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15. Mai 1898. Die Arbeiterbewegunff u. s. w. Stahl und Eisen. 453 Zweifel grofsentheils dem Einflufs des an jenem Tage herrschenden schlechten Wetters zuzuschreiben. Da an dem gedachten Tage der Frühgottes dienst immer noch nicht eingerichtet war, so konnte seitens des Georgs-Marien-Vereins ange nommen werden, dafs die entbliebenen Arbeiter in gewisser Beziehung unter der Einwirkung eines Gewissensdruckes gehandelt hatten, der ihren freien Willen beschränkte, weshalb trotz der ausge sprochenen Unbotmäfsigkeit von einer Bestrafung Abstand genommen wurde. In einem neuen unterm 19. Februar an den Bischof gerichteten Schreiben wird der Sachverhalt klargestellt und auf die inner halb der Belegschaft thätig gewesenen Einflüsse hingewiesen, denen der Widerstand der Arbeiter vornehmlich zugeschrieben werden müsse. Es wird nochmals wiederholt, dafs das Einzige, was erbeten wurde, die Einrichtung des Frühgottesdienstes sei, da nach der Ueberzeugung der Werksleitung mit dieser Einrichtung, bei gleichzeitigem Aufhören fremder Beeinflussungen, der Widerstand der Leute gegen die nun einmal nothwendige und daher nicht zurückzunehmende Verfügung alsbald erlöschen würde. Auf die Einwände gegen die Anordnungen des Vorstandes übergehend, spricht sich der letztere in dem bezüglichen Schreiben u. A. dahin aus, dafs Ueberschichten im Bergbau wie in jedem anderen Betriebe leider ohnehin nicht ganz zu vermeiden, für die Bergleute des Piesberges aber um so anstrengender seien, als dieselben vielfach weite Wege bis zur Betriebsstätte zurückzulegen haben, und dafs hier durch Ueberarbeiten eine gewisser- mafsen potenzirte Beanspruchung der Kräfte ein trete, welche ebensowohl aus rein menschlichen Rücksichten als auch wegen der infolgedessen minderwerthigen Leistung nach Möglichkeit ein zuschränken für Pflicht erachtet werden müsse. Es wird sodann ausgeführt, dafs der Zweck der Feiertagsarbeit nicht lediglich in der Erzielung einer gröfseren Förderung zu erblicken sei, da es sich wesentlich auch darum handle, der in den letzten Jahren stetig gestiegenen, mit dem Betriebe verbundenen Gefahr durch eine möglichste Regel- mäfsigkeit des Betriebes wirksam zu begegnen. Dafs das Werk daneben als Verwalter fremden Eigenthums bestrebt sein müsse, bei der gegen wärtig sehr ungünstigen Lage des Piesberges allen irgend vermeidbaren Verlusten vorzubeugen, liege aber auch ganz besonders im Interesse der Arbeiter, da thatsächlich zur Zeit nur diesen die Aufrecht erhaltung des Betriebes zu gute komme, während dieselbe aus dem Gesammtunternehmen sehr be deutende Zubufsen erfordere. Es wird dann auf die ausführlichen Vorstellungen in den früher an den Bischof gerichteten Schreiben Bezug genommen und aus der in dem Bescheide vom 27. November „den katholischen Arbeitern, welche in den gewerb lichen Anlagen des Piesberges beschäftigt sind“ ertheilten Erlaubnifs geschlossen, dafs dieselbe sich auf alle Betriebe des Piesberges, somit auch auf den Steinbruch, erstrecken sollte. Der Werks vorstand knüpft daran die Bitte, es möge auch diese letztere gewerbliche Anlage nicht von dem Dispens aus geschlossen werden, da einerseits durch Ausnahmen sehr bedenkliche Beeinträchtigungen, andererseits aber die mit schweren materiellen Opfern unter nommene Weiterführung der Piesberger Betriebe den Actionären gegenüber nur zu verantworten sei, wenn alle nicht durch höhere Gewalt ver ursachten Verluste thunlichst vollständig vermieden würden. Der Werksvorstand weist darauf hin, dafs er bereits das Zugeständnifs gemacht habe, die Arbeitszeit im Steinbruch an den 7 Feiertagen erst um 9 Uhr Morgens beginnen zu lassen, und hebt hervor, wie er die Werthschätzung einer einheitlichen Regelung der Feiertagsarbeit für sämmtliche Betriebe der verschiedenen Betriebs- abtheilungen insbesondere auch dadurch bethätigt habe, dafs er, bei der Durchführung des Betriebes an den 7 Feiertagen, fernerhin den Frohnleich- namstag für alle Werke als Festtag zu be achten sich einverstanden erklärt habe. Es wird dann noch auf Grund angestellter Erhebungen der Nachweis geliefert, dafs von der ganzen Beleg schaft des Piesberges nur 39 katholische Familien in Betracht kommen, in denen für den Schutz kleinerer Kinder während der Abwesenheit der Ellern zum Gottesdienste etwa durch die Unter bringung der Kinder in einem Nachbarhause oder durch die Heranziehung einer befreundeten Person gesorgt werden müsse, dafs dieser Umstand aber wohl nicht in Anschlag zu bringen sei gegen die schweren Nachtheile, welche die Unterbrechung der Arbeit an den Feiertagen für das Werk und seine Arbeiter zur Folge habe. Schon unterm 24. Februar d. J. erging auf diese Ausführungen das nachfolgende Antwort schreiben des Bischofs: Der Bischof von Osnabrück. Journ.-Nr. 499. Osnabrück, den 94. Februar 1898. Ew. Hochwohlgeboren erwidere ich auf das gell. Schreiben vom 19./20. d. M. J.-Nr. 2486 ergebenst, dafs ich zur Vornahme von Arbeiten in den Stein brüchen des Piesberges an den mehrfach genannten sieben katholischen Feiertagen meine Genehmigung nicht ertheilen kann, da diese Arbeiten, ohne dafs der Betrieb des Steinbruches eine Schädigung erleidet, ausgeführt werden können. Als ich mich unterm 27. November v. Js. damit einverstanden erklärte, dafs im Kohlenbetriebe des Piesbergs an den genannten Tagen gearbeitet werden dürfe, bin ich von der An nahme ausgegangen, dafs diese Arbeiten durchaus nothwendig seien, wenn anders die Gefahr einer plötzlichen Betriebsstörung durch die Wasserzuflüsse vermieden werden sollte. Nur in dieser Annahme, in welcher ich auch noch durch das dortseitige ge fällige Schreiben vom 18. November v. Js. bestärkt wurde, habe ich die Erklärung zur Vornahme knecht- lieber Arbeiten gegeben. Was im übrigen die Einrichtung eines Früh gottesdienstes in den Kirchen zu Wallenhorst und Eversburg angeht, so habe ich mein Einverständnifs hiermit bereits früher erklärt. Die weitere Ausführung