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Hr. F. Asthöwer seil.-Essen: Meine hochverehrten Herren! Ehe wir zum zweiten Punkt der Tagesordnung übergehen, möchte ich Sie bitten, mir für einen Augenblick Gehör zu schenken. M. H.! Am 14. December des Jahres 1879, also vor nunmehr 20 Jahren, wurde im damaligen „Technischen Verein für Eisenhüttenwesen“ unser Hr. Geheimer Commerzienrath Carl Lueg zum erstenmal als Vorsitzender gewählt, am 14. December dieses Jahres hat also unser Vorsitzender volle 20 Jahre seines Amtes gewaltet. M. H.! Was haben wir Techniker in diesen 20 Jahren erlebt, welch’ grofsartige Entwicklung in unserer gesammten Industrie hat unser Verein in diesem Zeitraum gesehen. In der vorhin genannten Sitzung vom 14. December 1879 hatte Hr. Josef Massenez das Wort zu einem Vortrag über das Thomas-Gilchristsche Entphosphorungsverfahren, und er theilte uns mit, dafs im September des gleichen Jahres in Meiderich und in Hörde die Einführung dieses Processes stattgefunden habe. Die Entwicklung dieses Processes allein genügt zur Beurtheilung der Fortschritte des Eisenhüttenwesens. Während im Jahre 1879 die Erzeugung von Flufseisen im Zoll vereinsgebiet im ganzen 478 344 t betrug, belief sie sich im Jahre 1898 allein an basischem Material auf 5 658 964 t, sie war mithin ohne Einrechnung des sauren Metalls, von welchem ja auch noch mehrere hunderttausend Tonnen erzeugt werden, auf mehr als das Zehnfache von 1879 gestiegen. Ferner erinnere ich daran, dafs unsere damalige Roheisenproduction 2 Millionen Tonnen betrug, während sie heute gegen 8 Millionen Tonnen beträgt. Wir blickten damals zu der etwa 6 Millionen Tonnen betragenden englischen Production als zu einer von uns nie erreichbaren Höhe hinauf, und heute haben wir nicht nur die damalige englische Production weit überholt, sondern wir sind auch ihrer heutigen Production ganz dicht auf den Fersen. M. H.! Es ist für unsere deutschen Eisenhüttenleute ein arbeits- und auch sorgenreiches Gapitel, welches die in der Zwischenzeit stattgehabten Umwälzungen beschreibt, aber wir- haben das Recht, mit Freude und Stolz auf unsere Errungenschaften blicken zu dürfen. Unserm Verein, dessen Gründung mit dem Beginn des Aufschwungs zusammenfällt, kann das Zeugnifs, dafs er an der technischen Entwicklung, die wir in den letzten 20 Jahren erlebt haben, eifrig und erfolgreich mitgewirkt hat, nicht versagt werden. M. H.! Unserm Herrn Vorsitzenden, der sich vor nunmehr 20 Jahren an die Spitze unseres Vereins stellte, die Reorganisation desselben durchführte, der mit seltener Energie und Ausdauer während dieser Zeit unsere Verhandlungen leitet, der kurz gesagt, dem Verein die Wege wies, haben wir die Erfolge zum gröfsten Theil zu verdanken. M. H. Vereinsmitglieder! Ihr Vorstand hat sich verpflichtet erachtet, des Tages, an dem unser Vorsitzender 20 Jahre seines Amtes waltet, zu gedenken. Ihr Vorstand gedenkt des Tages in der festen Ueberzeugung, dafs es in Ihrer Aller Sinne geschieht. (Bravo!) Hr. Geheimrath Lueg! Der Verein deutscher Eisenhüttenleute, der das Glück hat, Sie hoch verehrter Herr, jetzt 20 Jahre als seinen Präsidenten an seiner Spitze zu sehen, erlaubt sich, als Andenken und Zeichen seiner Verehrung Ihnen dieses Kunstwerk zu überreichen. (Lebhafter, all- seitiger Beifall.) (Der Redner weist bei diesen Worten auf ein eben enthülltes für Hrn. Geheimrath Lueg bestimmtes Gemälde, ein Meisterwerk von Prof. Gh. Kröner, hin.) Nicht das Verdienst allein ist es, was wir in unserm Herrn Vorsitzenden hochschätzen, unsere Hochachtung, Verehrung und Liebe gilt auch der Person selbst. Geben wir unseren Gefühlen Ausdruck, indem wir unserm Herrn Vorsitzenden ein kräftiges dreimaliges Hoch darbringen. Unser Herr Vor sitzender, er lebe hoch, hoch, hoch! (Die Versammlung stimmt lebhaft in die Hochrufe ein.) Hr. Geheimrath Lueg: Verehrte Herren! Ich danke dem Herrn Vorredner, der namens des Vorstandes soeben freundliche Worte an mich gerichtet, und Ihnen, meine Herren, die Sie diesen Worten zugestimmt haben, recht herzlich für die grofse Ehre, die Sie mir erzeigen. Die Thatsache, dafs 20 Jahre dahingegangen sind seit dem Tage, als ich den Vorsitz dieses Vereins übernahm, war für mich überraschend. Ich habe sie erst gestern Abend zufällig und wahrscheinlich wider den Willen einiger Vorstandsmitglieder zu früh aus Gratulationsschreiben erfahren, die sie mir zusandten, weil sie heute nicht abkommen konnten. M. H.! Obgleich ich nicht leugnen will, dafs ich nach Möglichkeit die Interessen des Vereins gefördert habe, so kann ich doch nicht alle die Lobsprüche, die der Herr Vorredner an mich gerichtet hat, annehmen. Abgesehen von der aufserordentlichen stetigen und intensiven Mitwirkung des Vorstandes unseres Vereins hat der Verein insbesondere das grofse Glück, in der Person seines Geschäftsführers, des Hrn. Schrödter, eine so fähige und eminent arbeitskräftige Persönlichkeit zu besitzen, dafs darauf in erster Linie das Gedeihen und Blühen des Vereins zurückzuführen ist. Des weiteren hat die Herausgabe der Zeitschrift „Stahl und Eisen“ den hauptsächlichsten Antheil an dem Gedeihen unseres Vereins gehabt, und dafs wir diese Zeitschrift herausgeben konnten, beruht darin, dafs wir ein Vertragsverhältnifs mit der Nordwest lichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller eingegangen sind, und infolge dieses Vertragsverhältnisses auch die hochschätzbare Mitwirkung unseres Hrn. Dr. Beumer gewonnen haben. M. H.! Es ist ja erfreulich, dafs unser Verein sich so entwickelt hat, und ohne Ueberhebung dürfen wir es ja auch sagen, dafs von dem Gedeihen, der Fortbildung und dem Aufblühen, dessen sich heute das Eisenhüttengewerbe in unserem Vaterlande erfreut, ein gut Theil unserer Mitwirkung