere Methoden eingeführt worden waren, und das Personal geschult war, gab es so wenig Kesselreparatur, dafs von je acht Kesselschmieden sechs, d. h. Dreiviertel, wegen Mangels an Arbeit entlassen wurden. Messing- oder Kupferröhren, wenn diese direct dem Einflüsse des Wassers ausgesetzt sind, erzeugen häufig galvanische Ströme, welche das Metall in der unmittelbaren Nähe dieser Theile zerstören, was sich durch schwarzen, schlammigen Niederschlag kundgiebt. Dies zeigt sich häufig in der Nähe der Messingstopfen, „Mudplugs", von 76 mm Durch messer und gleicher Länge, welche am Boden des Kessels in die Auswaschlöcher geschraubt sind. Rings um dieselben zersetzt sich das Flufs- eisen, und auch der „Mudring“, der schwere, 100 mm dicke, schmiedeiserne Kranz, welcher den Raum zwischen dem Boden der inneren und äufseren Feuerkistenbleche verschliefst, wird oft durch die stattfindende galvanische Einwirkung angefressen. Auf einigen Theilen der Chicago-, Milwaukee- und St. Paul-Bahn ist das zu verwendende Speise wasser aufserordentlich alkalienhaltig, und um den Boden des Kessels unter den Siederöhren vor baldigem Zerfressen zu schützen, behilft man sich manchmal auf folgende Weise: Der Boden des Kessels wird bis zur Höhe der seitlichen Nietreihe mit Cement bis zur Dicke der Nietköpfe belegt. Auf diesen Cementboden schiebt man dann ein 4,76 mm dickes Blech, das der Rundung des Kessels angepafst ist. Anstatt dafs nun der Boden des eigentlichen Kessels zerfressen wird, wie dies anderswo häufig zu beobachten ist, wird nur das ordinäre, eingeschobene Stück Blech zerstört, das dann bei nächster nothwendiger Reparatur herausgenommen und durch ein neues ersetzt wird. Nachfolgend gebe ich in Uebersetzung ein paar Briefe, welche bezüglich des vorerwähnten Punktes von Interesse sein dürften. S. P. Bush, Superintendent des „Southwest Systems“ der Pennsylvania-Linien westlich von Pittsburg, schrieb auf meine Anfrage hierzu Folgendes: Columbus, Ohio, 5. Aug. 1896. „Zu Ihrer Anfrage, unsere Methode, die ver derblichen Einflüsse des Speisewassers, wenn dieses von schlechter Beschaffenheit ist, zu neutralisiren betreffend, bemerke ich, dafs die Behandlung der Kessel, welche wir seit längerer Zeit in Anwen dung bringen, nicht bei uns zuerst in Anwendung kam. Es steht jedoch ganz aufser Frage, dafs wir während der letzten Jahre ganz bedeutende Fortschritte gemacht haben, um die schnelle Zer störung der Feuerkisten durch schlechtes Speise wasser zu verhindern, und es ist mir ein Ver gnügen, Ihnen mitzutheilen, wie wir das zuwege gebracht haben. Ich möchte vorausschicken, dafs beinahe alle unsere Speisewässer sehr viel kohlen sauren Kalk und in einigen Fällen schwefelsauren Kalk enthalten. Vor ungefähr zwei Jahren be stimmten wir möglichst genau die den Kesselstein bildenden Substanzen in unseren Speisewässern, und wir gelangten zu der Einsicht, dafs infolge der gröfseren Menge von kesselsteinbildenden Substanzen auf einigen Strecken unserer Bahnen das gründliche Auswaschen der Kessel auf diesen Strecken öfter vorgenommen werden müfste als auf anderen Strecken, auf welchen das Speise wasser nicht so schlecht war. Es wurde deshalb die Verfügung getroffen, dafs, mit Ausnahme eines Betriebsamts, das Auswaschen der Kessel gegen früher zweimal so oft stattfinden müsse. Mit alleiniger Ausnahme des Pittsburger Betriebsamts werden daher in allen Betriebsämtern die Kessel je alle 400 bis 500 Meilen (640 bis 800 km) ausgewaschen. Unmittelbar nach Anwendung dieser Praxis machten sich die wohlthätigen Einflüsse dieser Verfügung geltend. Die Abnahme der Zerstörung der Feuerkisten war überraschend. Vor dieser Verfügung litten die Feuerkisten durch Ausbauchen der Bleche zwischen den Stehbolzen. (An merkung: Derartig ausgebauchte Seitenbleche der Feuerkisten sahen manchmal aus wie ein Stück gepolstertes Möbel, in dem die Knöpfe tief ein gezogen sind. P. K.). Die Bleche überhitzten sich an der Feuerseite infolge des sich auf der Wasserseite ablagernden Kesselsteins. Unmittelbar nach Einführung der Praxis fleifsigen Auswaschens verminderten sich die Einflüsse des Ueberhitzens. Ungefähr sechs Monate nach Einführung dieser Praxis untersuchten wir den seit Jahren an der Chicago-, Milwaukee- und St. Paul-Bahn angewandten Zusatz von Soda zum Speisewasser behufs Niederschlags der Kessel stein erzeugenden Verunreinigungen. Die Speise wässer an dieser Bahn sind den unsrigen sehr ähnlich; die Benutzung von Soda in Verbindung