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Im Bergbau z. B. ist aufser der elektrischen Be leuchtung, dem elektrischen Streckenbetriebe, der Verwendung elektrischer Motoren zum Betrieb von Pumpen, Haspeln, Aufzügen, Zerkleinerungsanlagen u. s. w. erst in neuester Zeit die Ausführung grofser elektrischer Kraftanlagen zum Betrieb unterirdischer Wasserhaltungsmaschinen in grofsen Teufen u. a. auf den Kohlenzechen „Maria-Anna“ und „Steinbank“ bei Bochum und Zollverein bei Essen geschehen, und zwar mit so sicherem Erfolge, dafs die Bedenken gegen die vortheilhafte Anwendung des elektrischen Betriebes für die Wasserbewältigung im Bergbau als beseitigt anzusehen sein dürften. Noch weniger als beim Bergbau hat die Elektro technik bisher Eingang im Eisenbahnwesen gefunden. Abgesehen von der elektrischen Beleuchtung der Eisenbahnpostwagen und der Personenzüge bei ein zelnen Bahnen, z. B. bei der Dortmund-Gronau-En- scheder Eisenbahn, der Anwendung des elektrischen Betriebes in den Werkstätten, sowie zur Bewegung von Schiebebühnen, Drehscheiben u. s. w., ist aufser der in der neuesten Zeit, wenn auch zunächst nur vereinzelten Verwendung elektrischer Locomotiven zum Betriebe auf Anschlufs- und Rangirgeleisen der Ersatz der Dampflocomotiven durch Elektromotoren in gröfserer Ausdehnung und insbesondere im Güter verkehr noch nicht zur Ausführung gekommen. Selbst Bahnen wie die Gotthardbahn, der die grofsen Wasser kräfte der Reufs und des Tessin zur Verfügung stehen, sind zur Einführung des elektrischen Betriebes noch nicht übergegangen. Wie indessen Nordamerika auf den Strafsenbahnen zuerst den elektrischen Betrieb in gröfserem Umfange eingeführt hat, so scheint es auch berufen zu sein, in dem elektrischen Betrieb der Hauptbahnen der alten Welt den Rang abzulaufen. Bereits werden zur Vermeidung der Rauchbelästigung bei Beförderung der Züge innerhalb grofser Städte, z. B. in Boston, die Dampflocomotiven durch elek trische Motoren ersetzt, sowie auch auf verschiedenen Bahnstrecken elektrische Locomotiven zur Beförderung schwerer Güterzüge Verwendung finden. Am wenigsten Anwendung hat bisher die Elektro technik im Wasserstrafsenverkehr gefunden. Sehen wir davon ab, dafs es endlich gelungen ist, die Ab- | neigung, die man insbesondere in Hamburg gegen die Verwendung elektrischer Krahne im Hafenverkehr hatte, endgültig zu überwinden, so ist in Deutschland die Anwendung des elektrischen Schiffsbetriebes noch nicht über die ersten Versuche hinausgekommen und es steht daher der Elektrotechnik für die Fortbewegung von Schiffen besonders auf Kanälen noch eine grofse Zuknnft offen; wie denn überhaupt auf dem Gebiet der Eisenbahnen und Wasserstrafsen der Elektro technik noch ein unabsehbares Feld für ihre Thätig- in Aussicht steht. Was der Gartenbau vermag ! Von einem geschätzten Freunde unseres Blattes, der sich als „Gartenfex und Hüttendirector a. D.