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166 Stahl und Eisen. Locomotiv-Feuerkisten aus Flufseisen. 1. März 1897. bis 4-1 kg Zugfestigkeit und mindestens 25 % Dehnung auf 200 mm Länge zu verwenden. Zu den Rauch kammerblechen kann Flufseisen derselben Zugfestigkeit mit mindestens 20 % Dehnung verwendet werden. Probestäbe aus Blechen und Formeisen beider Flufseisensorten, kirschroth in Wasser von 28° C. abgekühlt, müssen sich, ohne Risse und Anbrüche zu zeigen, derartig um 180 ° biegen lassen, dafs der kleinste Halbmesser der Krümmung gleich 'der Stärke ist. Im übrigen mufs das Flufseisen sich leicht schweifsen lassen. Die Probestäbe zu den Zerreifsversuchen und Biege- und Härteproben sind sowohl lang als quer zur Walzrichtung von den Blechen zu entnehmen. Proben ein Stück von jedem Kesselbleche, im übrigen nach Ermessen des überwachenden Be amten. Zu den Winkel- und Formeisen, Ankern, Steh bolzen, Nieten, Schrauben u. s. w. kann Flufseisen von derselben Beschaffenheit, wie die Bleche des Lang kessels verwendet werden.“ Ebenso waren auch für die Bearbeitung der Flufseisenbleche genaue Vorschriften gegeben; der Beschaffungspreis der Kessel wird schliefslich auf durchschnittlich etwa 80 % desjenigen der Kessel älterer Bauart von gleichen Abmessungen mit kupfernen Feuerkisten angegeben. Für die Behandlung im Betriebe wurden folgende Vorschriften erlassen: „Rasche und ungleichmäfsige Erwärmung und Abkühlung der Feuerkistenwände ist zu vermeiden, daher: Beim Anheizen und während der Fahrt das Feuer überall gleichmäsig zu halten, damit der Zu tritt kalter Luft an einzelnen Stellen vermieden wird. Gröfsere Mengen feuchter Kohlen dürfen nicht gegen die Wände geworfen werden. Das Fahren mit offener Feuerthür ist verboten. Beim Ausschlacken und Ausreifsen des Feuers müssen die Aschklappen und der Bläser geschlossen sein, erstere bleiben auch nach dem Ausreifsen ge schlossen. Das Auswaschen und Füllen mit kaltem Wasser ist strengstens untersagt.* Es empfiehlt sich, mehrfach besetzte Locomotiven möglichst lange im Feuer zu lassen.“ Ueber die Betriebsergebnisse berichtet alsdann Verfasser weiter, dafs das Verhalten der Kessel anfangs wenig ermuthigend war, da die Ver schraubungen der Wasserrohre nicht dauernd dicht zu halten waren; dieser Uebelstand wurde durch Entfernung der Wasserrohre beseitigt. Als das wesentlichste Ergebnifs der damaligen Versuche betrachtete Verfasser die Thatsache, dafs kein Feuerkistenblech nach kurzer Betriebsdauer ge sprungen sei, dafs sich also das von verschiedenen Werken bezogene Flufseisen als für Locomotiv- Feuerkisten geeignet erwiesen habe. In einem zweiten Aufsatz über denselben Gegenstand, welcher vom selben Verfasser zu An fang dieses Jahres erschienen ist,** berichtet der Ver fasser über weitere Erfahrungen über flufseiserne * Im Bezirk der Königl. Eisenbahndirection zu Hannover wird in der Regel mit warmem Wasser ausgewaschen und gefüllt. ** „Organ für die Fortschritte des Eisenbahn wesens“ 1897, 1. Heft. Feuerkisten und fafst alsdann das Ergebnifs wie folgt zusammen: 1. Undichtigkeiten der Heizrohre, Stehbolzen und Nähte treten bei eisernen Feuerkisten bei An strengung und mangelhaftem Speisewasser leichter auf, als bei kupfernen. Nur bei sehr gutem Speisewasser entsprechen die eisernen Feuerkisten allen Anforderungen. 2. Die Abnutzung der eisernen Feuerkisten wird durch das in Europa vorwiegend übliche Abkühlen und Wiederanheizen der Locomotiven für jede Dienstleistung befördert. 3. Die Feuerkistenbleche müssen von möglichst weicher und zäher Beschaffenheit sein und dürfen sich auch beim Bearbeiten nicht als hart erweisen. „Nach diesen Erfahrungen“, so heifst es im Bericht weiter, „dürfte die Anwendung flufseiserner Feuerkisten an Personenzug - Locomotiven einst weilen nicht, an Güterzug - Locomotiven nur bei sehr gutem Speisewasser zu empfehlen sein. An Tender-Locomotiven für Verschiebedienst können weitere Versuche bei gutem Wasser empfohlen werden.“ Inzwischen war im „ Centralblatt der Bau verwaltung“ in der Ausgabe vom 27. Juni 1896 schon die folgende Notiz erschienen: „Die Dauer der flufseisernen Feuerkisten hat nach den auf den preufsischen Staatseisenbahnen angestellten Probeversuchen durchschnittlich nur drei Jahre betragen, unter ungünstigen Verhältnissen, ins besondere bei mangelhaftem Speisewasser, noch er heblich weniger, in einem Falle sogar nur etwa sechs Monate. Auch hat sich gezeigt, dafs während des Betriebes nicht selten Risse in den Feuerkisten wandungen entstanden sind, deren Ausbesserung nicht nur schwierig war, sondern auch mehrfach zu be deutenden Kosten und Zeitverlusten Anlafs gegeben hat. Unter diesen Umständen unterliegt es keinem Zweifel, dafs trotz des verhältnifsmäfsig niedrigen Beschaffungspreises der flufseisernen Feuerkisten die Anwendung derselben mit Rücksicht auf die mit der Auswechslung verbundenen Kosten und den geringen Werth des Altmaterials im allgemeinen unwirthschaft- lich sein würde. Für die Folge soll daher von der Beschaffung flufseiserner Feuerkisten bei Locomotiven im all gemeinen abgesehen werden. Nur in solchen Fällen, in denen es sich darum handelt, ältere Locomotiven durch Auswechslung der Feuerkiste soweit instand zu setzen, dafs dieselben bis zu ihrer Ausmusterung noch einige Jahre Verschubdienst zu leisten vermögen, wird als Feuerkistenrn aterial Flufseisen in Betracht kommen können.“ Da aber der Redaction dieser Zeitschrift gleichzeitig zuverlässige Nachrichten darüber vor lagen, dafs im Eisenbahnbetriebe der Vereinigten Staaten, im Gegensatz zu den Preufsischen Staats bahnen, sehr günstige Erfahrungen mit der Ver wendung von Flufseisen zu Feuerkisten gemacht worden waren, so hatte sie sich an ihren früheren geschätzten Mitarbeiter, Hrn. Paul Kreuzpointner in Altoona, gewandt, um von dieser Stelle aus nochmals bestimmte Angaben über den dortigen Betrieb zu erhalten und, wenn möglich, die Ur sachen festzustellen, welche an dem hier in Deutsch land eingetretenen Mifserfolg die Schuld tragen.