“ bezeichnet, erhalten wir untenstehenden Ausschnitt aus dem „Praktischen Rathgeber im Obst- und Garten bau“ mit der Bitte um Veröffentlichung: „In dem industriellsten Theile des Regierungs bezirks Aachen, die genaue Nennung des Ortes ist, | da die Sache in der Gegenwart liegt, nicht gut thunlich, liefs eine Fabrikleitung einen neuen Weg anlegen und besetzte ihn zu beiden Seiten mit Fabrikwohnhäusern. Der Weg war für alle Anwohner viel näher als der alte Communalweg, aber die meisten Leute machten doch lieber den Umweg, als dafs sie den neuen Fabrik weg benutzten. Vor den Häusern standen und safsen nämlich die Arbeiter, die nicht von der Schicht zurück gehalten wurden, also am Tage die, welche die Nacht schicht hatten, und vertrieben sich die Zeit mit Rauchen, Trinken, Zotenreiisen, und wehe demjenigen, der diese Lästerallee passiren mufste. Die Frauen betheiligten sich nach Kräften und die schwarzen ungezogenen Kinder waren ein Schrecken für die Nachbarschaft und für die Jugend. Da kam ein neuer Betriebsdirector an das grofse Hüttenwerk, welcher manche Neuerungen einführte und jeder der Fabrikwohnungen ein Stück Garten, dazu zwei Apfel-, zwei Birn-, zwei Pflaumen- und zwei Kirschbäume zuwiefs, die nach seiner Anweisung gepflanzt werden mufsten. Demjenigen aber, der nach einem Jahre den Garten am schönsten hätte, bewilligte er aus Fabrikmitteln einen Preis. Die Arbeiter fingen an in ihren Gärten zu arbeiten, anfangs zum Theil nur gezwungen, da der neue Director fast jeden Abend einmal an den Gärten vorbeispazierte und Lob und Tadel nicht sparte. Allmählich aber wurde die Sache anders, die Arbeit weckte das Inter esse , der eine wollte es besser als die anderen machen. Das Eis war gebrochen. Dann begann das Tauschen unter Freunden und Bekannten, die Bäume wurden gepflegt und vermehrt und bald wurde auch der gute Einflufs davon bemerkbar. Wenn die Männer von der Schicht kamen und gerastet hatten, legten sie sich nicht vor die Häuser und rempelten die Vorüber gehenden an, sondern sie stopften ihr Pfeifchen und gingen zum Garten. Dort fanden sie immer und zwar angenehme und lohnende Beschäftigung, und wer fleifsig arbeitet, der hat gar keine Lust, die Vorüber gehenden zu verspotten oder sich zu zanken und zu schlagen. So kam es, dafs zunächst die wüsten Raufereien aufhörten. Die Frauen aber gewannen den Gartenbau erst recht lieb. Sie konnten jetzt besser und billiger kochen, trotzdem sie durch die jetzige Lebensart der Männer viel mehr Geld zur Verfügung hatten wie früher, als diese so viel in Schnaps umsetzten. Sie griffen daher auch herzhaft mit zu und vermehrten den Verdienst. Endlich ent deckte gar ein Praktikus, dafs die geschützte Lage ihrer Gärten sich vorzüglich dazu eigne, Frühpflanzen zum Verkauf heranzuziehen, es gelang und seitdem sah man die Bauern und Gartenbesitzer ebenso fleifsig dort Setzpflanzen kaufen gehen, als sie früher den Ort vermieden. Die Pflanzen waren dort immer 1 bis 11/2 Wochen früher zu haben als anderswo. Das brachte einen hübschen Pfennig Geld ein, ebenso der Ueberschufs, den einige auf dem Markte verkaufen konnten. Nach fünf bis sechs Jahren war der Ort nicht mehr zu erkennen. Statt der früheren Raufbolde enthält er ruhige, arbeitsame Leute. Die Kinder sind gut angeleitet. Alle sind besser gekleidet und genährt. Die Sauberkeit und Nettigkeit der Häuschen, die reinen Gardinen, kurz alles in allem verräth einen gewissen Wohlstand. Die Leute sind geachtet, glücklich, zufrieden. Und wem verdanken sie diese wohlthätige Aende- rung ? Dem Gartenbau und dem hochherzigen Director, der dazu verhalf! Dies ist ein Beispiel aus dem Leben, aus der Gegenwart! Ich erzähle es, weil ich glaube, dafs noch in manchen Gegenden der Gartenbau in gleich glück licher Hinsicht wirken könnte.“